Die Projektoren

Roman | Ausgezeichnet mit dem Bayerischen Buchpreis 2024

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Erscheinungstermin 28.08.2024 | Archivierungsdatum 27.10.2024

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Zum Inhalt

Der neue Roman von Clemens Meyer: Ein Epos über die Krisen Europas und die Kunst des Erzählens

Von Leipzig bis Belgrad, von der DDR bis zur Volksrepublik Jugoslawien, vom Leinwandspektakel bis zum Abenteuerroman. Schonungslos und rasant erzählt »Die Projektoren« von unserer an der Vergangenheit zerschellenden Gegenwart – und von unvergleichlichen Figuren: Im Velebit-Gebirge erlebt ein ehemaliger Partisan die abenteuerlichen Dreharbeiten der Winnetou-Filme. Jahrzehnte später finden an genau diesen Orten die brutalen Kämpfe der Jugoslawienkriege statt – mittendrin eine Gruppe junger Rechtsradikaler aus Dortmund, die die Sinnlosigkeit ihrer Ideologie erleben muss. Und in Leipzig werden bei einer Konferenz in einer psychiatrischen Klinik die Texte eines ehemaligen Patienten diskutiert: Wie gelang es ihm, spurlos zu verschwinden? Konnte er die Zukunft voraussagen? Und was verbindet ihn mit dem Weltreisenden Dr. May, der einst ebenfalls Patient der Klinik war?

Der neue Roman von Clemens Meyer: Ein Epos über die Krisen Europas und die Kunst des Erzählens

Von Leipzig bis Belgrad, von der DDR bis zur Volksrepublik Jugoslawien, vom Leinwandspektakel bis zum...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783100022462
PREIS 36,00 € (EUR)
SEITEN 1056

