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"Einige Herren sagten etwas dazu"
Die Autorinnen der Gruppe 47
von Nicole Seifert
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Erscheinungstermin 08.02.2024 | Archivierungsdatum 01.02.2025
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Zum Inhalt
Nicole Seifert erzählt die Geschichte der Gruppe 47 aus einer neuen Perspektive: der der Frauen. Ihr Ergebnis kommt einer Sensation gleich. »Einige Herren sagten etwas dazu« macht es zwingend, die deutsche Gegenwartsliteratur neu zu denken, die literarische Landschaft neu zu ordnen.
Es waren viel mehr Autorinnen bei den berühmt-berüchtigten Treffen der Gruppe 47 als Ingeborg Bachmann und Ilse Aichinger, aber sie sind in Vergessenheit geraten, sie fielen aus der Geschichte heraus – wie sich nun herausstellt, hatte man ihnen oftmals gar nicht erst Zutritt gewährt. Und wurden sie miterzählt, dann nicht als Autorinnen ihrer Texte, sondern als begehrenswerte Körper oder als tragische Wesen. Nicole Seifert erzählt von den Erfahrungen der Autorinnen bei der Gruppe 47, von ihrem Leben in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in der BRD und von ihren Werken.
Ein kluges, augenöffnendes Buch, das sofort große Lektürelust entfacht. Schriftstellerinnen wie Gisela Elsner und Gabriele Wohmann müssen neu gelesen, Schriftstellerinnen wie Ruth Rehmann, Helga M. Novak und Barbara König neu entdeckt werden. Ein ganz neuer Blick auf die Gruppe 47 und die Nachkriegsliteratur, der uns bis in die Gegenwart führt.
Nicole Seifert erzählt die Geschichte der Gruppe 47 aus einer neuen Perspektive: der der Frauen. Ihr Ergebnis kommt einer Sensation gleich. »Einige Herren sagten etwas dazu« macht es zwingend, die...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783462003536 |
PREIS | 24,00 € (EUR) |
SEITEN | 352 |
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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
"𝐸𝑖𝑛 𝐺𝑟𝑢𝑛𝑑 𝑓ü𝑟 𝑑𝑎𝑠 𝑀𝑖𝑠𝑠𝑣𝑒𝑟ℎä𝑙𝑡𝑛𝑖𝑠 𝑣𝑜𝑛 𝐴𝑢𝑡𝑜𝑟𝑖𝑛𝑛𝑒𝑛 𝑢𝑛𝑑 𝐴𝑢𝑡𝑜𝑟𝑒𝑛 𝑙𝑖𝑒𝑔𝑡 𝑖𝑛 𝑑𝑒𝑛 𝐺𝑒𝑠𝑐ℎ𝑙𝑒𝑐ℎ𝑡𝑒𝑟𝑧𝑢𝑠𝑐ℎ𝑟𝑒𝑖𝑏𝑢𝑛𝑔𝑒𝑛 𝑑𝑒𝑟 𝑁𝑎𝑐ℎ𝑘𝑟𝑖𝑒𝑔𝑠𝑧𝑒𝑖𝑡, 𝑒𝑖𝑛 𝑎𝑛𝑑𝑒𝑟𝑒𝑟 𝑖𝑛 𝑑𝑒𝑟 𝑡𝑟𝑎𝑑𝑖𝑡𝑖𝑜𝑛𝑒𝑙𝑙𝑒𝑛 𝐴𝑏𝑤𝑒𝑟𝑡𝑢𝑛𝑔 𝑤𝑒𝑖𝑏𝑙𝑖𝑐ℎ𝑒𝑛 𝑆𝑐ℎ𝑟𝑒𝑖𝑏𝑒𝑛𝑠 𝑑𝑢𝑟𝑐ℎ 𝑑𝑖𝑒 𝑚ä𝑛𝑛𝑙𝑖𝑐ℎ 𝑔𝑒𝑝𝑟ä𝑔𝑡𝑒 𝐿𝑖𝑡𝑒𝑟𝑎𝑡𝑢𝑟𝑘𝑟𝑖𝑡𝑖𝑘."
