Parts Per Million

Gewalt ist eine Option | Climate Fiction ganz nah an der Wirklichkeit

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Erscheinungstermin 25.09.2024 | Archivierungsdatum 24.11.2024

Zum Inhalt

Aktuell, kritisch und äußerst spannend. Ein Climate-Fiction-Thriller über die Zukunft des Klima-Aktivismus. Die Autorin Johanna Stromann will einen Roman über Klima-Aktivisten schreiben. Doch die Recherche erweist sich als gefährlich, denn der Staat versucht, die Proteste mit Gewalt zu unterdrücken. Bald ist es Johanna nicht mehr möglich, neutral am Rand zu stehen und nur zu dokumentieren. Im Gegenteil: Ihr geht das alles nicht weit genug. Als ein Großteil der Klima-Gruppen verboten und ihre Mitglieder zu Haftstrafen verurteilt werden, gründet sie zusammen mit den verbliebenen Aktivist*innen die Gruppe „Parts Per Million“, um die Verursacher der Klimakatastrophe zur Rechenschaft zu ziehen. Mit allen Mitteln.

»Das intensivste Buch, das ich seit langem gelesen habe. Wer danach nicht über den Klimawandel nachdenkt, ist wahrscheinlich tot.« Andreas Eschbach

Für Leser*innen von Kim Stanley Robinson, Cory Doctorow oder Andreas Brandhorst

Aktuell, kritisch und äußerst spannend. Ein Climate-Fiction-Thriller über die Zukunft des Klima-Aktivismus. Die Autorin Johanna Stromann will einen Roman über Klima-Aktivisten schreiben. Doch die...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783596708918
PREIS 18,00 € (EUR)
SEITEN 368

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Ganz großes Kino!
Wie gerät ein Mensch in den Sog einer Sache, so sehr, das aus milder Zustimmung, AKtivismus und schließlich Terrorismus wird? Inklusive der totalen Abkehr vom eigegen Leben.
Absolut nachvollziehbar und hochspannend erzählte Entwicklung einer Frau, die eigentlich nur über Klimaktivist*innen recherchieren wollte, um in logischer KOnsequenz letztendlich eine eigene Terrorzelle zu gründen.
Schrecklich nah an unserer Realität und dadurch aufrüttelnd und erschütternd

