Ein Sommer in Brandham Hall
Ein nostalgischer Roman über das Erwachsenwerden und die Gefühlswirren der Jugend
von L. P. Hartley
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Erscheinungstermin 02.05.2019 | Archivierungsdatum 30.06.2020
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Zum Inhalt
»Seit ich diesen Roman als Teenager zum ersten Mal las, begleitet mich die Atmosphäre der Sehnsucht nach vergangenen Zeiten und kindlicher Unschuld.« Ian McEwan
Einer der schönsten englischen Romane des 20. Jahrhunderts
Erstmals in adäquater Übersetzung
»Aufwühlend und magisch.« The Independent
Die Vergangenheit ist ein fremdes Land.
Leo Colston ist ein Mann fortgeschrittenen Alters, als er in einem alten roten Karton auf sein Jugendtagebuch stößt. »Tagebuch für das Jahr 1900« steht darauf, und dieser Fund lässt Leo Colston in Gedanken zurückgehen in jenen Sommer 1900, als er dreizehn war:
Während der Ferien auf dem Landgut der Eltern seines Schulfreundes wird Leo zum Überbringer heimlicher Liebesbotschaften zwischen Ted, dem Pächter, und Marian, der schönen Tochter des Schlossherrn, deren Verlobung mit Lord Trimingham kurz bevorsteht. Gegen seinen Willen zieht es Leo immer tiefer in den Strudel des gefährlichen Spiels von Verlangen und Verrat, von versprochener und verbotener Liebe, und schließlich steht er vor der ersten großen Gewissensentscheidung seines jungen Lebens.
Ein Sommer in Brandham Hall ist ein raffiniert konstruierter Roman über die Strapazen des Erwachsenwerdens und die Gefühlswirren der Jugend, eine fein beobachtete Gesellschaftsanalyse und eine wunderbare Liebesgeschichte.
»Seit ich diesen Roman als Teenager zum ersten Mal las, begleitet mich die Atmosphäre der Sehnsucht nach vergangenen Zeiten und kindlicher Unschuld.« Ian McEwan
»Seit ich diesen Roman als Teenager zum ersten Mal las, begleitet mich die Atmosphäre der Sehnsucht nach vergangenen Zeiten und kindlicher Unschuld.« Ian McEwan
Einer der schönsten englischen Romane...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783961610549 |
PREIS | 22,00 € (EUR) |
SEITEN | 400 |
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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
Sommer, 1900: Als sein Schulfreund eine Einladung ausspricht, nimmt Leo sie nur zu gerne an. Ein ganzer Sommer auf dem Anwesen Brandham Hall. Das klingt nach verwinkelten Gängen, zahlreichen Zimmer, Herumwandern in den Ländereien der Familie und ganz viel Spaß. Aufgeregt macht sich Leo auf den Weg. Schon bald lernt er Marian, die Schwester seines Schulfreundes kennen, die in Kürze den Grafen Trimingham heiraten soll. Als Leo plötzlich Nachrichten zwischen ihr und dem benachbarten Bauern Ted überbringen soll, ahnt er in seiner kindlichen Verliebtheit nicht, was um ihn herum passiert. Er verknallt sich immer mehr in Marian und merkt viel zu spät, um was es wirklich geht.
Der Eisele Verlag veröffentlicht mit „Ein Sommer in Brandham Hall“ den englischen Klassiker von Leslie Poles Hartley neu. Er ist zuvor bereits unter den Titeln „The Go-Between“, welcher auch der Titel des englischen Originals ist, und „Der Zoll des Glücks“ erschienen. Die Übersetzung dieser Ausgabe hat Wibke Kuhn vorgenommen. Sie gibt dem Klassiker einen gelungenen zeitgemäßen, gut lesbaren Anstrich und lässt einen schon nach wenigen Seiten in die Geschichte abtauchen. Lionel, den alle nur Leo nennen, lässt anhand seines Tagesbuches im Angesicht des Jahres 1952 das Jahr 1900 Revue passieren. In diesem Jahr hat er einen Schulfreund auf dessen großem Anwesen besucht und eine abenteuerliche Ferienzeit durchlebt. Die Freiheit und das Glück, welches Leo auf Brandham Hall verspürte, werden mehr als greifbar.
Der Roman lebt von Leos unschuldiger Jugend, seiner Schwärmerei für Marian und seiner Bereitschaft für die ein paar Jahre ältere junge Frau alles zu tun. Er fühlt sich durch die ausgetauschten Botschaften wichtig und führt die ihm zugedachte Aufgabe gewissenhaft aus. Die jugendliche Frische bereichert den ganzen Roman und Leo ist ein sehr glaubwürdiger Protagonist. Die Geschichte von „Ein Sommer in Brandham Hall“ hat auch in der heutigen Zeit, mehr als sechzig Jahre nach ihrem Erscheinen, nichts von ihrer Kraft eingebüßt. Ein toll zu lesender Roman, der sich wirklich lohnt!
1900. Der 12-jährige schüchterne Leo Colston stammt aus eher ärmlichen Verhältnissen und wird von seinem Schulfreund Marcus Maudsley eingeladen, die Sommerferien bei ihm und seiner aristokratischen Familie in einem großen Herrenhaus auf einem Landsitz im englischen Norfolk zu verbringen. Leo möchte von der Familie akzeptiert werden und verliebt sich schon bald in Marcus ältere Schwester Marian, die mit Lord Trimingham verlobt werden soll, allerdings heimlich ein nicht standesgemäßes Techtelmechtel mit dem bäuerlichen Pächter Ted Burgess hat. Als Marcus erkrankt, ist Leo sich selbst überlassen und lässt sich aufgrund seiner Faszination für Marian von ihr dazu missbrauchen, als Botenjunge für kleine Botschaften und Liebesbriefe an Ted zu fungieren. Leo fühlt sich wichtig und ernstgenommen und führt diese Botengänge gewissenhaft aus, wohl auch, um sich damit die Anerkennung seiner Gastgeber und vor allem die von Marian zu sichern. Doch gleichzeitig behagt ihm die Situation nicht und er zieht sich immer mehr in sich zurück. Das Treiben von Marian bleibt indes nicht lange verborgen und das Unglück nimmt seinen Lauf…
L. P. Harley hat mit seinem Buch „Ein Sommer in Brandham Hall“ einen wunderbaren Klassiker geschrieben, der nun in neuem Gewand wieder aufgelegt wird und auch heute noch verzaubern kann. Der Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und gleichzeitig poetisch. Mit wunderschönen Bildern zaubert Harley den Leser in die adlige Welt der Familie Maudsley und in ein Herrenhaus, das man als einfacher Bürger sonst nicht einfach so betritt. Ob die Schilderung eines Cricketspiels oder die eiens Balles, alles ist sehr plastisch und fast greifbar. Die Geschichte erinnert an Ian McEwans Roman „Abbitte“, auch dort kam es zur Katastrophe aufgrund von Missverständnissen, mangelndem Vertrauen, Verlangen und Verrat. Gekonnt lässt Harley seinen Helden Leo als knapp 60-jährigen eine Zeitreise in die Vergangenheit antreten, als dieser sein altes Tagebuch von besagtem Sommer 1900 auf dem Dachboden wiederfindet und in Erinnerungen an damals schwelgt. Die aristokratische und etwas versnobte Welt war ihm völlig neu, es gab niemanden, der ihm Hilfe anbot, sich darin zurechtzufinden. Leo, der mit knapp 13 Jahren an der Schwelle zum Erwachenwerden steht, hat mit vielen Dingen zu kämpfen. Noch ist er ein Kind, das Verhalten der Erwachsenen ist ihm noch fremd, gerade das wird ihm zum Verhängnis, denn er kann die Intrigen und Machtkämpfe, die Täuschungen und die von der Gesellschaft vorgegebenen Verhaltensmuster nicht verstehen, dazu ist er zu naiv und unschuldig.
