Elizabeth Finch
Roman
von Julian Barnes
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Erscheinungstermin 03.11.2022 | Archivierungsdatum 05.08.2023
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Zum Inhalt
Der neue Roman Julian Barnes' über eine platonische Liebe und den Tod einer besonderen Frau, der zum Anlass für die tiefere Auseinandersetzung eines Mannes mit Liebe, Freundschaft und Biografie wird.
Neil, gescheiterter Schauspieler, Vater und Ehemann, besucht an der Abenduni eine Vorlesung zur Kultur und Zivilisation und ist fasziniert von der stoischen und anspruchsvollen Professorin Elizabeth Finch. Er hat zwar Affären und Liebeleien, doch prägt das Ringen um ihre Anerkennung sein Leben. Auch nach Beendigung des Studiums bleiben die beiden in Kontakt. Als sie stirbt, erbt Neil ihre Bibliothek und Aufzeichnungen - und stürzt sich in ein Studium Julian Apostatas, der für Elizabeth Finch ein Schlüssel zur Bedeutung von Geschichte an sich war: Der römische Kaiser wollte im 4. Jahrhundert das Christentum rückgängig machen. Wer war Julian Apostata? Und was wäre passiert, wenn er nicht so jung gestorben wäre? Der Schlüssel zur Gegenwart liegt nicht selten in der Verhangenheit, das zeigt dieser kenntnisreiche Roman auf unnachahmliche Weise.
Das Buch ist eine intelligente Hommage an die Philosophie, ein Ausflug in die Geschichte, eine Einladung, selbst zu denken.
Der neue Roman Julian Barnes' über eine platonische Liebe und den Tod einer besonderen Frau, der zum Anlass für die tiefere Auseinandersetzung eines Mannes mit Liebe, Freundschaft und Biografie wird.
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Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783462003277 |
PREIS | 24,00 € (EUR) |
SEITEN | 240 |
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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
eine romantische Stoikerin
Ein neuer Roman von Julian Barnes ist schon etwas besonderes. Er ist einer der wichtigsten englischen Schriftsteller neben Ian McEwan.
Das Buch wird von seiner Erzählart geprägt. Der Erzähler Neil berichtet in bewundernder Art von seiner Dozentin Elizabeth Finch, mit der er sich viele Jahre lang trifft.
Elizabeth Finch, auch nur EF genannt, gibt geschichtliche Vorlesungen für einen Erwachsenen-Fortbildungskurs. Sie ist unkonventionell, originell und bewahrt immer Haltung.
Neil ist eine leicht gescheiterte Existenz. Er war früher Schauspieler, bis er kein Engagement mehr bekommen hatte.
Er sonnt sich ein wenig in Elizabeth Anwesenheit.
Anfangs war ich sehr begeistert, doch mich störte dann, dass man an EF als Leser einfach nicht herankommt. Sie bleibt stets beherrscht und distanziert.
Doch dann gibt es einen Bruch in der Geschichte. EF stirbt und erst durch ihren Nachlaß an Notizbüchern kommt man ihr etwas näher.
Der Mittelteil besteht dann aus einem langen Essay, ausgehend von dem römischen Kaiser Julian und den Äußerungen von Milton, Voltaire und Ibsen.
Im dritten Teil des Buches ist Neil wieder auf den Spuren Elizabeth und versucht ihre Biografie zu rekonstruieren. Aber sie bleibt ein Rätsel.
Man merkt schließlich, dass es in dem Buch auch viel um Neil geht, seine Hoffnungen, Sehnsüchte und Enttäuschungen.
Elizabeth Finch ist ein geschickt gemachter Roman, wie man es von Julian Barnes gewohnt ist.
Barnes schafft die perfekte Balance - geniale Sprache und tolle Denkanstöße. Ich kann es nur weiterempfehlen.
Elizabeth Finch ist Professorin an einer Abendschule. Ihre Schüler bringt sie mit vielen interessanten philosophischen Gedanken in Berührung.