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Da ich schon einige Bücher von Theresa Hannig gelesen habe, war ich sehr neugierig nach ‚Parts per Million‘, das sich mit dem Thema Klimawandel und vor allem mit der Klimaschutzbewegung auseinandersetzt. Es ist schon ein spannendes Buch, aber vor allem seinen Tiefgang hat mir sehr gefallen.
Die Geschichte wird von Johanna Stromann erzählt. Sie ist eine Autorin und nachdem sie Zeuge davon ist, wie einige Klimaaktivisten, die die Straße blockieren, weil sie auf den desaströsen Folgen des Klimawandels aufmerksam machen wollen, auf brutale Weise von den Autofahrern von der Straße gezerrt werden, fasst sie den Gedanken ein fiktionales Buch über die Klimaproteste zu schreiben. Sie ist Feuer und Flamme, vertieft sich in das Thema, gerät immer tiefer hinein, bis ihre Begeisterung den Überhand nimmt, friedliche Proteste Verboten werden und sie nicht mehr zurück kann.
So könnte man den Inhalt des Buches kurz und knapp beschreiben, aber es gibt so viel mehr. Johanna Stromann, die Hauptprotagonistin war für mich eine ziemlich komplexe Person. Manchmal mochte ich sie und konnte ich ihre Handlungen nachvollziehen, manchmal fand ich sie auch unglaublich unsympathisch. Man merkt halt, dass sie nicht zufrieden ist mit ihrem alltäglichen Leben, in dem sie zur Hausfrau degradiert wird, weil sie Bücher schreibt und damit doch kein Geld zu verdienen sei, so wie ihr Mann ihr das immer wieder vorführt. Als sie dann bei einem Klima-Camp mitmacht und da völlig aufblüht, zur selben Zeit auch merkt, wie die Öffentlichkeit, zum Beispiel die Behörden und die Polizei mit den Klimaschützern umgeht, ist es um sie geschehen. Da bekommt sie das Gefühlt dazu zu gehören. Mehr zu sein als nur die Frau, die sich um den Haushalt kümmert und das weckt etwas in ihr, das sie nicht mehr zurückhalten kann. Auf mich wirkte es manchmal als ob sie eine zweite Jugend erleben wollte. In dem normalen Alltag zurückzukehren ist keine Option mehr. Ihre Familie ist da auch keine große Unterstützung, weil alle so mit sich selbst beschäftigt sind, dass sie nicht mal sehen, was mit Johanna los ist. Sie fühlt sich von ihrer Umgebung unverstanden und alleine gelassen, deswegen ist der Schritt aktiver mit den Klimaschützern mitzuarbeiten nicht allzu schwierig. Da fühlt sie sich Teil einer Gemeinschaft und akzeptiert.
An Johannas Gründe und Motivation habe ich aber nie Zweifel gehegt. Sie ist in der Tat besorgt um die Zukunft der Menschen und was sie alles mit der Natur anstellen. Selbst hat sie eine 14-jährige Tochter und ist sich davon bewusst, dass die Welt für Finja sehr unschön werden wird. Unglaublich toll, aber zur selben Zeit extrem unheimlich fand ich die kurzen Zeitungsartikelüberschriften, die man am Anfang jedes Kapitel lesen konnte. Jedes Mal handeln sie sich von Naturkatastrophen, in denen Gebiete verwüstet werden oder Menschen sterben. Das Gruselige ist aber, dass dies alles keine erfundene Begebenheiten, aber in letzter Zeit passiert sind. Daran merkt man, dass die Katastrophe direkt vor der Tür steht und kann man die Teilnehmer an den Klimaprotesten gut verstehen.
Trotzdem hat mich die Gewalt, die die Aktivisten anwenden komplett abgestoßen. Ich verstehe ihre Verzweiflung und ihre Angst, aber trotzdem muss es meiner Meinung nach andere Wege geben. Das wird in dem Buch auch sehr gut beschrieben. Johanna zum Beispiel erschreckt sich an einem bestimmten Augenblick vor sich selbst und auch bei den anderen Protagonisten merkt man, dass sie eigentlich gar keine Lust darauf haben. Einen anderen Ausweg sehen sie aber nicht mehr, weil das Deutschland, in dem sie leben, sie keinen Raum für friedliche Proteste mehr gibt. Sie werden verboten noch bevor sie etwas gesetzeswidriges gemacht haben. Die Polizei greift mit extremen Gewalt durch, obwohl es gar nicht notwendig sei. Die Art von Gesellschaft, die in dem Buch beschrieben wird, macht mich als Leser Angst und obwohl es ein sehr realistisches Zukunftsszenario ist, hoffe ich trotzdem, dass es nicht so weit kommen wird. Auf jeden Fall wird anhand die ganzen Entwicklung unglaublich gut gezeigt, wie eine Radikalisierung einer Szene beziehungsweise einzelne Menschen vor sich gehen kann.
Dass die Geschichte gut recherchiert und ausgearbeitet wurde, zeigt sich durch das viele Wissen um den Klimawandel und die Klimaproteste, die man während des Lesens erfährt. Man bekommt einen tieferen Einblick in die Organisation der Klimaproteste und lernt verschiedene Protagonisten kennen, die auf unterschiedliche Art und Weise agieren möchten. Einige lehnen Gewalt komplett ab, andere sehen sie als eine Option, wenn nichts anderes mehr geht. Dazu kommt auch noch, dass viele Personen Gewalt unterschiedlich definieren und deswegen für sich selbst unterschiedliche Grenzen setzen. Was ich bei Johanna sehr interessant fand, ist ihr analytisches Vermögen und die Fähigkeit ein Konzept zu erstellen, damit die breitere Öffentlichkeit so angesprochen wird, dass sie sich vor den Klimaproteste nicht mehr verstecken können. Sie steigert so die mediale Aufmerksamkeit, die die Gruppe braucht, während sie ihr Buch schreibt, was dann nach dem Erscheinen auch in aller Munde ist.
Insgesamt ist ‚Parts per Million‘ ein tiefgründiges Buch, das viele verschiedenen Themen anspricht: Klimawandel, Emanzipation, Radikalisierung, politische Missverhältnisse, mediale Einflüsse und die Verzweiflung nichts mehr tun zu können, obwohl man weiß, dass man sich schon mitten in einer alles vernichtende, fast unaufhaltsame Katastrophe befindet, an dem die Menschen selbst Schuld sind. Es ist spannend geschrieben und durch die kurzen Kapitel hat man das Gefühl, das man durch die Seiten fliegt. Das Ende ist phänomenal und hat mir außerordentlich gut gefallen. Meiner Meinung nach ein lesenswertes Buch.

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„Es scheint, als sei alles aus den Fugen geraten, als habe die Welt beschlossen, alle Krisen, Kipppunkte und Disruptionen zur gleichen Zeit auszuprobieren, um das Kartenhaus ein für alle Mal zum Einsturz zu bringen.“ (S.26)

Johanna Stromann ist Autorin, gemeinsam mit Ehemann und Teenager-Tochter lebt sie ein gutbürgerliches Leben. Zwischen Care-Arbeit und Mental Load versucht sie ein neues Buch zu schreiben. Eher durch Zufall wird sie Zeugin einer Klimaprotest-Straßenblockade und der Gewalt an den Aktivisti. Da kommt ihr die Idee ein Buch über den Klimaaktivismus zu schreiben und sie beginnt zu recherchieren. Als Mitglied einer Bewegung erfährt sie am eigenen Leib was es bedeutet, wenn Aktivismus abgestempelt, nicht akzeptiert und mit Gewalt begegnet wird und welchen Gefahren die Gruppe dadurch ausgesetzt ist. Gemeinsam ziehen sie in einen Kampf gegen Klimakiller und Johanna muss sich die Frage stellen, wie weit sie selbst geht.

