MTTR

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Erscheinungstermin 10.08.2022 | Archivierungsdatum 01.08.2023

Zum Inhalt

Ein Millenial soll Mutter werden und will alles, nur nicht die eigene deutsche Familie reproduzieren. Ein gesellschafts- und sprachkritischer Roman erzählt drei Trimester – und die Zeit danach.

»Alle Befürchtungen waren wahr, und alles war gerecht gewesen.« Ein Test im Büro bringt die Gewissheit: Teresa Borsig ist schwanger. Von der Idee einer Familie fühlt sie sich gleichzeitig angezogen und abgestoßen. Da sind die Erinnerungen an ihre Kindheit, an Distanz, Disziplin und Schläge. In der Abtreibungsklinik von den Schwestern zum Schlucken der Tablette gedrängt, geht Teresa in den Widerstand: Sie will doch Mutter werden. Nein, Mama will sie werden. Kann man geben, was einem selber fehlt? Das Gesundheitssystem nimmt die Schwangere auf wie einst die Eltern. Effizient. Kalt. Man will doch nur ihr Bestes. Und ihr Baby in einem Wärmebett isolieren. Wie hoch ist die Überlebenswahrscheinlichkeit ihres Säuglings? Ärzte und Schwestern sprechen über ihren Kopf hinweg. Teresa schreit. Sie solle sich mal nicht so wichtig nehmen, sagt das Krankenhaus. »MTTR« erzählt von den Auswirkungen deutscher Nachkriegserziehung, erzählt die Unfähigkeit der Babyboomer, Gefühle zu zeigen, und wenn dann nur durch Ersatzhandlungen: Kauf, Korrektur und Sorge. Jeder Dialog ist eine Boshaftigkeit. Fast bemerkt man sie nicht, denn aktengraue Gefühlstemperatur und grobe Unbeholfenheit sind Alltag in Deutschland. Werden Millennials, wie Teresa, sie reproduzieren?

MTTR: Mean Time To Recover bzw. auch Mean Time To Repair (abgekürzt jeweils MTTR) wird als die mittlere Reparaturzeit nach einem Ausfall eines Systems definiert. Diese gibt an, wie lange die Wiederherstellung des Systems im Mittel dauert. Sie ist somit ein wichtiger Parameter für die Systemverfügbarkeit. (Quelle: Wikipedia)

Ein Millenial soll Mutter werden und will alles, nur nicht die eigene deutsche Familie reproduzieren. Ein gesellschafts- und sprachkritischer Roman erzählt drei Trimester – und die Zeit danach.

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Vorab-Besprechungen

»Dringlich. Überwältigend. Mitreißend.«
(Marlene Streeruwitz)

»Dringlich. Überwältigend. Mitreißend.«
(Marlene Streeruwitz)


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Hardcover
ISBN 9783835352575
PREIS 25,00 € (EUR)