Als sie stirbt vermacht sie einem ihrer Schüler ihre persönlichen Notizen, in die sich dieser vertieft und weiter recherchiert.
Es geht um Julian - den letzten heidnischen Kaiser im 4. Jahrhundert. Was wäre passiert, wenn dieser das Christentum besiegt hätte?
Ist es das Erbe von Elizabeth Finch ein Buch aus den Erkenntnissen zu schreiben?
Mit seinem neuen Roman "Elizabeth Finch" begibt sich Julian Barnes erneut auf eine kulturhistorische Reise. Im Mittelpunkt seiner Erzählung steht die überaus charismatische Professorin gleichen Namens, die der Erzähler Neil bei einem Abendkurs zur Zivilisations- und Kulturgeschichte kennenlernt. Fasziniert von dieser selbstbewussten und sehr "erwachsenen" Frau, entwickelt er eine Art platonische Liebe, die ein Leben lang anhält. Der Roman ist in drei Teile unterteilt. Im ersten wird uns Elizabeth Finch vorgestellt, ihre Art zu unterrichten, ihre philosophischen Ansichten und vor allem ihre Vorliebe für den letzten heidnischen Kaiser Julian Apostata, der das Christentum eindämmen wollte und mit dieser Tat, so Finch, das Abendland vor vielen Irrtümern hätte retten können. Daneben spielt auch die Lehre der Stoiker und des Epitekt eine bedeutende Rolle. Vor allem Epitekts Satz: „Von den Seienden steht das eine in unserer Macht, das andere nicht in unserer Macht. In unserer Macht stehen Urteil, Trieb zum Handeln, Begehren, Meiden, mit einem Wort alles, was unsere eigene Betätigung ist, nicht in unserer Macht der Leib, der Besitz, Ansehen, Würden, mit einem Wort alles, was nicht unsere Betätigung ist." Diese Lehre zieht sich wie ein roter Faden durch Barnes Roman und wird von Neil immer wieder aufgegriffen und in seine philosophischen Gedanken über das Leben Elizabeth Finchs herangezogen.
Den zweiten Teil bildet eine Abhandlung über eben jenen Julian Apostata, mit dem Neil seiner ehemaligen Lehrerin ein Denkmal setzen will, hat er doch nach deren Tod ihre Bücher und Notizen geerbt. Folglich fühlt er sich verantwortlich, zu Ende zu bringen, was sie begonnen hat. Dieser Teil steht für sich und hat an sich nichts mit dem Roman oder seiner erzählerischen Entwicklung zu tun und mich aus diesem Grund auch gestört.
Der dritte Teil wiederum setzt die Handlung des ersten fort und erzählt, wie Neil mit Elizabeths Erbe umgeht und auch, wie andere Kursteilnehmer die Frau, die er bedingungslos verehrt, gesehen haben.
Insgesamt eine lohnende Lektüre, sehr anspruchsvoll und vielschichtig, die sich nicht nur um Themen wie Religion, Philosophie und das Leben an sich drehen, sondern auch um die Liebe und das, was Menschsein ausmachen kann.
Ich hab' Elizabeth Finch in der Originalausgabe schon eine Weile bei mir zuHause liegen gehabt, war aber durch einige mittelmäßige Rezensionen und einen leicht übergewichtigen Stapel ungelesener Bücher (oops) immer dran vorbeigegangen. Da kam die Veröffentlichung der deutschen Ausgabe, in der Übersetzung von Gertraude Krueger, genau richtig.
Das Buch kommt schmal daher, ohne jegliche Schnörkel und Fluff, dafür mit präzisen Sätzen. Es gibt keine ausführliche Einleitung zu den Hauptfiguren, aber durch die gelungene Konstruktion mit den drei Teilen ist das meiner Meinung nach auch gar nicht nötig. Die Leser:Innen wissen implizit, was für eine Figur EF, die "romantische Stoikerin" ist und werden geradezu eingeladen, sich ein eigenes Bild über sie, Neil und auch Julian Apostata zu bilden, gerade und besonders, weil Neil sich als unzuverlässiger Erzähler entpuppt. Manchmal habe ich mich dabei ertappt, quasi wie bei "fill in the blanks" für mich zu fehlen scheinende Handlungspassagen selber zu füllen, wodurch das Buch fast interaktiv und ein ganz individuelles Leseerlebnis wurde. Spannend - das kannte ich bisher so gar nicht.