Ich würde am liebsten jede einzelne Zeile von Nicole Seiferts Buch „Einige Herren sagten etwas dazu“ aufführen, weil ich möchte, dass es gelesen wird. Aber dieses Zitat fasst den Inhalt des Buches für mich am besten zusammen. Nicole Seifert berichtet detailliert über die Autorinnen der Gruppe 47, dem Literaturkollektiv, das 1947 gegründet wurde.
In der Nachkriegszeit war es schwer für die Autor*innen, wieder Fuß zu fassen. Viele haben die Gruppe als Sprungbrett genutzt: Eingeladen vom Organisator der Gruppe, Hans Werner Richter, hatte man die Chance, seine Texte zu präsentieren und sich der Gruppenkritik zu stellen. Dabei ist es (leider) nicht verwunderlich, dass das Geschlecht des*der Autor*in mitunter ausschlaggebend für die Resonanz der Texte war.
"𝐴𝑙𝑙𝑒𝑖𝑛 𝑑𝑖𝑒 𝑇𝑎𝑡𝑠𝑎𝑐ℎ𝑒, 𝑑𝑎𝑠𝑠 𝐹𝑟𝑎𝑢𝑒𝑛 𝑎𝑢𝑐ℎ 𝑠𝑐ℎ𝑟𝑖𝑒𝑏𝑒𝑛 𝑢𝑛𝑑 𝑏𝑒𝑖 𝑑𝑒𝑟 𝐺𝑟𝑢𝑝𝑝𝑒 47 𝑎𝑢𝑓𝑡𝑟𝑎𝑡𝑒𝑛, 𝑙ö𝑠𝑡𝑒 Ä𝑛𝑔𝑠𝑡𝑒 𝑎𝑢𝑠."
Ich kann versprechen, dass die Lektüre dieses Buches wütend macht. Wie schon bei „Frauenliteratur“ macht Nicole Seifert auf Missstände der deutschen Literaturlandschaft aufmerksam, bei denen sich die Damenbarthaare sträuben. Frauen werden verdrängt, verrissen und vergessen. Alles zu Gunsten der männlichen Literaten, in deren Weltbild kein Platz für schreibende Frauen ist.
Dieses Buch ist spannende Literaturwissenschaft, die den Scheinwerfer endlich auf die Autorinnen in der Nachkriegszeit richtet. Autorinnen, dessen Namen ich zuvor nicht kannte, da auch in meinem Literaturstudium stets die männlichen Autoren bevorzugt wurden. Meine Leseliste ist lang! Außerdem ist es aktuell so wichtig wie nie, sich mit der (Nach-)Kriegszeit des Zweiten Weltkriegs zu beschäftigen. Die fehlende Aufarbeitung des Nationalsozialismus innerhalb der Gruppe 47 ist augenöffnend!
Sieh´da, die "Gruppe 47", irgendwie immer unantastbar, ist eine Medaille mit zwei Seiten. Frau Seifert gibt uns eine weibliche Literaturgeschichte, in der all die Frauen wieder ans Licht gebracht werden, die bislang in der Unbekanntheit versunken waren. Die kurzen Ausschnitte aus den Romanen und Erzählungen laden zum Weiterlesen und Kennenlernen der verkannten Autorinnen ein. Wer kennt Ruth Rehmann, die tatsächlich mit Günter Grass in einem Atemzug genannt wurde? Eine lohnende Lektüre, um den eigenen Horizont zu erweitern, vergessene Autorinnen kennezulernen und zum Nachdenken anzuregen, inwieweit immernoch eine Diskrepanz zwischen "männlicher" und "weiblicher" Literatur besteht und ob das so sein müsste.
Bereits mit ihrem ersten Sachbuch „Frauen Literatur“ ist es Nicole Seifert gelungen, gleichzeitig zu informieren, wachzurütteln und den Puls vor Wut auf 200 zu bringen. In ihrem neuen Werk „‘Einige Herren sagten etwas dazu‘“ trifft all das wieder zu und die Wut steigt ins Unermessliche. Seifert erzählt von den Autorinnen der Gruppe 47 und zeigt auf, dass eben nicht nur Schriftstellerinnen wie Ilse Aichinger oder Ingeborg Bachmann vor der Gruppe gelesen haben. Insgesamt porträtiert sie 17 Frauen, die zwischen 1947 und 1967 ihre Texte auf den Tagungen der Gruppe vorgetragen haben.
