Der Duft von Eis
von Yoko Ogawa
Dieser Titel war ehemals bei NetGalley verfügbar und ist jetzt archiviert.
Bestellen oder kaufen Sie dieses Buch in der Verkaufsstelle Ihrer Wahl. Buchhandlung finden.
NetGalley-Bücher direkt an an Kindle oder die Kindle-App senden.
1
Um auf Ihrem Kindle oder in der Kindle-App zu lesen fügen Sie kindle@netgalley.com als bestätigte E-Mail-Adresse in Ihrem Amazon-Account hinzu. Klicken Sie hier für eine ausführliche Erklärung.
2
Geben Sie außerdem hier Ihre Kindle-E-Mail-Adresse ein. Sie finden diese in Ihrem Amazon-Account.
Erscheinungstermin 22.08.2022 | Archivierungsdatum 15.12.2022
Zum Inhalt
Die junge Ryoko reist von Tokio nach Prag, um mehr über den Tod ihres Geliebten zu erfahren.
Hiroyuki war ein begabter Parfümeur, der in seinem Atelier außergewöhnliche Düfte komponierte.
Am ersten Jahrestag ihrer Beziehung schenkte er Ryoko ein selbst kreiertes Parfüm namens »Quell
der Erinnerung«, am Tag darauf trinkt er eine Flasche reines Ethanol und stirbt. Ryoko kann erst
um ihn trauern, wenn sie seine Tat versteht. Bei ihren Recherchen findet sie heraus, dass Hiroyuki,
der nie viel Aufhebens um seine Person machte, ein anderer Mensch war als der, mit dem sie ihr
Leben teilte. Ein brillanter Eiskunstläufer, der mit verbundenen Augen die schwierigsten Muster
nachlaufen konnte. Und ein genialer Mathematiker, der in wenigen Stunden komplexe Aufgaben
löste, für die Professoren mehrere Tage brauchen. Fünfzehn Jahre zuvor war Hiroyuki nach Prag
gereist, um dort an einem internationalen Mathematikwettbewerb teilzunehmen. Dort muss es zu
einem Zwischenfall gekommen sein, der Hiroyukis Leben für immer veränderte.
Die junge Ryoko reist von Tokio nach Prag, um mehr über den Tod ihres Geliebten zu erfahren.
Hiroyuki war ein begabter Parfümeur, der in seinem Atelier außergewöhnliche Düfte komponierte.
Am ersten...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Hardcover |
ISBN | 9783954381500 |
PREIS | 24,00 € (EUR) |
Links
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
Die junge Ryoko hat es im Augenblick alles andere als leicht. Ihr Geliebter ist tot. Offenbar ist er selbst dafür verantwortlich, und Ryoko will verstehen, warum. Ich habe ihre Zweifel, die innere Zerrissenheit und den Wunsch, ganz laut zu schreien, nachempfinden können. Man würde den Toten am liebsten selber fragen, will Antworten, doch das Einzige, was sie tun kann, ist, nach Prag zu fahren. Und sie hat mich mitgenommen - nicht nur sprichwörtlich. Ich klebte förmlich an den Zeilen, habe mitgelitten, war erschüttert und wollte Antworten.
Der Autorin ist es wunderbar gelungen, etwas in mir zu wecken, was dafür sorgte, die Wörter zu verschlingen. Auch wenn dies keine auf Unterhaltung ausgerichtete Lektüre ist, sondern schon recht anspruchsvolle Literatur, liest man die Geschichte einfach so weg. Insbesondere dann, als Wirklichkeit und Fiktion miteinander zu verschmelzen drohen. Man blättert und blättert, ist rastlos, aufgeregt - und dann kommt das Ende. Ein Donner. Ein Grollen. Wellen, die nachbeben. Man klappt ungläubig die Buchdeckel zu und muss das Gelesene erst einmal sacken lassen. Wahnsinn!