Auf NetGalley verfügbar

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Das erste was mir bei diesem Roman auffiel war der Einband, der unzweifelhaft einen Uterus darstellt. Das ist eine mutige Wahl, aber auch eine sehr passende.
Ich mag Mutige. Entsprechend gespannt war ich auf die Story. Eine riesige Stärke des Romans ist sein Schreibstil. Die Autorin vermag sprachlich wunderbare Bilder zu malen- sie tut dies aber nicht wie üblich mit ausschweifenden Beschreibungen, sondern mit Metaphern, absolut on-Point Aussagen und recht knappen Sätzen, die allerdings meiner Meinung nach sehr zu allem passen- denn der Roman wird aus der Sicht Teresas erzählt. Und der Schreibstil ist genauso, wie auch Gedanken durch den Kopf schießen würden, dabei verliert die Autor*in aber nie den Faden.
Das eigentliche Thema- die Schwangerschaft Teresas- bildet mehr oder weniger den Rahmen für die Gesellschaftsbetrachtung mit der die Hauptfigur konfrontiert wird. Ein Kind zu bekommen ist ein eigener Mikrokosmos und man beschäftigt sich mit Dingen, die im bisherigen Leben vorher noch keine Bedeutung hatten- und ebenso lernt man entsprechende Menschen und ihren Umgang kennen. All dies passiert der Protagonistin. Sie macht sich komplexe Gedanken zu ihrer Situation und gerät in Kontakt mit einer Welt, die ihr bisher völlig fremd war. Mit sprachlichen Spitzfindigkeiten und Metaphern vermag es die Autor*in, die Lesenden bei der Stange zu halten. Es war mir zu keinem Augenblick langweilig, Längen konnte ich gleichfalls keine ausmachen. Im Gegenteil, ich finde Teresa sehr sympathisch und begleitete sie sehr gerne auf ihrem schwindelerregenden Weg. Eigentlich würde ich mir viel mehr solcher Romane wünschen- Romane, die mutig den Finger in die Wunde legen und Dinge ans Licht zerren, über die in Deutschland so ungern gesprochen oder die so widerstrebend beim Namen genannt werden. Unwiderruflich denke ich an meine eigenen Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel. Ich kann nur bestätigen, was die Autor*in hier beim Namen nennt. Es gibt noch viel zu tun und es ruht dabei die Hoffnung auf der jetzt gerade erwachsenen Generation. Dieser Roman ist für mich eine große Überraschung gewesen, aber jetzt bin ich wirklich voll des Lobes und vergebe gerne 5/5 Herzchen

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Wow wow wow. Hier werden sich wolle alle Kinder der späten 80er und der 90er zu Teilen mindestens wiederfinden. Großartiges Buch mit tollen Schreibstil. Hat mich beeindruckt.

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als gebundenes Buch: 25.- Euro, 421 Seiten, erschienen am 10.08.22 im Wallstein Verlag

als Kindle Ausgabe: 19,99 Euro, 394 Seiten, erschienen am 10.08.22 im Wallstein Verlag

Ich habe dieses Buch als kostenloses digitales Leseexemplar vom Verlag erhalten und bedanke mich ganz herzlich beim Wallstein Verlag und bei Netgalley. Meine Rezension wird trotzdem meine ehrliche und unvoreingenommene Mein un g widerspiegeln.

Teresa ist schwanger. Insgeheim gewünscht und drauf angelegt ist sie dann trotzdem überrascht, fasziniert, ungläubig und überrumpelt von der Tatsache. Sie ist noch nicht so lange mit Erk, ihrem Freund, zusammen und das Kind ist nicht explizit von beiden geplant. So steht es anfangs für sie fest, dass sie das Kind nicht bekommen wird. Sie hat einfach Bedenken, dass ihre so junge Beziehung das aushält und sie hat Angst so zu reagieren und zu werden, wie alle Eltern werden wenn sie ein Baby bekommen. Je weiter man liest, versteht man Teresas Angst auch, denn sie erzählt viel über ihre Kindheit, speziell über die Kälte ihrer Mutter.

Da das Buch aber die Schwangerschaft von Teresa begleitet, wissen wir recht schnell, dass Teresa die Schwangerschaft nicht abbricht. Und so machen wir die gesamte Entwicklung während der Schwangerschaft von Teresa mit.

Teresa verarbeitet während dieser Zeit nicht nur ihre Kindheit, sondern auch den schwelenden Konflikt, den ihr das Verhältnis ihres Freundes zu dessen Exfreundin bietet. Auf der einen Seite schwingt immer eine subtile Angst mit, auf der anderen aber auch eine Überlegenheit aus der Unwissenheit heraus. Und aller Unbedarftheit zum Trotz geht Teresa durch alle Höhen und Tiefen, die das Mutterwerden und Muttersein bereit hält. Am Ende versteht sie, die Menschen, mit denen sie verbunden ist, ein wenig besser.

Julia Friese ist freie Journalistin und "MTTR" ist ihr Debütroman.