Die Charaktere hat Hartley sehr differenziert und mit vielen Ecken und Kanten erschaffen, so dass sich dem Leser mehrere Welten auftun. Alle Protagonisten wirken sehr lebendig und authentisch und gerade das macht ihren Reiz aus. Leo ist ein schüchterner und zurückhaltender Junge aus armen Verhältnissen. Er wirkt oftmals viel zu ernsthaft, ihm fehlt eine gewisse Leichtigkeit. Aber gerade das macht sein Wesen aus, denn er befindet sich in einer ihm völlig unbekannten Welt, die ihn überfordert, wobei er nicht weiß, wie er sich verhalten soll. Für ihn ist nur wichtig, dass man ihn akzeptiert und er sich korrekt benimmt. Intrigen und Machtspielchen sind ihm fremd, dazu ist er einfach noch zu jung und unbedarft. Marcus ist ein Snob und man wundert sich, wie er mit Leo eigentlich befreundet sein kann. Als Freund ist er Leo keine große Hilfe. Marian ist eine Frau, die mit Leo und seiner verdeckten Zuneigung zu ihr spielt, indem sie ihn für ihre Zwecke einspannt. Aber sie ist auch diejenige, die sich um ihn kümmert, ihm neue Erfahrungen machen und neue Dinge sehen lässt.
„Ein Sommer in Brandham Hall“ ist ein Stück Weltliteratur, dass den Leser mitnimmt in die zerrissene Gefühlswelt eines Jungen vor viktorianischem Hintergrund. Eine Gesellschaftsstudie, die sich kennenzulernen lohnt. Absolute Leseempfehlung!
Während der Ferien auf dem Landgut der Eltern seines Schulfreundes wird Leo zum Überbringer heimlicher Liebesbotschaften zwischen Ted, dem Pächter, und Marian, der schönen Tochter des Schlossherrn, deren Verlobung mit Lord Trimingham kurz bevorsteht. Gegen seinen Willen zieht es Leo immer tiefer in den Strudel des gefährlichen Spiels von Verlangen und Verrat, von versprochener und verbotener Liebe, und schliesslich steht er vor der ersten grossen Gewissensentscheidung seines jungen Lebens. Beim Lesen kann man auch schmunzeln und lachen. Das Buch ist sehr fein geschrieben.
Ein Löwe
Viele Jahre sind ins Land gegangen seit dem Sommer in Brandham Hall. Als ihm sein altes Tagebuch in die Hände fällt, beginnt Leo Colston darin zu blättern und zu lesen. Nach und nach kommen die Erinnerungen an den Sommer, in dem er dreizehn wurde, wieder. Sein Schulfreund Marcus hatte dafür gesorgt, dass Leo über den Sommer mit zu Marcus’ Eltern durfte. Im Herrenhaus ging es schon vornehmer zu als bei Leo zu Hause. Trotzdem fühlte Leo sich gut aufgehoben und in der Familie Maudsley freundlich aufgenommen. Zwar waren Marcus Geschwister Denys und Marianne etwas älter, trotzdem schlugen sie den Jungen gegenüber einen nachlässig freundlichen Ton an.
Für eine zwölf- oder dreizehnjährigen Jungen ist die Welt noch in Ordnung. Da ist es von Wichtigkeit, jeden Tag das Barometer zu beobachten, darüber zu debattieren, ob der Sommer so weitergehen wird. Spaziergänge mit der Familie, Spaziergänge zum Baden, die Sommerhitze. Die Zeit könnte kaum schöner sein. Als Marcus für einige Tage krank das Bett hüten muss, bekommt Leo sogar ein eigenes Zimmer, damit er sich nicht ansteckt. Während dieser Tage schickt ihn Marianne immer mal wieder los, um kleine Botengänge auszuführen. Recht unbedarft wandert Leo zwischen Marianne und Ted Burgess, einem Pächter, hin und her.
Die Atmosphäre, die dieser Roman ausströmt, erinnert ein wenig an „A Room with a View“. Es ist eine Zeit, in der Standesgrenzen meist noch eingehalten werden. Die feinen Herrschaften des Landadels halten noch was auf sich und das gemeine Volk kennt seinen Platz. Und doch sind diese Grenzen nicht mehr ganz undurchlässig. Natürlich wagt es niemand zu sagen und niemand würde es zugeben, aber es kann vorkommen, dass die vermeintlich festgezurrten Grenzen verschwimmen und verschwinden. Irgendwie profitiert Leo selbst etwas davon, normalerweise würde er eher zu den verarmten Verwandten gehören. Doch weil er Marcus’ Freund ist, gehört er einfach dazu. Jemand aus dem Dorf kann nicht so einfach dazugehören. Diese unsichtbare Grenze wird eher nicht überschritten. Doch was, wenn zwei sich verlieben? Könnte diese zwei sich nicht wünschen einen Verbündeten zu haben, einen wie Leo, der nur so halb dazu gehört, der noch nicht richtig versteht, weshalb er zum Boten wird. Es wird ein unvergesslich schöner und auch tragischer Sommer für Leo, der seinem ganzen Leben eine Richtung gibt.
Die Jugend ist die schönste Zeit und gleichzeitig auch die Schlimmste. Eine Zeit, die zu überstehen ist, an die man sich später doch am liebsten erinnert. In ihr können einschneidende Ereignisse sehr prägend sein. Viele werden sich an den Sommer ihres Lebens erinnern. Dies und Leos Erinnerung an den Sommer von Brandham Hall lassen die Lektüre dieses bezaubernden Romans zu einem besonderen Genuss werden.
England um 1900 - Leo, ein Junge aus einfachen Verhältnissen wird von seinem Schulfreund eingeladen, den Sommer mit ihm auf Brandham Hall zu verbringen. Dort lernt er die Welt der Schönen und Reichen kennen, versteht sie zwar nicht, wünscht sich aber nichts mehr, als in dieser Umgebung anerkannt zu werden., keine Fehler zu machen, nicht wegen seiner Herkunft ausgelacht zu werden.
Dies gelingt ihm scheinbar durch die Erledigung von Botengängen für Marian, die hübsche Tochter des Hauses, verlobt mit einem Adligen, und Marians Geliebten, einem nicht standesgemäßen Bauern. Dass dieses Dreiecksverhältnis irgendwann zu einer Katastrophe führen muss, wird recht schnell deutlich, und dass Leo dabei eine nicht unerhebliche Rolle spielt, ebenso. Trotzdem hielt mich das Buch bis zum Ende gefangen.
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht des über 60-jährigen Leo, der durch ein altes Tagebuch an diesen Sommer auf Brandham Hall erinnert wird. Zum Teil zitiert er aus den alten Eintragungen, zum Teil reflektiert er aus der Gegenwart.
Dieser Wechsel der Perspektive bildete für mich den besonderen Reiz des Buches: Auf der einen Seite der zwölfjährige Leo, voller Naivität, voller Komplexe, voller Bewunderung für diese ihm so unbekannte Gesellschaft. Auf der anderen Seite der lebenserfahrene ältere Mann Leo. der die Erlebnisse seiner Kindheit mit der nötigen Distanziertheit sehen kann.
Wunderbar die Beschreibung des Lebens im England um die Jahrhundertwende. ich wurde mitgenommen in die prunkvolle Welt der Reichen, aber ebenso in das ärmliche leben auf einem Bauernhof. Staunend las ich, wie Kinder vor gerade etwas mehr als 100 Jahren erzogen wurden und lebten.
Fazit: Ein Buch, das ich gerne weiter empfehlen werde.
Ich habe einen Schatz gefunden..
und der trägt seinen Namen: Leslie Poles Hartley (1895-1972)
Sein erstmals 1953 auf Englisch publizierter Roman The Go-Between ist nun in der 3. deutschen Übersetzung unter dem Titel Ein Sommer in Brandham Hall im Eisle Verlag verlegt worden.