Ein Buch über Trauer und Abschied von einem geliebten Menschen, den man kaum kannte surreal erzählt in lakonischem Ton von einer begnadeten Erzählerin.
Das vorliegende Cover ist im eigentlichen Sinne schlicht gehalten. Die Mathematische Formel deutet darauf hin, dass vieles mit Formeln zu tun haben muss. Hiroyuki war ein sehr erfolgreicher und begnadetet Parfümeur. Zudem war er der Geliebte von Ryoko. Zu ihrem Jahrestag schenkte er ihr ein neues nur für sie kreiertes Parfüm. Dieses trägt den Namen »Quell der Erinnerung«. Am nächsten Tag trinkt er eine Flasche Ethanol und stirbt. Ryoko reist von Tokio nach Prag, weil sie mehr über seinen Tod erfahren will. Sie findet heraus, dass er nicht der Mensch war, mit dem sie das Leben teilte. Das Lesen dieses Buches verlangt einiges. Die vielen verschiedenen Wendungen machen das Verständnis recht komplex. Und dennoch konnte ich das Buch nicht einfach weglegen. Man wird immer neugieriger, was den eigentlich passiert in Prag. Verraten werde ich hier nicht mehr. Das Lesen ist spannend und man muss viel Nachdenken beim Lesen.
Ryokos Partner hat sich an seinem Arbeitsplatz in der Parfümerie das Leben genommen. Es ist der Todestag seines Vaters, an dem sein Bruder Akiro routinemäßig zu Besuch kommen würde. Einen Tag zuvor hatte das junge Paar seinen ersten Kennenlern-Tag, zu dem Hiroyuki seiner Partnerin ein eigenes Parfüm komponierte. Seine Chefin hatte ihn eingestellt, weil er strukturiert handelte und penibelst arbeitete. Gemeinsam mit Akiro entdeckt Ryoko, dass ihr Lebensgefährte sich in Reikos Parfümerie mit einem gefälschten Lebenslauf bewarb und nur einen kleinen Teil seiner Persönlichkeit lebte. Seine weiteren Begabungen wagte er offenbar nicht zu zeigen.
Als vielfach preisgekröntes Mathematik-Talent konnte sich „Ruki“ in seiner Jugend nur in Zahlen ausdrücken; als Parfümeur benutzt er nun eine eigene poetische Sprache, um seine Kreationen zu beschreiben. Ryoko fragt sich, ob Definitionen wie „Der Duft von Tau auf einem Farnblatt im tiefen Wald“ eine zusätzliche Botschaft enthalten, die sie erst entschlüsseln muss. Dahinter steckte ein für mich als Europäerin schwer vorstellbarer Druck auf Ruki, wie in einer Co-Abhängigkeit den Ehrgeiz seiner Mutter befriedigen zu müssen. Rukis Familie wirkt wie ein Quartett des Grauens, in dem niemand er/sie selbst sein durfte.
Da Ruki vor 15 Jahren die Mathematik offenbar nach einem Wettbewerb in Prag Knall auf Fall aufgab, wird Ryoko (von Beruf Journalistin) nach Prag reisen, um den Auslöser seiner Entscheidung zu recherchieren. Mit seinem Selbstmord hat Ruki wie in einer Schleife offenbar seinen abrupten Ausstieg aus der Mathematik wiederholt. Auch Ryoko vollzieht eine Wiederholung der Ereignisse, als ihr im Kloster Strahov ein Parfümeur begegnet und sie lernt, mit der Sprache der Düfte in die Vergangenheit einzutreten. In Rukis Leben bildeten Empfindungen, poetische Beschreibungen und Düfte eine Art fest gedrehte Kordel, die die Autorin durch ihre Protagonistin wieder aufdröseln lässt,
Neben Yōko Ogawas deutlicher Kritik am japanischen Leistungsethos streift sie in „Der Duft von Eis“ das Thema Obsessionen und regt bei ihren Leser*innen die Frage an, ob es eine Verpflichtung geben darf, ein Ausnahmetalent auch nutzen zu müssen.