Mir hat dieses Buch unheimlich gut gefallen. Es spricht viele Themen an und arbeitet diese auch sehr gut aus.
Was mich am meisten beeindruckt hat ist der Sprachstil. Er ist supermodern, aber keinesfalls unangenehm. Auch für ältere Leser und Leserinnen nicht. Julia Friese "spricht" in Metaphern, ähnlich fließenden Gedanken. Mir sind ein paar unheimlich gute Sätze im Gedächtnis geblieben, wie z. Bsp. bei der Beziehung zwischen Erk und seiner Exfreundin: "In einer Wohnung, die Stefanie mit einer Alarmanlage ausgestattet hatte. Und trotzdem war ihre Beziehung zerbrochen." oder Teresas eigene Beziehung zu ihrem Vater: "Wir sind Fährtenhund und schweißendes Tochterwild.".
Ich finde den Schreibstil wunderbar und bin immer noch ganz begeistert davon.
Julia Friese schreibt Sätze, die auf den ersten Blick völlig unverständlich erscheinen, die man aber sofort versteht, wenn man sie gelesen hat. Und man ist ständig am Nicken, weil man das Gelesene genauso kennt.

Ein Buch zum Eintauchen, Lesen und Verstehen. Ich finde es ein starkes Debüt und würde jeder Zeit wieder zu Julia Friese greifen, wenn es mehr von ihr gibt.

Leseempfehlung von mir und

5*/5*

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Theresa stellt in ihrer Mittagspause fest, dass sie schwanger ist. Zunächst will sie die Schwangerschaft abbrechen, aber dann entscheidet sie doch für das Kind und dafür eine Familie mit ihren Freund Erk zu gründen. Wir als Leser*innen begleiten Theresa nun durch die Schwangerschaft, Geburt und die ersten Monate mit dem Kind. Immer mit dabei die Stimmen ihren Eltern (selbst dann, wenn sie nicht vor Ort sind), die kalte von Gewalt geprägter Kindheit und die eigenen Selbstzweifel .
Am Anfang hatte ich ein paar Probleme in das Buch hineinzufinden. Theresa war mir über weite Strecken zu passiv. Was sich, nicht nur die Eltern und Schwiegereltern, ihr gegenüber über weite Teile des Buchs rausnehmen. Auch in den Schreibstil musste ich mich ebenfalls einlesen: abgebrochene Sätze und keine Kennzeichnung der wörtlichen Rede. Aber das Buch entwickelt einen starken Sog und beschreibt klar und präzise eine sehr intensive Zeit. Alles ungeschönt und unbequem.
Der Konflikt mit den Eltern/Schwiegereltern ohne richtigen Zugang zu Gefühlen, die ständig nur ein „das macht man nicht“ auf den Lippen haben, ist eindringlich geschildert und auch was diese lieblose Behandlung am Ende mit einem selbst und den Blick auf andere Menschen macht.
Das Buch ist grandios aber keine leichte Lektüre, insbesondere die Geburt und die Zeit im Krankenhaus haben mich sehr mitgenommen und ich musste das Buch einige Male zu Seite legen. Ich würde mich freuen, wenn dieses Buch dazu beiträgt, dass mehr über Mutter bzw. Elternschaft gesprochen wird.

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Inhalt
Teresa, Anfang 30, ist schwanger. Nach anfänglicher Unsicherheit entscheidet sie sich für das Kind, und ab diesem Zeitpunkt scheinen weder ihr Körper noch das Baby allein ihr zu gehören. Eltern und Schwiegereltern in spe mischen sich ein, äußern – direkt und indirekt – ihre Erwartungen, im Geburtsvorbereitungskurs fühlt sie sich wie ein Alien, weil sie in einer Klinik und nicht in einem Geburtshaus entbinden möchte. In besagter Klinik werden sie und ihr Kind wie am Fließband abgefertigt.