Beim Lesen konnte ich die Begeisterung Julian Barnes über die geschichtliche Person Julian Apostata, über Philosophie, (nicht deklarierte, an Heiligenverehrung erinnernde) Liebe, Tod und über was-wäre-wenn-Denkexperimente in jeder Seite spüren, und diese Begeisterung hat mich einfach mitgerissen. Der Spagat von klarer Struktur und etwas Mysteriösem, genau wie Elizabeth Finch selbst, hat das Buch für mich zu einem echten Buch-Highlight des Jahres gemacht. Ich werde es bestimmt noch mal lesen.
Der Ich-Erzähler Neil besucht im Abendkurs ein historisches Seminar. Neil ist kein strahlender Held. Er ist als Schauspieler gescheitert, seine beiden Ehen gingen in die Brüche, und seine Kinder bezeichnen ihn mit gutem Grund als „König der unvollendeten Projekte“. Aber die Kursleiterin Elizabeth Finch ist für ihn die ideale Lehrerin. Ihre Methoden und vor allem ihr Wesen fangen Neil ein. EF, wie sie bald genannt wird, ist völlig uneitel, spricht immer frei mit ruhiger und klarer Stimme, hat ihren Vortrag ausgearbeitet im Kopf und strahlt eine Autorität aus, der sich die Studenten nicht entziehen können. Ihre Methode ist die Mäeutik, in bester sokratischer Tradition: sie konfrontiert ihre Studenten mit einem Zitat, z. B. des Stoikers Epiktet, und regt zum Selber-Denken an. „Es ist nicht meine Aufgabe, Ihnen zu helfen. ... Ich bin hier, um Ihnen zur Seite zu stehen, wenn Sie sich im Denken und Argumentieren üben und eine eigene Meinung entwickeln.“ (Pos. 185). Sapere aude! Neil ist fasziniert von dieser intelligenten und souveränen Frau und bleibt ihr ihr Leben lang und auch nach ihrem Tod verbunden. Die Frage treibt ihn um, wer Elizabeth Finch denn nun eigentlich gewesen sei.
Nach ihrem Tod erbt er ihre Unterlagen und versucht hier, Persönliches zu finden – vergeblich. Stattdessen findet er jede Menge Sentenzen und Aphorismen, aber auch Notizen zu einer historischen Gestalt und zu einem Wendepunkt der Geschichte, zu dem EF offensichtlich eine Veröffentlichung plante. Neil beschließt, EFs Arbeit fortzusetzen und den Essay zu schreiben, den sie nicht mehr schreiben konnte. Es geht um den spätrömischen Kaiser Flavius Claudius Julianus des 4. Jahrhunderts n. Chr., den letzten der Claudischen Kaiser, dessen Onkel Konstantin der Große das Christentum neben den bisherigen paganen Religionen zugelassen hatte (Konstantinische Wende). Julian versuchte vergeblich, die Bedeutung des Christentums, das er als Religion des Leidens sah, zurückzudrängen und den fröhlicheren und weltzugewandteren paganen Religionen wieder Bedeutung zukommen zu lassen. Weshalb ihn dann die christlich orientierte Geschichtsschreibung des Mittelalters als „Apostata“, als Ketzer, verunglimpfte, und als Julian Apostata ging er auch in die Geschichte ein.