Sanft und melancholisch ist der Text, berührend und traurig die Geschichte, zauberhaft und mystisch die beschworenen Bilder des Buches „Der Duft von Eis“ von Yoko Ogawa. Dennoch brodelt es unter der Oberfläche, und wenn der zarte Schleier angehoben wird, erahnt der geneigte Leser die Brutalität, die die diskrete Zurückhaltung verdrängen möchte.
Ryoko kann nach dem Tod ihres Liebsten Hiroyuki erst trauern, wenn sie verstanden hat, warum er sich das Leben nahm. Ein begabter Parfümeur und für sie für ein glückliches Jahr die perfekte Ergänzung ihrer selbst war er. Die junge Frau fühlt sich zersplittert, nichts in ihrem Leben passt mehr und ihre Welt ist aus der Bahn geraten. Auf der Suche nach Erklärung stößt sie auf ein Leben, das sie nicht gekannt hat. Sie folgt Hiroyukis Spuren in dessen Vergangenheit, denen eines begabten Eiskunstläufers und auch denen eines großartigen Mathematikgenies. Neugierig und überrascht reist Ryoko schließlich nach Prag, um dort herauszufinden, warum sein Leben vor 15 Jahren bei einem internationalen Mathematikwettbewerb eine abrupte Wende nahm.
Viele Szenen des Romans spielen im märchenhaften Prag voller Geheimnisse, Düfte und Bilder. Japanische Kultur verwebt sich mit europäischen melancholisch-mystischen Elementen und erzeugt eine einzigartige Stimmung, die den Roman trägt. Leise und sanft sind die Figuren gezeichnet, undurchsichtig und verschleiert agieren sie. Hiroyukis Mutter zum Beispiel lebt in ihrer eigenen Welt und hat während Ryokos Suche nur einen lichten Moment, hält aber immer noch die Lebensfäden der Familie ihren unfähigen Händen. Oder Ryokos Begleiter in Prag, ein junger Tscheche, scheint mehr intuitiv als aufgrund von Wissen zu agieren. Ryoko kann sich sprachlich nicht mit ihm verständigen, er führt sie dennoch zu genau den Orten, die sie zu suchen scheint. Und dort befinden sich die Schnittstellen zwischen Realität und Imagination, zwischen dem was ist und dem was in der Vergangenheit gewesen sein könnte und zart in die Gegenwart rankt.
Das Buch hat mich berührt und gefesselt, wegen der Geschichte mit ihren vielschichtigen Aspekten und den ungewöhnlichen Gespinsten, bei denen das Ende eines Fadens zunächst im zarten Dunst verschwindet, und auch wegen der sanften zerbrechlichen Art der Sprache selbst. Ich habe noch nicht viel asiatische Literatur gelesen, und Yoko Ogawa scheint eine ganz besondere Begabung dafür zu haben, die für mich exotische Fremdartigkeit der asiatischen Kultur mit viel Liebe zu ihren Figuren in leise und spannende Geschichten voller Doppelbödigkeit zu packen. Ich möchte auf jeden Fall mehr davon lesen.
Wer moderne japanische Literatur kennt und liebt, dem ist der Name der Autorin wohl ein Begriff, schließlich erhielt sie viele wichtige Literaturpreise und ihr letztes Buch „Insel der verlorenen Erinnerung“ stand in der englischsprachigen Ausgabe auf der Nominierungsliste für den National Book Award und den International Booker Prize.
Die Poesie des Verlorenen
Der Tod ihres Freundes Hiroyuki erschüttert die junge Ryoko. Sie unternimmt eine Reise in die Vergangenheit ihres Geliebten, die sie von Tokio nach Prag führt. Sie entdeckt dabei Erstaunliches, nie gekannte Emotionen und die wahre Seele ihres geliebten Freundes.