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𝒁𝒘𝒊𝒔𝒄𝒉𝒆𝒏 𝑭𝒊𝒍𝒎𝒓𝒐𝒍𝒍𝒆𝒏 𝒖𝒏𝒅 𝑲𝒓𝒊𝒆𝒈𝒔𝒓𝒖𝒊𝒏𝒆𝒏: 𝑪𝒍𝒆𝒎𝒆𝒏𝒔 𝑴𝒆𝒚𝒆𝒓𝒔 𝒎𝒐𝒏𝒖𝒎𝒆𝒏𝒕𝒂𝒍𝒆𝒔 𝑬𝒑𝒐𝒔 „𝑫𝒊𝒆 𝑷𝒓𝒐𝒋𝒆𝒌𝒕𝒐𝒓𝒆𝒏“, 𝑺. 𝑭𝒊𝒔𝒄𝒉𝒆𝒓 𝑽𝒆𝒓𝒍𝒂𝒈, 2024
In der literarischen Welt stößt man selten auf ein Werk, das die Grenzen des Romans so eindrucksvoll auslotet wie Clemens Meyers „Die Projektoren“. Dieses über tausend Seiten umfassende Epos ist nicht nur eine vielschichtige Reflexion über Geschichte, Krieg und menschliches Schicksal, sondern auch eine Hommage an das Kino und die Macht der Erzählung selbst. Meyer, der sich über Jahre hinweg einen Namen als einer der bedeutendsten zeitgenössischen deutschen Schriftsteller gemacht hat, lässt mit „Die Projektoren“ die komplexe und oft brutale Geschichte des 20. Jahrhunderts in einer Collage aus Stimmen, Zeiten und Schauplätzen aufleben.
Der Plot – ein Netz aus Geschichten
Meyers Roman entfaltet sich in verschiedenen Erzählsträngen, die teils lose miteinander verknüpft sind, teils unverbunden nebeneinander stehen. Die zentrale Figur des Cowboys, ein jugoslawischer Partisan, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg als Statist bei den berühmten Karl-May-Verfilmungen verdingt, führt die Leser durch ein von Gewalt und politischen Umbrüchen gezeichnetes Jahrhundert. Der Cowboy, der aufgrund seiner tiefen Verbundenheit zu den Partisanen und seiner unerschütterlichen Loyalität gegenüber dem Kommunismus gezeichnet ist, wird zu einem tragischen Helden. Inmitten des Kriegsgetümmels versucht er, sich und seine Überzeugungen zu retten, während die Welt um ihn herum in Chaos und Zerstörung versinkt.
Parallel zu seiner Geschichte erfahren wir von Georg, einem Neonazi aus der DDR, der sich nach der Wende einer rechtsextremen Gruppierung im Ruhrgebiet anschließt und schließlich im kroatischen Bürgerkrieg kämpft. Auch Georg ist ein Überbleibsel einer Welt, die an ihren eigenen Ideologien scheitert. Seine Geschichte, geprägt von Verrohung und Gewalt, zieht die Leser in die Abgründe des Mensclichen und der Unmenschlichkeit.
Meyer führt uns nicht nur durch die kriegszerstörten Länder Europas, sondern auch durch die Ruinen der Psyche. In einer psychiatrischen Klinik in Leipzig wird die Geschichte eines verschollenen Patienten erzählt, dessen mysteriöse Schriften und prophezeiende Visionen die Wissenschaftler ratlos zurücklassen. Diese und andere Episoden verweben sich zu einem dichten Netz aus Geschichten, die sich auf faszinierende Weise überschneiden und ergänzen.
Ein filmisches Leseerlebnis
„Die Projektoren“ ist kein klassischer Roman – es ist eher ein filmisches Erlebnis in Buchform. Meyer gelingt es meisterhaft, die Atmosphäre von Film und Kino in sein Werk zu integrieren. Er spielt nicht nur mit filmischen Techniken wie schnellen Schnitten und Perspektivwechseln, sondern nutzt das Medium des Kinos als Metapher für das Erzählen selbst. Das Kino ist für Meyer nicht nur ein Ort der Unterhaltung, sondern ein Mittel der Flucht, der Reflektion und der Konfrontation mit der Realität.
Besonders faszinierend ist die Rolle der Karl-May-Verfilmungen in diesem Roman. Meyer verwendet diese Filme, die in den 1960er Jahren in Jugoslawien gedreht wurden, als symbolisches Bindeglied zwischen den Erzählsträngen. Die ikonischen Figuren wie Winnetou und Old Shatterhand werden zu phantasmagorischen Begleitern der Protagonisten, während die reale Gewalt des Balkankrieges unheilvoll in den Hintergrund dringt. In diesen Momenten überschneiden sich Film und Realität auf beängstigende Weise – die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen, und die Verfilmungen werden zu einem Spiegel der historischen Tragödie, die sich vor den Augen der Leser entfaltet.
Figuren im Strudel der Geschichte
Clemens Meyer zeigt in „Die Projektoren“ ein besonderes Gespür für die Komplexität seiner Figuren. Der Cowboy, der als Kind seine Familie im Krieg verliert, kämpft sich durchs Leben – ein einsamer Kämpfer, der zwischen Partisanenromantik und der bitteren Realität gefangen ist. Trotz seiner Loyalität gegenüber dem Kommunismus merkt er, dass die Ideologie, an die er glaubt, ihm zunehmend fremd wird. Als Statist in den Karl-May-Filmen wird er zur tragischen Karikatur eines Helden, der sich in einer Welt wiederfindet, die ihm immer weniger bietet.