Das es sich dabei um einen englischer Literaturklassiker handelt, für den Hartley den renommierten Heinemann Award der Royal Society of Literature erhielt, ist mir in meinen zig Lesejahren total entgangen. Hartley, der nach dem Schriftsteller & Vater Virginia Woolfs benannt wurde, hatte zwar schon 1924 sein erstes Werk veröffentlicht, dem 17 Romane, einige Bände mit Shortstories folgen sollten, doch sein literarischer Durchbruch gelang ihm erst in der 2. Lebenshälfte. Doch hat er erfolgreich als Literaturkritiker gearbeitet, war Commander of the Order of the British Empire & Vorsitzender des britischen Abteilung des P.E.N Clubs. Zu seinen Freunden zählten so bekannte Namen wie die Schriftsteller Aldous Huxley, D.H. Lauwrence & Cynthia Asquith, die Gesellschaftsdame Lady Morell, in deren Literaturzirkel er regelmäßig verkehrte, & Prinzessin Bibesco, war bekannt mit den Bloomsbury Mitgliedern und doch hatte ich denn Namen nie zuvor gehört, was an meiner literarischen Eitelkeit schon ein wenig gekratzt hat 😉
Wenigstens den ersten Satz erkannte ich als viel zitiertes Bonmots: „Die Vergangenheit ist ein fremdes Land, dort gelten andere Regeln.“ mit ihm führt Hartley den Leser in ein untergegangenes langes Jahrhundert, in eine auch 1953 schon weit entfernte, fast vergessene Welt, deren ungeschriebenen Regeln & moralischen Grundsätze sich überlebt hatten.
Nun aber zum spätviktorianischen Plot, der so wunderbar britisch ist, dazu der Erzählton im positivsten Sinne so sehr 19. Jahrhundert, dass ich, die sich so gerne ganz altmodisch in Romanen verliert, von der ersten Seite im besten Sinne hin- und weg war. Wer wie ich E.M. Forster inhaliert, die Bronte Schwestern & Jane Austen liebt, Nathaniel Hawthorn & Henry James verehrt, der nehme sich Anfang Mai, dem Erscheinungstermin des Romans, nichts vor, reserviere ein Sofa oder mit Wetterglück eine Hängematte & tauche ab in Hartleys Roman.
Der Ich-Erzähler und prepubertäre Held, der phantasiebegabte 12-jährigen Leo, Sohn einer bürgerlichen Bankdirektorenwitwe, verbringt auf Einladung seines Schulfreundes Markus einige Wochen seiner Sommerferien des Jahres 1900 bei dessen vermögender Familie in deren Herrenhaus in Norfolk, im östlichen England. Dort wird ein müßiggängerischer Lebensstil gefrönt, die 12 Hausangestellten sorgen dafür, dass sich die Bewohner & ihre wechselnden erwachsenen Gäste die Tage mit Picknicks & Ausfahrten, Einkäufe & Badespaß, Cricketspiele & Hausbällen vertreiben können. Für Leo eine völlig neue Welt, deren Codes er erst langsam zu entschlüsseln lernt. Er gibt sich einer stillen Schwärmerei für Markus älterer Schwester Marian hin, die kurz vor einer Verlobung mit dem kriegsversehrten Lord Trimingham steht, und besonders zuvorkommend zu dem naiven Jungen ist, & ihn als Postillon d’amour für ihre unstandesgemäßen Rendez-vous‘ mit dem grobschlächtigen Pächter Ted mißbraucht.
Diese raffiniert konstruierte Geschichte, die wie in einer griechischen Tragödie auf das Unvermeidliche zusteuert, das, so sehr er sich auch bemüht, Leo nicht aufhalten kann, so dass die Scham & die Schuldgefühle darüber sein weiteres Leben überschattet.
Erzählt wird das alles rückblickend, der jetzt mittsechzigjährige Leo erlaubt sich erstmals in seinem Leben die Ereignisse jener ungewöhnlich heißen Tage auf dem Lande zu erinnern.
Literaturwissenschaftlich handelt es sich um eine Mischung aus Entwicklungs- und Gesellschaftsroman, der aber auch starke autobiographische Parallelen zum Leben des Autors (A. Wright, Foreign Country: The Life of L. P. Hartley. 1996) hat.
Ganz besonders beeindruckt hat mich, wie sensibel & poetisch es Hartley gelingt das Seelenleben seines Protagonisten, der sich in jener Zwischenzeit zwischen Kind & Teenager befindet, darzustellen. Ein großer Teil des Textes gibt Einblick in dieses reiche Innenleben, das der Autor in den impressionistischen Landschaftsbeschreibungen spiegelt, wie man es zum Beispiel aus Emily Brontës Sturmhöhe kennt. Sein Blick ist dabei so einfühlsam, ohne voyeuristisch oder übergriffig zu sein, wie ich es selten von einem Autor gelesen habe.
Wem mein backfischhaftes Geschwärme als Leseargument nicht reicht, den überzeugen möglicherweise die bewussten inhaltlichen Parallelen zu Ian McEwans Roman Abbitte, denn die Großen suchen ihre Inspiration schließlich nur bei den gar meisterlichen ihres Fachs.
Wow, ein Klassiker neu aufgelegt und eine Geschichte, die mich sehr berührt hat ... Ein wundervolles, poetisch geschriebenes Buch, das mich sehr nachdenklich stimmte ... Das Buch hat mich sofort in seinen Bann gezogen und die Sprache ist wahrlich zauberhaft und fast schon lyrisch ... Mit Worten malt die Autorin herrliche Bilder in meinem Kopf und ich wollte gar nicht mehr aus diesem Buch auftauchen ... Dazu eine leckere Tasse Tee und man hat das Gefühl, am Kamin eines englischen Landhauses zu sitzen und sich einfach nur mit einem Buch unglaublich glücklich zu fühlen. Grandios und absolut lesenswert!
Ein Roman wie ein Gemälde. Liebe, Unschuld, Leidenschaft, Verrat und Intrigen sind die Zutaten dieses Sittengemäldes im spätviktorianischen England.
Ort der Handlung ist Norfolk auf dem typisch englischen Landsitz der Familie Maudsley. Es ist Hochsommer und Leo, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt, darf seinen Schulfreund Marcus auf den Landsitz begleiten, um die Sommerferien dort zu verbringen.
Doch dann kommt alles ganz anders.
Niemand kann seinem Schicksal entkommen. Auch Jahrzehnte nach jenen schicksalhaften Sommertagen kann Leo noch immer nicht begreifen, wie es zu diesem Drama hatte kommen können, das er nicht hatte kommen sehen und auch nie verarbeitet hat.
Wem "Am grünen Rand der Welt" gefallen hat, der sollte eintauchen in eine Familientragödie, die ans Herz geht.
Unbedingte Leseempfehlung und volle 5 Sterne.
Die Wiederentdeckung seines längst vergessenen Tagebuchs aus dem Jahr 1900 lässt den alternden Leo Colster gedanklich zurückkehren in jenen Sommer, in dem er dreizehn Jahre alt wurde und Gast auf dem Landsitz der englischen Familie Maudsley war. Der Sohn des Hauses ist sein Schulkamerad an im Internat – doch zur eigentlich wichtigen Person dieses besonderen Sommers wird Marian, dessen ältere Schwester. Ihr zu gefallen und endlich dazu zu gehören zur Welt der Erwachsenen und zu einer sozialen Schicht, die doch über seiner eigenen steht, wird Leos größter Wunsch.
Und so lässt sich der zwischen kindlichen Träumen und jugendlichen Allmachtsphantasien und Unsicherheiten schwankende Leo auf die zwiespältige Rolle eines „Go-Between“ (so auch der Originaltitel von 1953) ein, um geheime Liebesbriefe zu übermitteln. Doch damit wird er in eine komplizierte Dreiecksgeschichte verwickelt, die ihm nur zu schnell über den Kopf wächst.
Dieser neu aufgelegte Klassiker der englischen Literatur hat auch über 60 Jahre nach seinem Erscheinen nichts von seiner psychologischen Dichte und seiner Genauigkeit in der Beobachtung sozialer Hierarchien und Spiele eingebüßt. Die Dialoge sind sehr lebendig, die Atmosphäre der heißen, trägen Sommertage voller untergründiger Spannung und heimlichem, erotischen Begehren ist wunderbar eingefangen.
Moderner Klassiker mit sprachlicher Brillanz
Dieser Roman von 1953 beeindruckt durch seine stilistische Brillanz und die geschickt gewählte Struktur,
In einer Klammer, bestehend aus Prolog und Epilog erzählt der Icherzähler Leo Conte von einem Sommer 1900, den er bei einem Schulfreund auf einem vornehmen Anwesen verbrachte, Brandham Hall.