Barnes lässt seinen Protagonisten der faszinierenden Lebensgeschichte dieses letzten heidnischen Kaisers nachspüren, und der Leser erfährt von Julians Liebe zur Philosophie, seiner religiösen Toleranz, seinen unmäßigen Opferschlachtungen und seiner Auffassung, dass Menschen mit Vernunft und nicht mit Gewalt zu überzeugen seien. Die Todessehnsucht der Christen lehnt er ab, das ist nicht seins, schnell das irdische Jammertal zu verlassen, um in die ewigen Freuden des Himmels zu gelangen! Daher schiebt er dem Märtyrer-Tod einen Riegel vor: niemand wird wegen seiner Religion hingerichtet, sondern er nötigt die Christen, den „langsamen, verschlungenen steinigen Pfad des irdischen Lebens zu gehen“ (Pos. 1258). Eine interessante Biografie!
Neil nimmt auch die Wirkungsgeschichte des Julian Apostata in den Blick, ausgehend von dem Gedicht Swinburnes „Hymne an Proserpina“, in dem der tödlich verletzte Kaiser seine Niederlage gegenüber dem Christentum eingesteht: Du hast gesiegt, o bleicher Galiläer; die Welt ist grau geworden von deinem Atem. Montaigne, Voltaire, Milton, Ibsen, James Joyce, sogar Hitler, der zeitgenössische Autor Butor u. a. befassen sich mit diesem Kaiser und diesem historischen Wendepunkt.
Der Leser wird nun, so wie EF es getan hätte, auch zum Nachdenken angeregt: Was wäre gewesen, wenn nicht der „bleiche Galiläer, sondern das „Heidentum“ gesiegt hätte? Führt ein Weg von diesem Wendepunkt „zu der Gefühlskälte und dem päpstlichen Autoritarismus des christlichen Europa – zum freudlosen schuldbeladenen Protestantismus wie zum korrupten schuldbeladenen Katholizismus“ (Pos. 2278)?
Das Buch ist ein anregender Ausflug in die Philosophie, in die Geschichte und ihre möglichen Alternativen, auch in die Fragen des Umgangs mit unsicheren historischen Fakten. Das Lesen wird zum Vergnügen durch die Ironie und die Respektlosigkeit, mit der Barnes auch „heilige“ Stoffe wie den Märtyrertod betrachtet.
Barnes hat, wie gewohnt, hervorragend recherchiert. Allerdings leiden darunter seine Personen, die man sich gerne lebendiger gewünscht hätte.
Danke, wie immer Klasse. Kurz und eine schöne Sprache. Gerne immer wieder Julian Barnes. Vielen Dank für den Lesegenuss.
Leider abgebrochen. Irgendwie anders als die anderen Barnes-Romane. Bei mir kam leider diesmal keine Gefühle an.
Elizabeth Finch (EF) ist Stoikerin und Individualistin. Sie lebt auf ihre unapologetische Art und Weise, gesellschaftlichen Normen ausweichend, sowohl ihre Weiblichkeit als auch ihre Freiheit aus. Dies empfindet Neil, der an der Abenduniversität eine Vorlesung zur Kultur und Zivilisation besucht, als erhellend wie mysteriös. EF bleibt mehr Mythos als Mensch – obwohl ihre Gespräche und Freundschaft nach der Vorlesung fortgeführt werden.
Neil selbst ist übrigens gescheiterter Schauspieler, Vater und Ehemann – doch, wie er selbst gerne betont: dies ist nicht seine Geschichte.
Als EF stirbt, erbt Neil ihre Bibliothek und Aufzeichnungen – welche ihn auf der Suche nach biografischen Antworten zu ganz anderen unerwarteten Erkenntnissen führen. Über den römischen Kaiser Julian Apostata lesend erfährt Neil, was EF über sich selbst nie verraten, sondern ausschließlich als Frucht von Recherchearbeit erlauben würde zu erkennen.
Zugleich Hommage an die Philosophie und Spiel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, ist der Roman für Fans der Antike und der Ideengeschichte eine ansprechende Lektüre. Ungeduldige Lesende, die einen schockierenden Plot Twist erwarten, werden argumentativ enttäuscht. In diesem schlanken Roman verbirgt sich eine enorme tiefere Ebene, diese darf allerdings ausschließlich als Frucht von intensiver Interpretationsarbeit entdeckt werden.