Georg, der Neonazi, stellt eine düstere Ergänzung zu Cowboys Geschichte dar. Seine Radikalisierung ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Zerrüttungen im Nachkriegsdeutschland und der DDR. Meyer zeigt eindrucksvoll, wie die Verrohung der Gesellschaft die Psyche junger Männer wie Georg vergiftet und sie zu Gewalttätern macht. Gleichzeitig zwingt Meyer den Leser, einen Blick auf die Verlorenheit dieser Figuren zu werfen, die im Niemandsland der Ideologien gestrandet sind.
Besonders beeindruckend ist die Darstellung der psychischen Zustände der Figuren. Meyer lässt sie in ihre Erinnerungen abgleiten, immer wieder von ihren Traumata eingeholt, während sie versuchen, sich in einer zerstörten Welt zu orientieren. Es sind diese inneren Monologe und Erinnerungsfetzen, die den Roman zu einem so intensiven Leseerlebnis machen. Die Figuren sind keine Helden im klassischen Sinne – sie sind gebrochene Menschen, die versuchen, in einer chaotischen Welt zu überleben.
Ein Kaleidoskop aus Stimmen und Stimmungen
Clemens Meyer beweist in „Die Projektoren“ erneut seine außergewöhnliche sprachliche Kraft. Der Roman ist eine dichte Collage aus verschiedenen Stilmitteln und Stimmen, die teils poetisch, teils lakonisch daherkommen. Meyer wechselt spielerisch zwischen erzählerischen Tonlagen, lässt märchenhafte Elemente in die Handlung einfließen, nur um sie im nächsten Moment mit der brutalen Realität der Kriege und ideologischen Kämpfe zu konfrontieren.
Die unterschiedlichen Schauplätze – von den jugoslawischen Bergen über die Trümmer der DDR bis hin zur psychiatrischen Klinik in Leipzig – sind nicht nur Kulisse, sondern aktive Elemente des Erzählens. Die dichte Atmosphäre, die Meyer schafft, zieht den Leser tief in die Handlung hinein. Man spürt die Kälte der verfallenen Städte, riecht den Rauch der brennenden Dörfer und hört das ferne Echo der Schüsse, die das Schicksal der Figuren bestimmen.
Soziale Kommentare und ironische Brechungen
„Die Projektoren“ ist kein Buch, das sich mit einfachen Antworten zufriedengibt. Meyer zeigt auf subtile Weise die Verstrickungen von Ideologien, Kriegen und der Unmenschlichkeit des Menschen. Seine Figuren sind nicht nur Opfer der politischen Systeme, sondern auch Täter – sie sind in ihrer Verstrickung in die historischen Ereignisse weder unschuldig noch vollständig schuldig. Diese Ambivalenz verleiht dem Roman eine tiefe moralische Dimension.
Gleichzeitig nutzt Meyer ironische Brechungen, um die Absurdität der Geschichte und der Figuren zu unterstreichen. Besonders in den Passagen, die sich mit den Karl-May-Verfilmungen beschäftigen, schimmert eine feine Ironie durch. Meyer zeigt, wie die Verklärung des Wilden Westens in den Filmen auf groteske Weise auf die Realität des Krieges trifft. Der Cowboy, der in seiner Rolle als Statist eine fiktive Welt voller Heldentum und Abenteuer verkörpert, wird in der realen Welt zum tragischen Opfer einer gescheiterten Ideologie.
Fazit: Ein literarisches Meisterwerk – aber nicht für jeden
„Die Projektoren“ ist ein monumentales Werk, das viel von seinen Lesern verlangt. Es ist kein einfaches Buch, das man nebenbei liest – es fordert volle Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, sich auf ein komplexes literarisches Spiel einzulassen. Doch für diejenigen, die sich dieser Herausforderung stellen, bietet Meyers Roman eine reichhaltige und tiefgründige Leseerfahrung.
Clemens Meyer zeigt mit „Die Projektoren“, dass er einer der bedeutendsten Erzähler unserer Zeit ist. Seine Fähigkeit, Geschichte, Film und Literatur zu einem dichten Geflecht zu verweben, ist einzigartig. Die Figuren, die er erschafft, sind nicht nur Charaktere – sie sind Symbole für die großen Themen unserer Zeit: Krieg, Ideologie, Gewalt und das Scheitern der Menschheit an ihren eigenen Idealen.
Für Leser, die sich für historische Romane, komplexe Erzählstrukturen und tiefgründige Charakterstudien interessieren, ist „Die Projektoren“ ein absolutes Muss. Es ist ein Buch, das lange nachwirkt und dem Leser viel Raum zum Nachdenken bietet. Doch auch wenn es seine Längen und einige schwer zugängliche Passagen gibt, bleibt der Gesamteindruck positiv. Clemens Meyer hat mit „Die Projektoren“ ein literarisches Meisterwerk geschaffen.

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