Er war damals 12 Jahre alt. Ausgehend von einem wiedergefundenen Tagebuch aus dieser Zeit erinnert er sich 50 Jahre später an diesen Sommer, der für ihn so prägend war. Er bewunderte die vornehme Familie, vor allen die schöne Marian, für die er ein Vertrauter wird. Er spielt den "Postboten" für sie und bringt Zettelchen von oder zu ihren Verehrern. Doch irgendwann eskaliert die Situation, aber hier möchte ich nicht zu viel verraten.
Viel spielt sich im Inneren des Jungen ab, ab und zu reflektiert von dem Erwachsenen Leo, der schließlich nach so langer Zeit noch einmal nach Brandham Hall zurückkehrt.
Es ist ein sehr britisches Buch, das unter dem Originaltitel The Go-between ein großer Erfolg wurde und zum Beispiel Ian McEwan zu seinem Roman Abbitte (OT: Atonement) inspirierte, das ganz ähnlich angelegt ist.
Meine Erwartungen an diesen Roman waren ganz anders und ich wurde positiv überrascht. Denn im Vorfeld hatte ich von diesem Roman noch nicht gehört. Was mich wundert, denn im Nachhinein habe ich gelesen, dass er fast als Klassiker zählt und auch Ian McEwan Fan von diesem Roman ist. (Und ich bin großer Fan von Ian McEwan!)
Tatsächlich hatte ich eine romantische Geschichte auf einem Herrenhaus erwartet. Dass die gesamte Geschichte nur einen Sommer überdauert und ein 13-jähriger Junge in der Hauptrolle ist, hatte ich überlesen. Und ich bin froh, denn ich weiß nicht, ob ich den Roman sonst gelesen hätte. Und ich hätte wirklich etwas verpasst. “Ein Sommer in Brandham Hall” ist auf den Punkt. Jede Szene passt in diese inszenierte Geschichte und langsam, aber stetig, steigt die Spannungskurve bis zu dem dramatischen Wendepunkt. Jede Figur spielt ihre wichtige Rolle, es scheint keine Zufälle zu geben – gerade wenn man es rückblickend betrachtet.
Für mich war es etwas Neues, eine Geschichte aus der Sicht eines 13-jährigen zu lesen und mir gefiel es gut. Der Autor hat die jugendliche Naivität so gut dargestellt – fernab von Intrigen, Hintergedanken und Vermutungen. Es war wirklich erfrischend, diese Leichtigkeit zu lesen. Wie seine Laune wechselte, was ihn erfüllte, was ihn stolz machte. Aber auch wie er offensichtliche Dinge nicht erkannte, die man Wiederrum als Leser so deutlich sah. Und der Autor verbarg das auch nicht. Hinweise waren offensichtlich und der Umgang des jungen Leo damit, war schon fast witzig.
Nachdem ich über die Verbindung zu Ian McEwan gelesen habe, seh ich klar die Inspiration in “Abbitte“. Auch hier gibt es Missverständnisse mit Folgen, die Naivität eines Kindes und dessen schwere Folgen. Ich würde fast sagen, dass Ian McEwan die Geschichte von L.P. Hartley weiterentwickelt hat und noch einen ganzen Batzen mehr Drama und Gefühle raufgepackt hat.
Mir gefiel besonders der Erzählstil und Schreibstil. Ich kann es an nichts Bestimmten festmachen. Doch mich fesselten letztlich sogar simple Beschreibungen von einem ereignislosen Ausflug sehr, sodass es nur am Schreibstil liegen kann. Man ist richtig versunken in dem Buch, und ist Teil des heißen Sommers in Brandham Hall.
Auch das Ende war rund, passte sehr gut zur Geschichte und Schlug den Bogen zu dem Beginn. Ich empfand es als sehr befriedigend nicht mit dem Geschehnisse von 1900 allein gelassen zu werden, sondern von dem Leo im Jetzt eingeholt zu werden und die Dramatik mit ihm gemeinsam zu verarbeiten.
Fazit:
Ein flirrende und packende Geschichte über die Naivität der Jugend. Über Sorglosigkeit und die dramatischen Folgen des Nichtverstehens. Nicht nur die Geschichte selbst, auch der ruhige, aber so einnehmende Schreib- und Erzählstil begeisterten mich. Das ist definitiv ein Buch, dass ich sehr gern gelesen habe und froh bin, entdeckt zu haben!
Leo Colston, ein Mann in den besten Jahren, findet sein altes Tagebuch aus dem Jahr 1900 wieder. Als er es zur Hand nimmt, beginnen seine Erinnerungen an seine Sommerferien als 13-jähriger Schüler, die er bei seinem Schulfreund auf dessen Landsitz verbringt, zu sprudeln. Lang zurück ist die Zeit, als er für Marian, der attraktiven Tochter des Gutsherrn, heimlich Briefchen an den gut aussehenden Pächter Ted überbringt - und das, obwohl die Verlobung mit Lord Trimingham nur noch eine Frage der Zeit ist. Leo gerät dabei immer mehr in das Netz dieses gefährlichen Spiels...
"Ein Sommer in Brandham Hall" ist ein Buch, von dem man sich von der ersten Seite an verzaubern lässt, es ist eine ganz andere Welt als heute, so herrlich nostalgisch, ruhig und aufregend zugleich. Ein Stückchen England vor über 100 Jahren und so gut geschrieben, dass man problemlos in diese Zeit eintauchen kann. Dabei ist Brandham Hall mitsamt seinen Bewohnern so bildhaft beschrieben, dass ich als Leserin die genauen Bilder des alten Herrenhauses mitsamt Park im Kopf hatte.
Vor dieser Kulisse ist L.P. Hartley eine grandiose Geschichte über die Gefühlswelt von jungen Menschen während des Erwachsenwerdens gelungen. Mit Leo, einem 13 jährigen Jungen, der das Herz am rechten Fleck hat und alles richtig machen möchte, hat er einen liebenswerten Protagonisten geschaffen, den man bei seinen Gedanken, Taten, seinen Gefühlen aber auch bei seinen Rückschlüssen, die er aus der Handlungsweise der Erwachsenen zieht, sehr gerne begleiten möchte.
Es geht in diesem Roman aber nicht nur um Leo, sondern es ist auch ein Bildnis der damaligen Gesellschaft und deren doch sehr unterschiedlichen Lebensweisen, auf der einen Seite die Upper Class mit der Familie Maudsley und deren Freunden, auf der anderen Seite die Pächter, Bauern und die einfachen Dorfbewohner. Eingebettet in dieser sommerlich, unbeschwerten Atmosphäre nimmt eine bittersüße, heimliche Liebesgeschichte ihren Lauf, bei der Leo selbst eine wichtige Rolle spielt.
Mit wunderschön formulierten Sätzen, poetisch, berührend und klar, entführt der Autor seine Leser also auch durch seine elegante Sprache nach Brandham Hall. Wie man sieht, finde ich nicht nur den Inhalt des Buches klasse, sondern auch der Schreibstil bereitete mir allerhöchstes Lesevergnügen. Desgleichen gilt für die Charaktere. Sie sind mit soviel Fingerspitzengefühl geschaffen; kleine, feine Nuancen geben ihnen das gewisse Etwas, und verleihen ihnen Authentizität, so dass sie die Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder lebendig werden lassen.
Ich freue mich sehr, dass dieser englische Klassiker aus dem Jahr 1953 nun wieder neu erschienen ist, er ist ein absolutes Sahnestückchen unter der Masse an Büchern, die jedes Jahr veröffentlicht werden.
Fazit: Ein englisches Sommervergnügen der Extraklasse
"Alt", aber immer wieder neu: so könnte man dieses Buch umschreiben! Es geht um die Wirrnisse des Erwachsenwerdens und die Sehnsucht nach den jugendlichen Träumen und Erinnerungen. Die wunderschöne Liebesgeschichte ist eingebettet in gesellschaftspolitische Ereignisse und Analysen und macht aus diesem Buch so eine immer aktuelle Lektüre - ein MUSS für uns LeserInnen.
Leo Colston findet als Mann im fortgeschrittenen Alter sein altes Tagebuch aus Kindertagen wieder und somit beginnt für ihn die Erinnerung an diesen Sommer und den Erlebnissen eines 13jährigen Jungen.