Und bei all dem spürt Teresa immer wieder den Druck der Gesellschaft, das System Familie irgendwie „besser“ zu machen als die Generation davor – aber stehen wir heutzutage wirklich unter weniger Zwängen, oder sind es nur andere?

Meine Meinung
MTTR steht für „Mean Time To Recover“ und wird laut Wikipedia als die „mittlere Reparaturzeit nach einem Ausfall eines Systems“ definiert. Aber natürlich drängt sich im gegebenen Kontext auch die Lesart „MUTTER“ auf – Mutter mit Leerstellen als „Defekt“ vielleicht, und nicht nur Teresa hadert damit, diese zu füllen. Einerseits hat sie fast zu viel Wahlfreiheit – will sie das Kind überhaupt bekommen oder nicht? Andererseits meint jede*r um sie herum, ganz genau zu wissen, was für sie und das Kind am besten ist, und spricht ihr dagegen dieses Wissen ab.

Ich kam anfangs nur schwer in das Buch hinein. Die kurzen und abgehackten, gerade zu Beginn oft unvollständigen Sätze, die Teresas Gedankenstrom nachbilden, störten mich zunächst. Auf der anderen Seite fand ich es faszinierend, wie leicht es mir gelang, die unvollendeten Sätze im Kopf unwillkürlich zu ergänzen. Letztendlich kam ich beim weiteren Lesen zu dem Schluss, dass die Geschichte genau auf den Punkt erzählt wird – ohne ein Wort zu viel oder zu wenig.

Apropos „zu viel“: Einige Szenen mit Teresas (Schwieger-)Eltern habe ich zunächst zwar tatsächlich als zu lang empfunden, einfach weil mir ihr Dauergequassel (und vor allem dessen Inhalt) unheimlich auf die Nerven gingen. Aber auch das lernte ich im Laufe der Geschichte zu schätzen, denn tatsächlich kam es mir dadurch so vor, als würden diese Personen neben mir stehen und MICH vollquatschen – und leider hören solche Leute ja auch im wahren Leben meist nicht auf zu reden, nur weil man sich das wünscht.

Teresa wirkt in großen Teilen der Geschichte sehr passiv, und erst nach und nach wird klar, dass sie als Kind in ihrem Elternhaus nicht nur psychischer, sondern auch physischer Gewalt ausgesetzt war. Im Umgang mit ihren Eltern erleben wir sie deshalb in einer Art Schockstarre – sie will ihnen einerseits alles recht machen, sich aber andererseits auch gegen sie auflehnen und mit ihrem eigenen Kind anders umgehen. Ein Dilemma, das in einer durchaus nachvollziehbaren Hilf- und Sprachlosigkeit resultiert.

Julia Friese fasst in „MTTR“ sehr viel von dem, was heute bei den Themen Schwanger- und Mutterschaft oft falsch läuft, in einer einzigen Geschichte zusammen. Dass ihrer Protagonistin „alles“ davon widerfährt, mag zunächst nicht ganz realistisch erscheinen; ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie das Kind, das sie sich – so wirkte es auf mich zumindest zu Beginn – doch insgeheim wünschte, in erster Reaktion abtreiben lassen will. Später deutete ich dies aber als bewusste Zuspitzung der Unsicherheit, die wahrscheinliche viele Frauen zu Beginn einer Schwangerschaft spüren – auch wenn diese gewünscht war und bewusst herbeigeführt wurde.

Ähnliches gilt auch für den weiteren Verlauf der Geschichte und die darin auftauchenden Figuren und Konstellationen. Sicher begegnen nicht jeder (werdenden) Mutter tatsächlich die Eso-Hebamme, die besserwisserische Kollegin, die klischeehafte kinderlose Freundin und das unempathischste Krankenhauspersonal, das man sich vorstellen kann. Aber es muss auch nicht alles davon auf jeden Einzelfall zutreffen, um hier in geballter Form geschildert werden zu dürfen.