Für Fans von sprachlich bemessenen, inhaltlich hochgradig komplexen Lektüren birgt „Elizabeth Finch“ also viel Entdeckungsfreude. Wer sich weniger für Antike Philosophie und mehr für Psychologie interessiert, greife jedoch zu einem anderen Barnes.
Ein wunderbar seltsames Buch über wunderbar seltsame Menschen. Definitiv nicht das richtige Buch für jeden, aber mich hat es definitiv positiv überrascht.
Es ist schwer zu sagen, worum es eigentlich geht. Die eigene Geschichte verstehen? Aus dem Leben eine Geschichte machen, um es zu verstehen? Sich selbst durch andere zu verstehen? Unser lieber, manchmal etwas trotteliger, Erzähler jedenfalls versucht, zu erklären, warum eine Dozentin auf ihm so einen großen Eindruck gemacht hat, verrennt sich in Recherche über einen alten römischen Kaiser, der das Christentum bekehren wollte, und. Ähm. Ja. So in etwa. Klingt seltsam (ist es auch), aber irgendwie hat mich der trockene Stil und die lustigen Querverweise (wer sonst hätte den Opferwahn eines Kaisers mit einem Vers aus dem Lied "Well did you evah?" kommentiert?) total fasziniert. Ich habe selten ein Buch so schnell und gerne gelesen, auch wenn manches mir zu hoch war.
Wichtig ist, wer für Geschichte, Mythen, und eine gnadenlose Analyse von Religion nichts übrig ist, sollte das Buch vielleicht besser nicht lesen. Ich muss zugeben, dass ich auch nicht jede einzelne Diskussion/Abhandlung verstanden habe, aber was ich von dem Buch mitnehme ist das, was sein Hauptcharakter mühsam lernen muss: man kann nicht alles verstehen, aber man sollte darüber eigenständig nachdenken.
Die Geschichte eines Studenten und seiner Lehrerin. Eine ungewöhnliche Frau ist Elizabeth Finch. Sie ist außergewöhnlich klug, wortgewandt und eigen. Sie hat keine Angst ihre Meinung kund zu tun und verlangt von ihren Studenten Eigenverantwortung und kritisches Denken. Die beiden haben auch nach dem Kurs ein freundschaftliches Verhältnis und treffen sich regelmäßig. Neil ist von ihr fasziniert und wird nach ihrem Tod ihren schriftlichen Nachlass und ihre Bibliothek erben. Er trägt sich auch mit dem Gedanken eine Biografie über sie zu veröffentlichen. Es ist schwierig diesen schmalen Band von Barnes genau zu charakterisieren. Mir blieben die beiden Figuren etwas unnahbar. Wobei Elizabeth und ihr Wesen mir sehr gut gefiel. Ich hätte gerne noch mehr über sie erfahren. Der Ausflug in die Philosophie gefiel mir auch sehr gut, ich habe eine Menge gelernt.
Wer war Elisabeth Finch? Eigentlich dreht sich der ganze Roman um diese Frage. Nebenbei bekommen wir höchst spannende Einblicke in die Philosophie, kluge Thesen über alles was mit "Mono-" beginnt und allerhand mehr Wissenswertes. Und doch erscheint mir Barnes" Roman seltsam hölzern, was vielleicht an der Übersetzung liegt? EF, wie sie von ihren Schülern genannt wird, diese so überaus kluge interessante Hauptfigur bleibt in der Distanz und ließ mich unberührt. Irgendwie ist die Faszination wie in der Luft erstarrt. Faszinierend und ...seltsam.