Schnell wird deutlich, dass Autorinnen in der Gruppe 47 einen schweren Stand hatten. Sie dienten als Lustobjekte, ihr Aussehen wurde ebenso kommentiert und diskutiert, wie ihr Verhalten und ihre Texte traten völlig in den Hintergrund. Zudem schienen die anwesenden Herren eher verschnupft zu reagieren, wenn eine Frau mehr Talent zeigte, als sie es selbst vielleicht besaßen und verteilten harsche, bodenlose Kritik. Nicht weniger negativ verhielt sich die Presse, liest man bspw. die teilweise unverschämten Nachrufe auf Autorinnen der Gruppe 47.
Generell schien der männliche Kern der Gruppe einem starren Denken verhaftet, was vielleicht auch erklärt, warum keine Exildichter*innen zu den Treffen eingeladen wurden. Eine Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich war nicht erwünscht – was in einer demütigenden Szene endete, als der jüdische Dichter Paul Celan vor der Gruppe las. Doch zurück zu den Frauen: Sie kamen aus unterschiedlichen Lebenssituationen, viele von ihnen waren jedoch Akademikerinnen. Manche waren zudem Mütter, wie Ingeborg Drewitz, und mussten die Teilnahme im Vorfeld straff organisieren – undenkbar, dass der eigene Ehemann die Kinder hütet. Manche von Ihnen, wie Gisela Elsner, wurden von der Gruppe 47 und ihrem Verlag in eine Rolle gedrängt, die sie nicht erfüllen wollten und rebellierten.
In einem letzten Kapitel zieht Nicole Seifert schließlich ein Fazit und dieses hätte, für mich persönlich, gerne noch etwas länger sein dürfen. Wieder ist ihr jedoch ein Werk gelungen, das den Blick verändert – danke dafür!
Nach ihrem hervorragenden Vorgänger „Frauen Literatur“ widmet sich Nicole Seifert nun den Autorinnen der Gruppe 47. Diese berühmte Gruppe und ihre Treffen, die sich in der Nachkriegszeit der BRD etabliert hat, sind vielen auch heute zumindest ein Begriff. Zum Großteil völlig unbekannt ist allerdings die Geschichte der weiblichen Autorinnen der Gruppe, ihre Erfahrungen und Werke dieser Zeit. Und genau hier setzt Seifert an.
„Einige Herren sagten etwas dazu“ ist ein Stück Literaturgeschichte vom Feinsten.
Nicht nur ist dieses Buch beeindruckend und sorgfältig recherchiert, es ist auch leicht verständlich und man fliegt nur so durch die Seiten und die Geschichten dieser beeindruckenden Autorinnen.
Darüber hinaus gibt die Lektüre einen spannenden Einblick in das Selbstverständnis und die Denkweise der Gruppe 47 rund um ihren Organisator Hans Werner Richter. So wird die mangelnde Aufarbeitung des Nationalsozialismus, das diesbezügliche Schweigen und der bewusste Ausschluss von Autor:innen im Exil ebenso thematisiert wie der ständige und tiefsitzende Sexismus weiblichen Autorinnen gegenüber.
Ganz nebenbei macht Nicole Seifert aufmerksam und neugierig auf die zum Großteil komplett in Vergessenheit geratenen Werke dieser beeindruckenden Autorinnen, die von den männlichen Teilen Gruppe 47 nur allzu häufig auf ihr Äußeres reduziert wurden.
Dieses Buch regt zum kritischen Nachdenken an, darüber wie und von wem Literatur bewertet wird und wie dies bis heute nachwirkt.
Ein beeindruckendes (Sach-)Buch, in dem ich nicht nur viel gelernt habe, sondern dass mich durch den tollen und leichten Schreibstil auch bestens unterhalten hat.
Absolute Pflichtlektüre für alle Literatur Interessierten, aber auch darüber hinaus kann ich dieses Buch nur jedem und jeder ans Herz legen!
„Man erkannte schlicht nicht, was die Autorinnen da taten, auch weil man es aufgrund geschlechtsbezogener Vorurteile und eigener Uberlegenheitsgefühle nicht von ihnen erwartete.“
Die Gruppe 47? Da fallen mir doch gleich ein paar Namen ein: Heinrich Böll, Günter Grass, Martin Walser… und Ingeborg Bachmann! Waren noch weitere Frauen dabei? Nach einigem Nachdenken fällt mir Ilse Aichinger ein.