Yoko Ogawa berührt den Leser mit ihrer intensiven Geschichte bis in das tiefste Herz. Poetisch, eindringlich, emotional und feinsinnig.
Ein wahrer Lesegenuss!
Der Duft von frisch gemähtem Gras, Sonnencreme oder Chlor erinnert mich an die sonnigen Sommertage meiner Kindheit. Kaum etwas kann so direkt und stark individuelle Erinnerungen hervorrufen, wie passende Gerüche.
In „Der Duft von Eis“ ist es Ryoko, die den Erinnerungen ihres verstorbenen Freundes Hiroyuki „nachschnüffelt“. Dieser begeht eines Tages völlig ohne Vorwarnung Suizid. Er wird leblos an seinem Arbeitsplatz gefunden, ohne eine Botschaft zu hinterlassen. Der junge Parfümeur starb, obwohl er kaum Anzeichen einer Depression zeigte.
Im Verlauf der Handlung versucht seine Partnerin die Gründe für seinen Tod herauszufinden. Der Willkür und Sinnlosigkeit irgendetwas abzuringen. Es zeigt sich allerdings, dass Hiroyuki generell wenig offen zeigte: dass er Erlebtes oft weder mit seiner Partnerin noch seiner Familie teilte. Sein Charakter, scheinbar so vertraut, bleibt für Ryoko ziemlich im Dunkeln.
Obwohl das jetzt so düster klingt, sucht man den klaren Spannungsbogen, die übliche Heldenreise, vergeblich. Hiroyukis Tod bietet natürlich ein Mysterium, aber wir haben hier, wie im echten Leben, einfach kein „dieses Problem müssen wir lösen, dann wird alles gut“-Szenario.
Ich habe den Roman zu Beginn noch in der Hoffnung gelesen, dass doch irgendetwas diesen unsäglichen Todesfall eindeutig „erklären“ müsste, aber dann gemerkt dass der Weg dahin viel wichtiger ist.
Die traurige, stille, aber eben auch liebevolle und träumerische Atmosphäre. Oder die vielen schönen und tragischen Erinnerungen, die Ryoko im Laufe der Zeit ausgräbt.
Es geht darum, wie uns unsere Erinnerungen zu der Person machen, die wir sind. Auch wenn andere nichts davon wissen, bekommen sie Facetten unserer Erinnerungen durch unser Verhalten mit. Dadurch sind alle Figuren im Roman für sich genommen spannend. Obwohl sie weder zu Held*innen noch Schurk*innen taugen. Es sind schlicht Menschen mit nachvollziehbaren Beweggründen, auch wenn einige sympathischer sind als andere.
Bedrückend war vor allem die traurige Familiengeschichte von Hiroyuki. Die Kälte einer Mutter, die von Ehrgeiz getrieben ihr Kind von sich jagt und dann in Selbstmitleid und dem stumpfen Glanz seines Ruhmes badet, war schwer zu ertragen.
Das alles ist trotzdem, man möchte beinahe sagen „wie immer bei Yoko Ogawa“, wunderschön erzählt. Die fast traumartigen Szenen und der magische Realismus bestimmter Abschnitte lässt manchmal verschwimmen, was die Protagonistin wirklich erlebt hat und was nur ihrer Trauer entsprungen ist. Einfach toll.
Auch wenn „Insel der verlorenen Erinnerungen“ vielleicht etwas leichter zugänglich ist, Motive und Themen offener Preis gibt. „Der Duft von Eis“ wirkt fast wie ein Rätsel und ich konnte auch diese Geschichte nicht zur Seite legen. Sie wirkt so unnatürlich, unwirklich und gleichzeitig ist alles an ihr so schmerzhaft realistisch. Nicht alles wird immer wieder gut, man kann Menschen nicht unbedingt verstehen, aber die Liebe bleibt trotzdem echt.