Einfühlsamen werden hier Einblicke in die Gefühlswelt und Reifung eines zwölfjährigen Jungen aus der Zeit vor über 100 Jahren gegeben.
Der vermeintlich unbeschwerte Sommer, den sich Leo erhofft hatte, gerät ins Wanken. Denn er gerät unfreiwillig durch seine arglose und naive Art in zwiespältige Situationen und somit zwischen die Personen, die ihn letztlich beeindrucken und faszinieren. Denn er wird als heimlicher Bote eingesetzt zwischen der schönen Tochter des Gutshauses und dem Pächter des Gutshofes und gerät in arge Gewissenskonflikte. Dabei fühlt er sich am Ende auh missbraucht und überfordert.
Man wird auf anschauliche Art und Weise in diese Welt und Zeit zurückversetzt, den Gepflogenheiten der höheren „Gesellschaft“, deren Lebensweise sowie im Gegensatz dazu der einfachen, bescheideneren Lebensweise der Bauern und einfachen Dorfbewohner. .
Für mich sehr lesenswert.
„Die Vergangenheit ist ein fremdes Land, man macht die Dinge anders dort“.
Leo Colston findet beim Aufräumen eine alte Schachtel mit Erinnerungsstücken. Leo ist Anfang 60 und die Schachtel weckt Erinnerungen in ihm an seine Kindheit. Als er 12 war verlebte er einen Sommer bei einem Freund aus seinem Internat und dessen Familie in Brandham Hall, einem Landhaus in Norfolk. Leo kommt aus mittelständischen Verhältnissen und ist nicht gewohnt an den vornehmen Lebensstil der Maudsleys. Da er der großen Schwester seines Freundes gefallen will, übernimmt er willig Botendienste für sie. Dabei handelt es sich um Briefe, die Marian, so der Name der jungen Frau, mit einem Bauern, der auf dem Land der Mausleys lebt und arbeitet, tauscht. Man schreibt das Jahr 1900 und so handelt es sich hier um eine verbotene Liebe. Marian soll einen Lord heiraten. Leo gerät ahnungslos in die Verwicklungen und das Drama, das sich daraus entwickelt. Instinktiv errät der naive Junge, das diese Beziehung nicht richtig ist und als er sich zurückziehen will, löst er eine Kette von Ereignissen aus.
Wenn man das Buch zur Hand nimmt, sollte man sich bewusst sein, das es breites 1956 erschienen ist und im Jahre 1900 spielt. Die Sprache ist auf eine wunderschöne Art altmodisch und wunderbar zu lesen. Leo erzählt uns als Erwachsener rückblickend auf jenen Sommer und was er dort erlebte. Leo kommt aus nicht ganz so gehobenen Verhältnissen. Dessen ist er sich bewusst und er versucht schon als Kind, den Schein zu erwecken, er wäre etwas besser gestellt. Marcus, sein Freund, ist sich seiner Stellung schon sehr bewusst. Der Autor zeichnet ein sehr genau beobachtetes Bild der englischen Gesellschaft und ihrer Standesdünkel zu jener Zeit. Ein Cricketspiel zwischen den Brandham Hall und den örtlichen Dorfbewohnern zeigt uns einen Einblick in die feinen Unterschiede der beiden Schichten.
„Ein Sommer in Brandham Hall“ erzählt uns die wehmütige Erinnerung von Leo an einen Ferienaufenthalt, der seine Kindheit beendete und sein Leben als Erwachsener beeinflusste. Man kann eintauchen in eine untergegangene Zeit mit all ihren komplizierten Verhaltensmechanismen und Kleiderordnungen und auch Dramen. Ich als England-Liebhaber habe dieses Buch genossen.
Eine Wiederentdeckung aus den 1950er Jahren.
Beim Aufräumen findet Leo Colston sein Tagebuch vom Sommer in England 1900, als er, der schüchterne 12-Jährige Junge von seinem Schulfreund Marcus Maudsley eingeladen wird, die Sommerferien bei ihm und seiner aristokratischen Familie in einem großen Herrenhaus auf einem Landsitz im englischen Norfolk zu verbringen, da er aus eher ärmlichen Verhältnissen stammt, tut er alles um seinen Gastgebern zu gefallen. Als sein Freund Marcus krank wird und er mehr oder weniger sich selbst überlassen wird, hängt er sich an Marian, die Schwester von Marcus. Obwohl Marian einem Lord versprochen ist, pflegt sie ein Techtelmechtel mit dem bäuerlichen Pächter Ted Burgess. Da er selbst heimlich in sie verliebt ist, lässt sich Leo von ihr zu Botengängen überreden, Liebesbriefe und kleine Nachrichten. Er fühlt sich in seiner Rolle als Botenjunge aber zunehmend unwohl und so ist es kein Wunder, das Marians Treiben irgendwann auffällt und eine Katastrophe ihren Lauf nimmt.
Man darf natürlich nicht vergessen, dass das Buch um 1900 spielt und schon in den 1950er Jahren geschrieben wurde, aber gerade die Wortwahl und die Sprache machen diesen Roman zu einem kleinen Schatz unter den vielen " Neuheiten ". Auch heute ist die Geschichte einfach zauberhaft, alles wird sehr plastisch erzählt und man kann es sich wirklich gut vorstellen. Egal ob es sich um einen Ball oder nur um einen Ausflug handelt.
Danke für diese wunderbare Wiederentdeckung
Dies ist jetzt schon die zweite Wiederentdeckung eines fast in Vergessenheit geratenen britischen Autors, dem der Julia Eisele Verlag neues Leben eingehaucht hat. Das erste war Margery Sharps „Die Abenteuer der Cluny Brown“, die ich Ihnen hier bereits als Hardcover und Taschenbuch vorgestellt habe. Ein herrliches Buch mit typisch britischem Humor. Von der Autorin werden wir übrigens ab Juli das Buch „Die vollkommene Lady“ lesen dürfen. Ich bin schon sehr gespannt! Doch nun zurück zu dem eigentlichen Thema - „Ein Sommer in Brandham Hall“ von Leslie Poles Hartley.
Kannten Sie den Autor bereits vorher? Ich leider nicht. Aber es gibt einen sehr interessanten Eintrag bei der deutschen Wikipedia über ihn, den ich Ihnen sehr empfehlen kann. Nachdem ich den gelesen habe, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass der Autor seine eigenen Erfahrungen als junger Mann in diesen Roman hat mit einfließen lassen. Denn auch der Autor selbst war ein Außenseiter, der versuchte in die Gesellschaftsschicht aufgenommen zu werden, in der er verkehrte.
Über den Inhalt brauche ich Ihnen an dieser Stelle nicht viel zu erzählen. Das einzige, was mir hier wirklich fehlt, ist, dass die Hauptperson Leo Colston, die den Sommer in Brandham Hall verbrachte, einer anderen Gesellschaftsschicht angehörte als die gastgebende Familie Maudsley oder Lord Trimingham. Sein verstorbener Vater war Bankdirektor und liebte Bücher. So war Leo Colston seiner Schule ein Außenseiter. Doch er hat sich Respekt verschafft. Und er war ein Snob, der dementsprechend sehr davon angetan war, als er von seinem Schulkameraden Maudsley, der nie ein enger Freund gewesen war, eingeladen wurde, den Sommer in Brandham Hall zu verbringen. Und es wird ein unvergesslicher Sommer für den zwölfjährigen Jungen werden.
Mich hat dieses Buch auf den zweiten Anlauf sehr fasziniert. Beim ersten Mal bin ich gescheitert. Falsches Buch zur falschen Zeit, denn zu dem Zeitpunkt war ich eher in der Stimmung für leichte Unterhaltung, bei der ich nicht viel nachdenken musste. Aber das ist bei diesem Buch definitiv anders! Leslie Poles Hartley hat schon eine sehr eigene Art sich auszudrücken und seine Geschichte zu erzählen. Es ist eine andere Sprache als die, die wir heute gewohnt sind. Wenn ich es nicht anders gelesen hätte, hätte ich gedacht, dass das Buch weit vor 1952 geschrieben worden ist. Man muss schon sehr aufpassen, damit man alles versteht. Manche Sätze habe ich mehr als einmal lesen müssen. Ich zitiere einfach einmal die ersten Sätze des Prologs, damit Sie einen Eindruck bekommen:
„Die Vergangenheit ist ein fremdes Land, man macht die Dinge anders dort.