Letztendlich hat mich „MTTR“ in einen Sog gezogen, dem ich mich nicht entziehen konnte. Sehr plastische und, wie mir die Mütter in der Leserunde, mit der ich das Buch gelesen habe, versichert haben, auch sehr realistische Schilderungen z. B. auch vom Geburtsvorgang fand ich teilweise schwer erträglich. Aber gerade das machte den großen Reiz dieses Buches aus.

Fazit
„MTTR“ ist ein Buch für alle: Mütter, die sich verstanden fühlen wollen. Mütter, die bewusst gegen die beschriebenen Strukturen angehen möchten. Nichtmütter, sie sich in ihrem Nichtkinderwunsch bestätigen lassen wollen. Noch-nicht-Mütter, die vorbereitet sein wollen auf das, was auf sie zukommen kann. Und schließlich werden sich auch alle Lesenden in der einen oder anderen Weise mit der Perspektive von Teresa als Kind (ihrer Eltern) identifizieren können. Ein Buch, das ich damit tatsächlich allen empfehlen kann, weil ich der Meinung bin, dass es jede*n bereichern wird.

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Der Debütroman „Mttr“ von der Kulturjournalistin Julia Friese begleitet die Protagonistin Theresa vom positiven Schwangerschaftstest an bis zum Ende ihrer Elternzeit.

In kurzen und präzisen, teilweise fragmentarischen Sätzen beschreibt die Autorin die turbulenten, ungeordneten Gedanken und neuen Erfahrungen von Theresa. Ein wahrer Gedankenstrom, der den Leser mitreißt.

Das Buch zeigt auf wie übergriffig manche Menschen auf eine Schwangerschaft reagieren. Jeder hat eine Meinung dazu wie man sich in der Schwangerschaft zu verhalten hat, wie man das Baby auf die Welt zu bringen hat, wie mit ihm „richtig“ umzugehen ist und wie man es zu erziehen hat. Weil man das eben so macht. Genau so. Und diese Meinungen werden mitgeteilt. Die passenden Ratschläge gibts meist direkt dazu. Ungefragt. Ungewünscht.

Es geht um die Bedeutung von Mutterschaft und die damit einhergehende Veränderung der Perspektive, Familie und Partnerschaft. Aber auch um Fremdbestimmtheit, Generationskonflikte und Gesellschaftsstrukturen.

Ein mutiges, ehrliches und radikales Buch über ein wichtiges Thema zu dem es viel zu wenig Literatur gibt.

„Mean Time To Recover bzw. auch Mean Time To Repair (abgekürzt jeweils MTTR) wird als die mittlere Reparaturzeit nach einem Ausfall eines Systems definiert. Diese gibt an, wie lange die Wiederherstellung des Systems im Mittel dauert. Sie ist somit ein wichtiger Parameter für die Systemverfügbarkeit.“ -  Alessandro Birolini: Zuverlässigkeit von Geräten und Systemen

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FCK, war das beklemmend! Krass, was Julia Friese da als Debütroman rausgehauen hat.
Ich hatte gewisse Erwartungen an den Roman dank der Lektüre diverser Besprechungen und die sind sind definitiv erfüllt worden.
Der Inhalt lässt sich denkbar kurz und einfach zusammenfassen. Ein Paar wird schwanger und am Ende bekommen sie ein Baby. Aber wer denkt, an diesem Vorgang sei irgendetwas einfach, für den ist das Buch wahrscheinlich nicht das richtige. Oder gerade deswegen.
Ihr findet auf Bookstagram viele, viele gute Rezensionen zu dem Roman, zu Recht. Da kann und will ich gar nichts mehr hinzufügen.