«Elizabeth Finch», der neue Roman von Julian Barnes, ist eine ungewöhnliche Geschichte: Es geht dabei um die Liebe, das Leben und die Götter. Und um einen römischen Kaiser. Elizabeth Finch unterrichtet an der Abenduniversität ein Seminar über Kultur und Zivilisation. Sie beeindruckt Erzähler Neil so stark, dass er sich noch zwanzig Jahre nach Abschluss seiner Ausbildung mit seiner ehemaligen Professorin zum Lunch trifft. Nach ihrem Tod vermacht sie ihm ihren Nachlass. Neil setzt ihr ein Denkmal, indem er von ihr erzählt und ihre Schriften herausgibt. Eingestreut in die Erzählung sind weise Zitate der fiktiven Frau Finch – das macht den Roman zur perfekten Lektüre für den Jahresanfang. In meinem 135. Buchtipp sage ich Ihnen diese Woche, warum der Roman irritiert und dennoch beste Unterhaltung bietet.
Elizabeth Finch ist eine fiktive Hochschullehrerin, die an der Abenduniversität in London ein Seminar mit dem «Kultur und Zivilisation» gibt. Sie stellt sich ohne Notizen, Bücher und Nervosität vor ihre Studenten, die alle zwischen Ende zwanzig und Anfang vierzig sind, und führt mit ihnen einen Dialog über – nun ja: Kultur und Zivilisation. Elizabeth Finch ist Stoikerin. Ihr Unterricht ist auf eine ganzheitliche Welterfassung ausgerichtet. Sie selbst übt sich in Gelassenheit und Selbstbeherrschung. Das wirkt in unserer aufgeregten Zeit geradezu wohltuend.
«Es ist nicht meine Aufgabe, Ihnen zu helfen», sagt Elizabeth Finch. Sie sei hier, um zur Seite zu stehen, wenn ihre Schülerinnen und Schüler sich im Denken und Argumentieren üben und eine eigene Meinung entwickeln. In ihrem eigenen Denken ist sie rigoros, ja erbarmungslos, setzt sich aber nie verächtlich über die Ideen und Beiträge ihrer Studenten hinweg, auch wenn sie noch so dürftig oder gefühlsduselig sind. Als Stoikerin ist Elizabeth Finch Selbstmitleid fremd, ja sie findet es vulgär. Sie beschäftigt sich nicht mit sich selbst, sondern mit der Welt und ihrer Geschichte.
Mit ihr beschäftigt sich dafür Neil. Er studiert bei ihr und verehrt sie sofort. Es ist quasi Schülerliebe auf den ersten Blick, wobei es sich beim Schüler um einen geschiedenen, alleinerziehenden Mann handelt. Neil hält auch nach Abschluss seiner Ausbildung den Kontakt mit EF, wie er sie nennt, aufrecht und geht regelmässig mit ihr essen. Die Rechnung zahlte sie, dafür bringt Neil jeweils ein Thema auf. «In ihrer Gegenwart war ich klüger. Ich wusste mehr, ich konnte besser argumentieren; und ich wollte ihr unbedingt Freude bereiten», sagt Neil über die Essen. Oder besser: Schreibt er. Denn der erste Teil des Buchs ist eine Ode an die Lehrerin.