Als ich das Tagebuch fand, lag es auf dem Boden eines ziemlich abgestoßenen roten Kartons, in dem ich als kleiner Junge meine Eton-Kragen aufbewahrte. Irgendjemand, wahrscheinlich meine Mutter, hatte den Karton mit Schätzen aus dieser Zeit gefüllt. Zwei vertrocknete, hohle Seeigel, zwei rostige Magneten, ein großer und ein kleiner, die ihre magnetische Kraft schon fast verloren hatten, ein paar straff aufgewickelte Negative, ein paar Stummel Siegelwachs, ein kleines Kombinationsschloss mit drei Buchstabenreihen, eine sehr dünne Peitschenschnur, und ein oder zwei unidentifizierbare Gegenstände, Bruchstücke von irgendwas, deren Verwendungszweck sich nicht unmittelbar erschloss.“
Ich musste mich also erst einmal hineinlesen. Nachdem ich den Prolog geschafft hatte, kam ich dann deutlich besser mit dem Buch zu recht. Die Geschichte um Leo, seinen Klassenkameraden Maudsley, dessen Schwester Marian, ihrem Verlobten Lord Trimingham, dem Pächter Ted und die restliche Familie Maudsley haben mich in ihren Bann gezogen. Schon sehr früh kam das Gefühl auf, dass sich etwas dramatisches in diesem Sommer abgespielt haben muss. Nur was war geschehen?
Ausgesprochen interessant fand ich, wie sich die Phase der Kindheit im letzten Jahrhundert entwickelt hat. 1900 waren zwölf- und dreizehnjährige Jungen noch wirkliche Kinder, die spielten und noch nicht wirklich viel über das Erwachsenenleben wussten. Dass, was die Erwachsenen miteinander machten und wie sie redeten, war für sie noch ein Buch mit sieben Siegeln. Was mag Wichtiges in diesen Briefen gestanden haben, die Leo zwischen Marian und Ted hin- und hertransportierte? Um was für Geschäfte ging es? Und was bedeutet „Poussieren“? Schon interessant, wie naiv die Kinder zu dieser Zeit noch waren. Aber auch, was sie für ein moralisches Empfinden hatten. Heute sind Kinder in diesem Alter schon junge Erwachsene und es gibt welche, die schon erste sexuelle Erfahrungen hinter sich haben.
Während der Lektüre habe ich an viele Bücher denken müssen, bei denen es ebenfalls um Außenseiter ging. Mir fielen sofort „Wiedersehen in Brideshead“ von Evelyn Waugh oder „Der große Gatsby“ von F. Scott Fitzgerald, als auch die Universitätsgeschichten „Die geheime Geschichte“ von Donna Tartt oder Tom Wolfes „Ich bin Charlotte Simmons“ ein. Aber auch so typisch englische Romane und Autoren wie Nancy Mitford, die bereits oben erwähnte Margery Sharp, E. M. Forsters „Zimmer mit Aussicht“ und Julian Fellowes „Eine Klasse für sich“.
Ein wirklich bemerkenswerter Roman über eine untergegangene Epoche in einer wunderschönen Sprache. Sehr dicht erzählt. Nicht umsonst wird der Autor Ian McEwan direkt auf dem Cover zitiert. Das Cover finde ich übrigens sehr stimmig und toll gestaltet. Ich hoffe, dass es nicht nur Frauen anzieht, denn das Buch ist für Männer und Frauen gleichermaßen lesenswert!
Eine wunderschöne und liebevolle Neuübersetzung dieses schon beinahe Klassikers.
Man kann die Mentalität aus der Jahrhundertwende spüren und verinnerlicht sie. Die Figuren sind alle liebevoll und wachsen einem direkt ans Herz, vor allem das Kindliche im Protagonisten lässt einen des öfteren Schmunzeln, aber auch Wärme im Herz empfinden.
Die Geschichte ist nach wie vor sehr schön. Sie erzählt von Freundschaft, von Liebe und vom Erwachsenwerden.
Mein Fazit: unbedingt lesen!
Ein wunderschöner Roman!
Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen, bei der ich einen Einblick in die Gefühlswelt eines 13-jährigen Jungen bekam. Ich habe Leo Colston auf all seinen Wegen begleitet und konnte seine Taten, Gefühle und auch Gedanken oft sehr gut verstehen. Er ist ein liebenswerter Junge und er möchte immer alles richtig machen. Ihm bedeutet die Rolle als Bote wahnsinnig viel, doch sie treibt ihn auch in die Verzweiflung, denn er wird von erwachsenen Menschen in Dinge hineingezogen, die eigentlich so nicht sein sollten.
Mehr möchte ich aber hier zu der Geschichte nicht verraten, denn die muss man einfach selbst gelesen haben.
Danke an den Verlag und auch an NetGalley für das Rezensionsexemplar!
Hach, welch herrlicher und bereichernder Ausflug ins Jahr 1900.
Mit seiner poetischen und dennoch leichten, bildhaften und ganz und gar nicht altmodischen Sprache verzauberte mich L. P. Hartley vom ersten Satz an. Es war besonders dieser Erzählton, der mich immer wieder zwischen die Seiten zog und irgendwie faszinierte, ohne dass ich es an einem ganz bestimmten Punkt festmachen könnte.
"Ein Sommer in Brandham Hall" ist in gewisser Weise ein Coming of Age Roman vergangener Zeiten. Der 13-jährige Leo bekommt erstmals die Möglichkeit eine Freundschaft zu schließen, muss aber feststellen, dass es unterschiedliche Wertvorstellungen, unterschiedliche Interessen und Ansichten in den verschiedenen Gesellschaftsschichten seiner Zeit gibt, die wie kleine Dornen immer wieder zu minimalen Rissen in der Freundschaft führen.
Zum ersten Mal findet er Gefallen am weiblichen Geschlecht. Einer jungen Frau, die älter ist als er und seine kindliche Verliebtheit zu nutzen weiß.
Leo ist ein Paradebeispiel für die Naivität, die der Jugend der damaligen Zeit anerzogen wurde. Die erwünscht und erwartet wurde und durch verschiedene Regeln und Traditionen bewahrt wurde. Leos Naivität führt zum Schmunzeln bei Leserinnen und Lesern, aber auch zu schwerwiegenden Missverständnissen in seinem Umfeld. Ich bin froh, dass wir unseren Kindern und Jugendlichen heutzutage etwas mehr Freiraum in Wissen und Denken zugestehen und ihnen dadurch andere Möglichkeiten zugestehen.
"Ein Sommer in Brandham Hall" ist kurzweilige, sehr hochwertige und intelligente Unterhaltung und ein interessanter Spiegel der Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Eine komplizierte Konstellation aus einer verbotenen Liebe und einem unschuldigen Jungen, der gezwungen wird, erwachsen zu werden. Der unbedarfte Leo erfährt das gefährliche Spiel zwischen Liebe, Intrigen, Verrat und dem Wunsch nach Anerkennung.
Schön: Sehr bildhafte Sprache und eine berührende Geschichte in neuer Übersetzung!
‚Eine Dame ist nie an irgendetwas schuld, egal, was passiert‘ und ‚es kann nötig sein, jemand zu töten, obwohl man nicht wirklich eine Abneigung gegen ihn persönlich hat‘ sind zwei völlig neue Vorstellungen, mit denen Leo Colston konfrontiert wird, als er bei seinem Schulkameraden Marcus im Jahre 1900 seine Ferien verbringt.
Es ist kurz vor seinem 13. Geburtstag und alles neu für ihn, denn er kommt aus einer anderen Gesellschaftsschicht. (Seine Mutter ist Witwe und rechnet mit jedem Pence!)
Dankbar für die ihm entgegengebrachten Freundlichkeiten, ist er ein willfähriger Bote und wird dementsprechend manipuliert: von Marian, der Schwester von Marcus, von Ted, dem heimlichen Geliebten von Marian und auch von Lord Trimingham, ihrem zukünftigen Verlobten.