Was bleibt zu sagen? Ja, mir hat das Buch außerordentlich gut gefallen und Friese leuchtet einige Punkte zu Schwangerschaft und Elternschaft grell aus. Das ist wichtig und kann nicht oft genug gesagt werden. Allerdings wird so stark ausgeleuchtet, dass die Komplexität rund um das Thema Schwangerschaft, Mutterschaft, Eltern sein, für mich etwas untergeht.
Was Theresa erlebt ist nur ein Ausschnitt aus der Gefühlswelt, die mit dem Eltern werden einhergeht. Ich gebe zu, dass es wahrscheinlich unmöglich ist, dieser Komplexität gerecht zu werden und es ist gut, sich gewisse Aspekte herauszunehmen.
Manchmal ist der Roman ganz kurz vor dem Moment in Betroffenheits-Voyeurismus abzudriften.

Weiterhin denke ich, dass Frieses Interpretationsvorschlag (internalisierte Nazi-Erziehungsmethoden aus Angst Kinder in unserer Leistungsgesellschaft zu kleinen verwöhnten Tyrannen zu erziehen) nur ein Teil dieses ganzen Themenkomplexes ist. Meiner Meinung nach trägt die tief in unserer Gesellschaft verankerte Misogynie einen weiteren großen Teil zu der im Roman geschilderten Übergriffigkeit bei. Misogynie, die Frauen nur zwei Rollen zugesteht: das zu benutzende Sexobjekt und die unsichtbare kostenlose Arbeit leistende Mutter.
„Mutter sein“ als ultimatives Schimpfwort und Antithese zum normativ gesellschaftlich wertvollen Mann. Mütter sind keine Menschen mehr, Mütter sind Bedürfnisserfüllungsmaschinen, ohne Träume und Persönlichkeit, die gesellschaftlich völlig irrelevant sind. Wer möchte sich da gerne mit identifizieren?
Friese deutet das durchaus an, bleibt aber für meinen Geschmack zu sehr am Generationenkonflikt hängen.

Sprachlich außergewöhnlich umgesetzt, hatte ich ein sehr intensives Leseerlebnis. Friese trifft genau dahin, wo es wehtut. Ein grandioser Roman!

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~ Inhalt ~
In dem Buch geht es um Theresa, die zunächst von ihrer trostlosen Büroarbeit erzählt. Sie geht in die Drogerie, um Schwangerschaftstests und Folsäure zu kaufen. Sie wollen ein Kind. Es folgen Konflikte mit den Eltern und eine Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Verhalten gegenüber werdenden Eltern.

~ Meinung ~
Ich finde den Schreibstil genial. Für mich symbolisiert es Ohnmacht, so als wenn man in Trance ist und plötzlich Sätze bilden muss, die genau das wiedergeben, was man fühlt. Ich habe dieses Buch gebraucht. Es ist klug, eindringlich und legt offen.

Der Leser kommt langsam der eigentlichen Problematik näher - die Mutter. Sie ist toxisch. Will nicht, dass jemand irgendetwas über die Familie weiß. Theresa wird von der Mutter instruiert, mit niemandem über die Familie zu reden. Der Besuch ihrer Eltern bei sich zu Hause geht an die Substanz und verursacht Schmerzen. Da steckt viel Wahrheit, Klarheit und Weisheit drin. Es geht um Konflikte zwischen den Generationen und Lebensentwürfen. Die Baby-Boomer, die das Wirtschaftswunder erlebt haben und doch der Meinung sind, heute sei für die Kinder alles besser. Sie sprechen ihnen jede Sorge, jedes Problem ab. Ihnen muss es nun gut gehen, viel besser als es ihnen ergangen ist. Sie glauben, an allem rummäkeln zu dürfen, was die Kinder anfassen. Übergriffig ist das, könnte man sagen. Immer des Lobes für die anderen, aber nicht für die eigenen Kinder. Es geht auch um die zwischenmenschlichen Verletzungen durch Worte, die immer so dahin geplappert, aber verletzend sein können. All die Verletzungen zwischen den Zeilen, die Eltern ihren Kindern antun. „Vielleicht hättest du doch nicht studieren sollen“, „die XY kümmert sich so gut um ihre Mutter. Du kommst selten vorbei“, „Und ich dachte immer, du bist nicht der Typ zum Kinderkriegen“. Das Buch hatte für mich im mittleren Teil leider den ein oder anderen Hänger. Es wird keine wörtliche Rede verwendet, daher wirkt der Schreibstil wie eine Erzählung.