Wie stand es eigentlich um die Autorinnen bei der Gruppe 47? Gab es noch weitere Teilnehmerinnen als die beiden genannten; die Aushängeschilder der Gruppe? Was haben sie bei ihrer Teilnahme vorgelesen? Wie haben die Zuhörenden (die übrigens fast ausschließlich Männer waren; zumindest die, deren Reaktion festgehalten wurde) reagiert? Und wie wurde das Werk der Autorinnen in der weiteren Rezeption dargestellt?
Nicole Seifert geht all diesen Fragen nach. Sie porträtiert in jedem Kapitel eine oder mehrere Autorinnen der Gruppe 47 in chronologischer Reihenfolge. Sie porträtiert dabei gleichzeitig die gesamte Gruppe. Beleuchtet ihren Hintergrund, ihre Gründungsgeschichte, die wichtigsten und bestimmenden Köpfe. Sie offenbart dabei auch die problematische Einstellung der Gruppe zur NS-Vergangenheit Deutschlands und ihren Umgang mit Exilliteratur.
Es ist nicht nur so, dass der Männeranteil - wie erwartet - überwog. Die wenigen Autorinnen, die eingeladen wurden, hatten es nicht einfach. Manch einer geladenen Frau gelang schon die Anreise nicht oder kaum (weil die patriarchalen Umstände eine Kinderbetreuung erschwerten). Die, die kamen und lasen, wurden von den zuhörenden Herren häufig nicht verstanden, gedemütigt und sexuell bedrängt. Vieles, das die Autorinnen schrieben, schien zu progressiv, zu anders zu neu. Einige der Autorinnen empfand man(n) als Gefahr.
Geschrieben wurde wenig bis gar nichts über die Teilnehmerinnen. Und wenn, dann zunächst darüber, wie sie aussahen und wie sehr sie die typisch femininen Kategorien (Fürsorglichkeit, Bescheidenheit, Attraktivität) bedienten.
Machte eine Frau in ihren Texten und ihrem Auftreten deutlich, dass sie die patriarchalen Strukturen (auch die der Gruppe) durchschaute, beschrieb man sie als gefährlich und berechnend. Ihrer Literatur begegnete man mit Unverständnis und Verachtung.
Eine schüchtern auftretende Frau dagegen wurde sehr auf ihr liebliches Äußeres reduziert und ihre Texte banalisiert.
Viele oder die meisten der Autorinnen der Gruppe 47 sind in Vergessenheit geraten, da sie in der Rezeption und im literarischen Kanon vernachlässigt wurden. Seifert hat sich auf ihre Spuren begeben und zeichnet in ihrem Buch eine extrem spannende und aufschlussreiche Geschichte der Gruppe 47. Und sie bietet uns die Möglichkeit zur (Wieder-) Entdeckung fantastischer Werke und Autorinnen!
Dieses Buch gibt wichtige neue Details zu der Gruppe 47.
Für mich war dieser Einblick komplett neu und
äußerst interessant.
Viele dieser männlichen namhaften Autoren grenzten die Frauen
aus und das allein, da es Frauen sind/ waren.
Es hat mich erstaunt und erschreckt.
Ein wichtiger neuer Einblick in einen Teil der deutschen Literaturgeschichte.
Dass das Patriarchat auch in der Literatur spielt, wissen wir. Wir müssen uns nur Listen von Literaturpreisen, die Pflichtlektüren in der Schule oder die Verkaufszahlen anschauen. Das System spielte auch in der Gruppe 47, DEM Schriftsteller*innen-Treffen der deutschen Nachkriegszeit. Gendern wird hier schon fast zum Euphemismus, wenn wir Nicole Seiferts neuem Buch "Einige Herren sagten etwas dazu" glauben.
Nicole Seifert stellt uns die Frauen und ihr Wirken, ihr Kämpfen um Anerkennung vor und klärt nicht nur über die patriarchalen Mechanismen der Gruppe 47 auf, sondern öffnet auch eine Schatzkiste "weiblichen" Schreibens, die es nun nach und nach (wieder) zu entdecken gilt!