Nach ihrem Tod vermacht Finch ihrem Schüler ihre Bücher und Notizen, darunter viel Material über den römischen Kaiser Julian Apostata. Flavius Claudius Iulianus regierte von 360 bis 363 als Kaiser das römische Reich. In christlichen Quellen wird dieser Julian mit dem Beinamen «Apostata» versehen, also der Abtrünnige, weil er versucht hatte, das Christentum zurückzudrängen und wieder die römischen respektive griechischen Gottheiten einführen und so den aufkommenden Monotheismus mit dem antiken Polytheismus ersetzen wollte. Elizabeth Finch imponiert das, weil ihr alles, was «mono» war, bemitleidenswert vorkommt:
«‹Monotheismus›, sagte Elizabeth Finch. ‹Monomanie. Monogamie. Monotonie. Was so anfängt, kann nichts Gutes sein.› Sie machte eine kurze Pause. ‹Monogramm – ein Zeichen von Eitelkeit. Dito Monokel. Monokultur – Wegbereiter des Sterbens des ländlichen Europa. Ich bin bereit, die Nützlichkeit von Monografien einzuräumen. Es gibt viele neutrale wissenschaftliche Termini, die ich ebenfalls bereit bin, gelten zu lassen. Doch wenn sich das Präfix auf menschliche Angelegenheiten bezieht … monoglott, das Kennzeichen eines Landes, das sich abschottet und sich selbst betrügt. Der Monokini, komische Etymologie und komisches Kleidungsstück. Monopole – und ich meine Monopole, nicht Monopoly – immer eine Katastrophe, wenn man lange genug wartet. Monarchie: ein bemitleidenswerter, aber kein erstrebenswerter Zustand. Gibt es dazu Fragen?›» (S. 19)
Diese Skepsis gegenüber Monotheismus, Monologen und Monotonie steht natürlich im Widerspruch zum Buch, das ganz dieser einen Lehrperson gewidmet ist. Was die etwas sperrige Struktur des Buchs erklärt: Denn formal ist das Buch alles andere also «mono». Ein erster Teil widmet sich dem Porträt von Elizabeth Finch. Im zweiten Teil wertet Schüler Neil den Nachlass seiner Lehrerin aus. Dieser Teil dreht sich stark um den römischen Kaiser Julian Apostata. Im dritten Teil bricht Julian Barnes das Monologische der Darstellung auf: Hier redet Schüler Neil mit ehemaligen Kommilitonen über seine verehrte Lehrerin. Dabei treten die Themen des Buchs offen zutage: Was ist Liebe? Was ein gelungenes Leben? Und es wird klar, dass das Bild, das ich mir von einem Menschen und seinem Leben mache, mehr über mich selbst aussagt als über den Menschen. Kurz: Julian Barnes bietet in seinem Buch ein vertrackt-intelligentes Porträt eines Menschen und seiner Liebe, das uns zum Nachdenken über uns selbst bringt. Was will man mehr.
Julian Barnes: Elizabeth Finch. Roman. Kiepenheuer & Witsch, 240 Seiten, 33.90 Franken; ISBN 978-3-462-00327-7
Lust, auf eine anspruchsvolle Lektüre, die einen zum Nachdenken bringt, und doch für zwischendurch ist? Der Autor Julian Barnes hat es geschafft, mich innerhalb weniger Seiten zu faszinieren, indem er das einfache Leben einer fiktiven Person - Elisabeth Finch - interessant erzählt. Dabei fädelt er geschickt geschichtliche Themen ein, die gepaart mit philosophischen Denkansätzen das Lesen zu einem netten Erlebnis machen. Da Elisabeth Finch Professorin an einer Uni ist, passen die Themen perfekt.
Leider sind die Sätze des Autors derart verschachtelt und lang, dass man durchaus aus dem Lesefluss geraten kann. Wer das aber mag, wird sich bei diesem Buch gut aufgehoben fühlen. Definitiv lesenswert.
Julian Barnes verknüpft die Geschichten zweier völlig verschiedener Persönlichkeiten zu einer kongenialen Geschichte. Auch ohne Julian Apostatas vorher zu kennen, kann man der Handlung gut folgen.
Ein zitierwürdiger Roman für anspruchsvolle Leser:innen.
Elizabeth Finch von Julian Barnes beginnt sehr interessant. Wenn Seniorstudent:innen zu diskutieren beginnen, kommen - wie Barnes am Beginn des Romans beweist - einige bemerkenswerte Beiträge zustande. Der Roman zeigt anfangs auch, dass man eine Figur alleine durch seine Anschauungen und Spekulationen über sie charakterisieren kann, wie es der männliche Protagonist tut.
Leider verflacht der Roman (bei 1/3 des Textes) mit dem Tod EFs wie sie genannt wird. Ich habe es noch einige Seiten versucht, habe aber die Atmosphäre der ersten Seiten vermisst und das Buch abgebrochen.