[kostenloses Rezensionsexemplar]

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Ein großartiges Debüt. Es tut weh, nervt, ist beklemmend und so gut.
Der Einstieg in den Schreibstil ist mir etwas schwer gefallen, aber it grows on you.
Die Übergriffigkeit, die internalisierten Glaubenssätze und mit allem einfach auch ein großes Fragezeichen - das alles ist ein kleiner Ausschnitt in das, was einen erwarten kann, wenn man Mutter (Eltern) wird.
Wirklich ein tolles Buch, das mir immer wieder in den Sinn kam und mich auch nach dem Lesen noch ein Stücken begleitet hat.

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"Weil du ihnen das Gefühl gegeben hast, riesig zu sein, nahmen sie dich winzig wahr."

Theresa ist anfang dreizig. Plötzlich schwanger und findet sich wieder in einer Situation die sie so nicht wollte. Später hatte sie sich das immer vorgestellt, aber will sie denn wirklich abtreiben? Eigentlich auch nicht.

Mttr handelt von unseren gesellschaftlichen Konventionen, von den unterschiedlichsten Eltern-Kind-Beziehungen und natürlich von Theresa, die sich in einer Welt zurechtzufinden versucht, die Ihr Ihren Weg scheinbar schon genau vorgegeben hat.

Ich weiß gar nicht so recht, wie ich meine Rezension zu diesem außergewöhnlichen Buch beginnen soll. Mein Gedanke nachdem ich es beendet hatte war: Hm eigentlich ist ja gar nichts schlimmes passiert, aber wieso bin ich nur so wütend.

Vielleicht kommt diese Wut daher, dass ich dieses in meinen Augen unglaublich übergriffige Verhalten der Menschen um die Protagonistin herum überhaupt nicht nachvollziehen kann. Und obwohl ich selbst keine Mutter bin, kann ich mir durchaus vorstellen, dass es leider viel zu selbstverständlich ist, sich in das Mutter sein anderer einzumischen. Sich ein Urteil über eine Sache zu erlauben, die man überhaupt nicht nachvollziehen kann. Oder von sich auf alle anderen schließt. Dass es, vor allem in Zeiten in denen soziale Medien so präsent sind wie heutzutage, viel zu viele Menschen gibt die es sich herausnehmen wildfremde Menschen zu be- und ihr Verhalten zu verurteilen. Das fängt beim Muttersein an und hört dann nicht mehr auf...

Meiner Meinung nach hat dieser Roman sprachlich und auch thematisch unfassbar viel zu bieten und sollte gerade auch von Menschen gelesen werden, die selbst keine Eltern sind, schon alleine um sich etwas für dieses Thema zu sensibilisieren. Das es nicht in Ordnung ist sich ungefragt in das Leben Anderer einzumischen, dass es nicht in Ordnung ist fremde Babys anzufassen, ohne zuvor um Erlaubnis zu bitten, dass es nicht in Ordnung ist einfach zum Besuch aufzutauchen, ohne dass die/der Andere das möchte. Ich könnte endlos weitermachen und werde vermutlich noch oft in den unterschiedlichsten Situationen an dieses Buch denken.

Aber im Endeffekt möchte ich nur "Danke" sagen für die tollen Denkanstöße und die ungefilterte und authentische Sprache! Es braucht definitiv noch mehr solcher ehrlichen Bücher in dieser Welt.

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Julia Friese schreibt auf eine besondere Art und Weise, mit abrupten Satzenden und teilweise nur einem Wort. Trotz der Knappheit sitzt jeder Satz und ergibt zusammen einen fesselnden Text.
Der Roman kombiniert Tragik, Unterhaltung, Witz und Komik, besonders letzteres. In einer Welt, in der das Kinderkriegen das Komischste zu sein scheint, was einem passieren kann.

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