Fantastisch ist die Spannung, die der Autor langsam aber stetig aufbaut - der Leser überlegt, wann der große ‚Knall‘ kommt und welche Rolle das Wetterhäuschen und die permanenten Wetterbeobachten von Leo spielen.
Der Roman wurde schon 1953 geschrieben und mich begeisterte die wunderschöne poetische Sprache, die Schilderungen des Ehrenkodex im Internat, des aristokratischen Landlebens und der Gefühlslage eines Heranwachsenden. Absolut zeitlos! Ich bin sehr froh, dass dieser Roman 2019 wieder aufgelegt wurde! Er war ein Genuss und ich empfehle ihn wärmstens
Wehwehchen der Haute Volée
Der Roman „Der Sommer in Brandham Hall“ gehört zu den englischen Klassikern. Er beschäftigt sich mit der Idealisierung der Gesellschaftsschicht des Adels und der Reichen. Kurzmeinung: Die britische Anbetung für Adel und Reichtum kann ich nicht teilen. Trotzdem ist der hier vorliegende Roman im Vergleich zu den üblichen langweiligen englischen klassischen "Schinken", z.B. "Middlemarch" unterhaltsam und um ein Haar - sogar kritisch.
Der Roman „Der Sommer in Brandham Hall“ gehört zu den englischen Klassikern. Er beschäftigt sich mit der Idealisierung der Gesellschaftsschicht des Adels und der Reichen.
Der Sommer in Brandham Hall ist Lesleys erfolgreichster Roman geworden, weil dessen Zentralfigur der kleine Leo Colston ist. Der bald dreizehnjährige, vaterlose Colston ist zu Besuch auf Brandham Hall und muss sich mit allerhand Kalamitäten herumschlagen, denn er gehört nicht wirklich dazu. Leo hat die Codices der feinen Gesellschaft jedoch tief verinnerlicht und tritt einerseits mit einem tiefen Minderwertigkeitsgefühl behaftet und anderseits mit einem gewaltigen Snobismus beladen, seine Sommerferien auf Brandham Hall an. Seine idealisierten Vorstellungen von der Haute Volée können der Wirklichkeit allerdings nicht standhalten. Die feine Gesellschaft handelt nach Eigeninteressen. Wer hätte das gedacht?!
Die inneren Konflikte Leos, den eigentlich alles erschreckt, die Köperlichkeit anderer und seine eigene, der umgetrieben wird von Ehrgeiz und Luftschlössern, machen das Buch lebendig. Verglichen mit Middlemarch von George Elliot ist „Ein Sommer in Brandham Hall“ vergnüglich zu lesen und quasi ein Reißer.
Sein Ende ist insoweit folgerichtig, dass die sogenannten Vornehmen dieser Welt immer dafür sorgen werden, dass andere ihre Vergehen ausbaden, ist aber doch ein wenig zu melodramatisch ausgefallen. Es hätte mit spielender Leichtigkeit ein katastrophenneutrales Ende gegeben. Dafür versöhnen Prolog und Epilog vollständig.
Fazit: Hitze des Sommers, Heranwachsen, Katastrophe(n), feiner Schreibstil. Das große Plus des Romans ist der kleine Leo Colston, der bis zu einem gewissen Punkt sich und die feine Gesellschaft entlarvt. Diese Entlarvung bleibt allerdings Stückwerk, es ist noch reichlich Verblendung übrig.
Kategorie: Klassiker. Belletristik.
Verlag: Eisele, 2019
Der Sommer in Brandham Hall ist Lesleys erfolgreichster Roman geworden, weil dessen Zentralfigur der kleine Leo Colston ist. Der bald dreizehnjährige, vaterlose Colston ist zu Besuch auf Brandham Hall und muss sich mit allerhand Kalamitäten herumschlagen, denn er gehört nicht wirklich dazu. Leo hat die Codices der feinen Gesellschaft jedoch tief verinnerlicht und tritt einerseits mit einem tiefen Minderwertigkeitsgefühl behaftet und anderseits mit einem gewaltigen Snobismus beladen, seine Sommerferien auf Brandham Hall an. Seine idealisierten Vorstellungen von der Haute Volée können der Wirklichkeit allerdings nicht standhalten. Die feine Gesellschaft handelt nach Eigeninteressen. Wer hätte das gedacht?!
Die inneren Konflikte Leos, den eigentlich alles erschreckt, die Köperlichkeit anderer und seine eigene, der umgetrieben wird von Ehrgeiz und Luftschlössern, machen das Buch lebendig. Verglichen mit Middlemarch von George Elliot ist „Ein Sommer in Brandham Hall“ vergnüglich zu lesen und quasi ein Reißer.
Sein Ende ist insoweit folgerichtig, dass die sogenannten Vornehmen dieser Welt immer dafür sorgen werden, dass andere ihre Vergehen ausbaden, ist aber doch ein wenig zu melodramatisch ausgefallen. Es hätte mit spielender Leichtigkeit ein katastrophenneutrales Ende gegeben. Dafür versöhnen Prolog und Epilog vollständig.
Fazit: Hitze des Sommers, Heranwachsen, Katastrophe(n), feiner Schreibstil. Das große Plus des Romans ist der kleine Leo Colston, der bis zu einem gewissen Punkt sich und die feine Gesellschaft entlarvt. Diese Entlarvung bleibt allerdings Stückwerk, es ist noch reichlich Verblendung übrig.
Kategorie: Klassiker. Belletristik.
Verlag: Eisele, 2019
Klimawandel der Gefühle
„Meine Vorstellungen von Schicklichkeit waren vage und unbestimmt, wie all meine Vorstellungen dessen, was mit Geschlechtlichkeit zu tun hatte. Aber sie waren bestimmt genug, dass ich mich danach sehnte, sie zusammen mit meinen Sachen abzuwerfen und wie ein Baum oder eine Blume zu sein, nackt, mit nichts mehr zwischen mir und der Natur.“
„Ich war verliebt in die Hitze, ich empfand für sie dasselbe wie ein Konvertit für seine neue Religion.“
Nein, als Antidot gegen die aufziehende Gluthitze empfehle ich nichts, was auf eisigen Höhen oder im tiefen Winter spielt. Gemäß der homöopathischen Maxime, Gleiches mit Gleichen zu behandeln, rate ich zu „Ein Sommer in Brandham Hall“. Der Roman von Leslie Poles Hartley erschien im Jahr 1953 unter dem Titel „The Go-Between“ und wurde zum größten Erfolg des bekannten Literaturkritikers und Schriftstellers. In der Neuübersetzung von Wibke Kuhn liegt er nun im Eisele Verlag vor und ist das Sommerbuch schlechthin. Leicht, voller Charme und stets stilvoll.
Hartleys Geschichte über den Sommer des Jahres 1900 im englischen Norfolk wird besonders Fans von Downtown Abbey gefallen. Wie die bekannte Serie spielt auch er auf einem weitläufigen Anwesen, unter dessen Bewohnern, Bediensteten und der umliegenden Dorfbevölkerung.
In diese sozial streng sortierten Verhältnisse gerät der 12-jährige Leo Colston auf Einladung seines Freundes Marcus. Für Leo öffnet sich eine neue, teilweise bedrohlich empfundene Welt. Er kommt aus prekären Verhältnissen, was man nicht nur seiner Kleidung, sondern auch seinem Verhalten anmerkt. Er hat seine Mühe mit den unbekannten Gepflogenheiten, die jede Menge Fettnäpfchen für ihn bereithalten.
Seine Gastgeber sind ihm wohlgesonnen, Mrs. Maudsley, deren dominante Art sie als Oberhaupt der Familie ausweist, ihr ruhiger Gatte und Dennys, der ältere Bruder Marcus‘. Dessen ebenfalls einige Jahre ältere Schwester nimmt Leo unter ihre Fittiche und hilft ihm die Hürden zu überwinden. Schnell erliegt Leo Marians Charme und Großzügigkeit und ist ihr von Herzen ergeben. Fast könnte man versucht sein zu sagen, er sei verliebt. Doch diese Vokabel scheint für den fast 13-Jährigen unangebracht. Seiner Knabenunschuld liegt das Gefühl des Begehrens fern, ganz zu schweigen von den körperlichen Begierden, die in Brandham Hall „Herumpoussieren“ heißen. Leo stellt sich in den Dienst der von ihm verehrten Marian, wird ihr Knappe und überbringt bereitwillig Botschaften, deren Brenzligkeit ihm im Laufe der Zeit nur andeutungsweise bewusst wird.