Theresa Hannig ist eine Autorin, die immer unheimlich viel Recherche in ihre Bücher steckt, das spürt man auf jeder Seite und hat mich schon bei ihrem Vorgänger Pantopia total abgeholt. Für Parts per Million hat sie sich dem wichtigem Thema Klimakrise und dem dazugehörigen Aktivismus gewidmet. Was passiert, wenn Demonstrierende Polizeigewalt erfahren und durch Medien und Politik als Gefahr eingestuft werden? Wie soll weiter gekämpft werden, wohin mit der Wut, wenn pure Ignoranz von Problemen Alltag ist, und was wenn schließlich aus Ignoranz Radikalisierung entsteht? Der Einblick in die Arbeit von Aktivisti, zusammen mit dem rasanten Schreibstil und die Kapitelüberschriften, die mit (wahren) Meldungen zu Klimakatastrophen geschmückt sind, entwickeln einen unheimlichen Sog und machen einen richtigen Climate Thriller daraus. Zwischendurch hätte es mich fast verloren, weil ich mit der Gewalt nicht ganz umgehen konnte, mit dem Ende und besonders mit dem Nachwort der Autorin konnte ich mich aber wieder anfreunden.

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Johanna Stromanns Verleger hatte klargestellt: wenn deine Buchidee eines Klima-Thrillers scheitert, scheitern wir beide. Für seinen kleinen Verlag würde ein Misserfolg den sicheren Bankrott bedeuten. Icherzählerin Johanna hat schon einige Romane veröffentlicht und lebt in bürgerlichen Münchener Verhältnissen mit sehr gut verdienendem Mann und Tochter Finja. Polizei, Klima-Aktivisten und durch deren Aktionen genervte Verkehrsteilnehmer hatten zuletzt mit harten Bandagen gegeneinander gekämpft. Im Gegensatz zu den Klimaschützern, die vermummt auftreten und in Kleingruppen agil handeln, ist Johanna jedoch durch ihr Autorenfoto bekannt und bisher stets mit Realnamen aufgetreten. Ihr sollte klar sein, dass ihre Informanten kaum begeistert sein werden, wenn eine Romanautorin finanziell von ihrem Engagement profitieren will.

In der nahen Zukunft nach dem Ende der Putin-Ära nehmen die Hiobsbotschaften über extreme Wetterlagen kein Ende, jedes Kapitel beginnt mit einer der Meldungen, die uns zu gut aus den Jahren 2023/24 bekannt sind und die die Spannung im Roman hochhalten. Die technische Welt hat sich bis auf Stefan Stromanns plaudernden Telefon-Bot kaum verändert. Besonders der seit Finjas Geburt bei Stromanns schwelende Konflikt um die Verteilung von Erwerbs- und Care-Arbeit wirkte auf mich rückständig. Hatten die drei Familienmitglieder (Finja ist 14!) seitdem keine andere Idee entwickelt als das Modell: wer weniger verdient, muss das Kind versorgen?

Johanna recherchiert, stellt mit Infodumping sprachlich eher lahm meine Geduld stark auf die Probe und bekommt zum Glück die Kurve, als sie den altlinken Berufs-Revolutionär Marcus Heller kennenlernt. Er will, dass Johannas Buch „knallt“, hat offenbar aus den Fehlern von Fridays for Future gelernt und wird mit "Parts per Million" einen völlig neuen Öko-Terrorismus auf die Beine stellen. Sein Denkfehler ist deutlich: Die Vernichtung des Kapitalismus als Haupt-Gegner bleibt ein eher abstraktes Ziel. Wenn agile Kleingruppen Leute von der eigenen Seite nicht mehr identifizieren können, öffnet die Struktur Manipulation Tür und Tor. Gemäßigte Aktivisten könnten an Einfluss verlieren und Marcus würde unkontrolliert eine gefährliche Machtfülle aufbauen. Vor dem Hintergrund der immer schneller drehenden Gewalt-Schraube zwischen Polizei und Aktivisten entscheidet sich Johanna für die Bewegung und ist schon bald gezwungen unterzutauchen …

Fazit
Mit Johanna als Autorin und Icherzählerin bin ich anfangs nur schwer warm geworden und konnte ihr gerade die Autorin nicht abnehmen. Vielleicht ist sie als Figur exakt so beabsichtigt. Sie konnte mich jedoch fesseln, als sich die Frage stellte, wie weit sie zu gehen bereit ist (andere Aktivisten haben keine Familie) und wie sie ihr Leben im Untergrund finanzieren wird. Der Roman entwickelt sich zu einem spannenden Near-Future-Thriller, den ich auch Jugendlichen ab 14 empfehle, die die anfängliche Durststrecke in Kauf nehmen.

4 1/2 von 5 Sternen

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