Dies spiegelt die für das englische Norfolk ungewohnte Hitze. Tag für Tag steigt die Quecksilbersäule des Thermometers, das sich in einem achteckigen Häuschen im Park von Brandham Hall verbirgt. Das wertvolle Gerät, zu dem eigentlich nur Mr. Maudsley Zugang hat, fasziniert die beiden Jungs, die täglich die steigenden Temperaturen ablesen.
Die Hitze ist eines der vielen Motiven in diesem stilvollen Sommerroman. Sie steht für das sexuelle Erwachen des 13-jährigen Leo. Das Wort „Sex“ fällt natürlich kein einziges Mal und der Protagonist wird das „Herumpoussieren“ nicht am eigenen Leib entdecken. Den inneren Wandel spürt er jedoch deutlich. „Und ganz unmerklich hatte sich auch das Klima meiner Gefühle gewandelt. Ich war nicht mehr zufrieden mit dem kleinen Erfahrungsbereich, in dem ich mich bisher bewegt hatte. Ich wollte jetzt im großen Stil erleben.“
Das Changieren zwischen Unwissenheit und Erkenntnis ist Glück und Unglück zugleich für die Figuren des Romans, weniger für seine Leser. Denn der Zwiespalt ist der große Reiz, er prägt den Verlauf der Geschichte ebenso wie das Innere Leos. Hartley bedient sich dazu eines konstruktiven Kniffs. Er lässt den gealterten Leo Colston das Tagebuch dieses weit zurückliegenden Sommers finden, Leo ist so zugleich Erzähler, Erinnernder und Handelnder. Eine Konstellation, die an Marcel Prousts Recherche erinnert und die von dem Literaturkenner Hartley beabsichtigt sein mag.
Seine Konstruktion offenbart Hartley in einem Prolog. So ist von vorneherein klar, daß der Erzähler Leo mehr weiß als der zwölfjährige Protagonist. Der Erzähler zeigt Verständnis für das Innenleben des jungen Leo, dabei verrät er nichts, ist aber in der Lage, Hinweise neu zu deuten und Vorahnungen zu erkennen.
So erzeugt das Belladonna (sic!) ‑Gewächs, das Leo auf seinen Streifzügen in einem zerfallenen Schuppen entdeckt, in ihm eine Atmosphäre bedrohlicher Erotik. „(…) es war keine Pflanze nach meinem Verständnis, es war ein Busch, fast ein Baum und so groß wie ich. Sie sah aus wie das Bild des Bösen und zugleich das Bild der Gesundheit, so glänzend und stark und saftig war sie. Ich konnte geradezu sehen, wie die Säfte darin aufsteigen, um das Gewächs zu nähren“.
Als Marcus krank wird, erkundet Leo die Gegend alleine. Er schaut beim Thermometerhäuschen vorbei und er entdeckt den Hof des jungen Bauern Ted Burgess. Auf dem dort liegenden Heuhaufen rutscht er noch ganz Kind begeistert herunter. Er schließt Bekanntschaft mit Ted, den er seit der ersten Begegnung auf dem Badesteg bewundert.
Auch diese Episode gestaltet Hartley voller Vorahnungen. Leo begleitet die kleine Badegesellschaft, Marcus, dessen Geschwistern und einige Freunde. Die Holz-Plattform erscheint ihm bedrohlich, ein „schwarzes Gebilde, lauter Stangen und Holme und Pfähle, wie ein Galgen“. Während er „in Sehnsucht nach nudistischer Erfüllung“ am Ufer bleiben muss, registriert er enttäuscht, daß die Badeanzüge der anderen fast alles verhüllen. Er entfernt sich ein paar Schritte und entdeckt aus dem Dickicht Ted, der ebenfalls im Fluss Abkühlung sucht. Bewunderung und gleichzeitig Angst empfindet er „angesichts dieses Körpers, der mir von Dingen erzählte, die ich nicht kannte“.
Doch Leo bewundert auch Lord Trimingham, den jungen, kriegsversehrten Besitzer von Brandham Hall. Er ist zu Gast bei den Maudsleys, seinen Mietern. Auch Trimingham bittet Leo Marian Botschaften zu überbringen. Dass er allerdings ein Ehrenmann ist, erkennt Leo, bevor er erfährt, daß Marian ihn heiraten wird. Ganz anderes empfindet er das gefährliche Geheimnis, das die Briefe von Marian und Ted verbergen, deren Mittelsmann er nolens volens wird. Ihm bleibt nur zu hoffen: „Ich selbst war die Quecksilbersäule (denn man hatte mich doch Merkur genannt, dachte ich verwirrt), die selber in neue Höhen schoss, und Brandham Hall mit seinen immer noch unerforschten Gefühlshöhen war der Berg, auf dem ich meine Erfahrungen gewinnen würde.“
Hartley gelingt eine psychologisch dichte Darstellung vom Sichselbstbewusstwerden eines Heranwachsenden, indem er den zwangsläufigen Verlust der Unschuld mit der Frage nach Verantwortung verbindet. Dabei kontrastiert sein wissender Erzähler anspielungsreich die Naivität des jungen Protagonisten, was den Roman zu einer gleichsam spannenden wie anregenden Lektüre macht.
Meine Gedanken und Eindrücke zu „Ein Sommer in Brandham Hall“ von L. P. Hartley.
Der englische Klassiker, der 1953 erstmals erschien, im ausklingenden viktorianischen England spielt und ein lebendiges Bild vom britischen Adel um 1900 skizziert, ist gleichzeitig Sittengemälde, Liebesgeschichte und Zeugnis der emotionalen Karussellfahrten der Jugend und Mühsal des Erwachsenwerdens.
„Ein Sommer in Brandham Hall“ ist ein zauberhafter, bewegender und raffiniert komponierter Roman, in dem Liebe, Sehnsucht, Eifersucht, Verrat und Verlust der kindlichen Unschuld eine zentrale Rolle spielen. Der altbekannte innere Konflikt zwischen Vernunft und Gefühl steht im Focus und darüber hinaus geht es auch um Etikette und Standesunterschiede.
1952 findet der 64-jährige Leo sein altes Tagebuch wieder und mithilfe der enthaltenen Aufzeichnungen erinnert er sich an den Sommer 1900, der wegweisend für sein Leben war.
Diesen bedeutsamen und unvergesslichen, gleichermaßen schönen wie tragischen Sommer verbrachte der damals noch ziemlich verträumte, romantische und sensible Leo bei seinem Schulkameraden Marcus auf Brandham Hall.
Dort lernte er die Liebe kennen, die sich allerdings als komplexes Unterfangen entpuppte.
Er verliebte sich in Marcus‘ ältere Schwester Marian, die einem Lord versprochen war und ihrerseits den Pächter Ted liebte.
Leo wurde zum Botschafter dieser Liebe, was ein Wagnis darstellte und Risiken barg.
Die elegante Sprache mit ihren wunderschönen Metaphern gefiel mir gut und die Atmosphäre, in der Unheilvolles und Verhängnisvolles mitschwingt, war spürbar.
Neben dem Dramatischen kommt aber auch das Amüsante nicht zu kurz. Immer wieder musste ich schmunzeln.
Wir lernen verschiedene und unterschiedliche Charaktere kennen, die jeweils differenziert und facettenreich dargestellt werden. Besonders der etwas naive, neugierige, feinfühlige und zweifelnde Leo kam mir sehr nahe.
Hartley schrieb gleichermaßen unaufgeregt wie eindringlich. Er war ein feiner Beobachter, der detailliert beschreiben konnte und ein unterhaltsames und interessantes Werk geschrieben hat, dass mir viel Lesevergnügen bereitete.
Sehr zu empfehlen!
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