Nicole Seifert begibt sich in ihrem neuen Sachbuch "Einige Herren sagten etwas dazu" auf die Spuren der weiblichen Autorinnen der Gruppe 47, der Treffen von deutschen Autor*innen der Nachkriegszeit. Dabei richtet sie nicht nur zum ersten Mal den Fokus auf diese schreibenden Frauen, sondern auch darauf, wie sie von den Männern in- und ausserhalb der Gruppe missverstanden, ignoriert oder kleingeredet wurden.
Männer haben ja oft etwas zu sagen. Das verhielt sich bei der Gruppe 47, der deutschen Gruppe von Autor*innen der Nachkriegszeit, nicht anders. Doch wie selektiv das Gesagte war und wie wenig Substanz es hatte, wird uns bei der Lektüre von Nicole Seiferts Buch "Einige Herren sagten etwas dazu" nur allzu deutlich.
Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Bloggerin Nicole Seifert geht mehr oder weniger chronologisch auf die Treffen der Gruppe 47 zwischen dem Gründungsjahr 1947, daher auch der Name, und der letzten Durchführung im Jahr 1967 ein. Dabei richtet sie ihren Blick nicht in erster Linie auf die berühmten Herren namens Günter Eich, Günter Grass, Heinrich Böll, Martin Walser, Peter Bichsel oder zuletzt Peter Handke, sondern auf die teilnehmenden Frauen.
Von ihnen kennt man vielleicht Ilse Aichinger oder Ingeborg Bachmann, aber da hörte es bei mir ehrlich gesagt schon auf: Ruth Rehmann, Ingrid Bachér, Ilse Schneider-Lengyel, Ingeborg Drewitz, Barbara König, Gabriele Wohmann, Gisela Elsner, Christine Koschel, Christa Reinig, Griseldis L. Fleming , Helga M. Novak, Elisabeth Plessen, Barbara Frischmut und Renate Rasp? Sagten mir bisher alle nichts.
Erfolgreich und doch verkannt
Wie Nicole Seifert aufzeigt, waren einige wie z.B. Gabriele Wohmann in ihrer Zeit durchaus erfolgreich. Aber auch diese Autorinnen unterlagen während den Treffen dem male gaze - sowohl auf ihre Person als auch auf ihr Schreiben . Auch sie wurden aus der Geschichtsschreibung der Gruppe 47 selber praktisch getilgt. Und auch sie wurden in Bezug auf die Publikation und Rezeption ihrer Werke sowie die Auszeichnung mit Preisen oder Stipendien systematisch benachteiligt, oft schnell wieder vergessen und kaum je kanonisiert.
"In der Selbsthistorisierung der Gruppe und der Literaturgeschichtsschreibung wurden die Autorinnen sogar noch unsichtbarer, weil nur noch die wenigsten Frauen miterzählt wurden." /S. 12
Es geschah also genau das, was Nicole Seifert schon in ihrem Sachbuch "Frauen Literatur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt" so eindrücklich geschildert hat. Nicht nur wurden die Frauen von Organisator Hans Werner Richter seltener eingeladen, wenn sie eingeladen wurden, dann teilweise nur als "Frau von...", ihre Texte wurden nicht verstanden oder es wurde schon gar nicht auf die Inhalte eingegangen. Besonders dann nicht, wenn sie sich Themen wie dem Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen, den Opfern des Nationalsozialismus, dem Andauern nationalsozialistischer Ideen in der deutschen Gesellschaft oder den Schattenseiten des Patriarchats annahmen. Denn die Strategie der Gruppe 47, um eine neue deutsche Literatur zu etablieren, war es, einfach gar nicht mehr über die Vergangenheit zu sprechen. Deutlichstes Zeichen dafür war, dass Exilautor*innen, die vor dem Nationalsozialismus geflohen waren, in der Gruppe unerwünscht waren.
"Man war angetreten als jüngere Generation, die sich von der älteren Generation abgrenzte, ohne sich mit ihr auseinandersetzen zu wollen, und setzte sich – nun selbst die ältere Generation – auch mit der nächsten nicht auseinander." / S. 222
Besonders frappant ist, wie die Herren der Gruppe sowie (meist männliche) Kritiker über die Frauen und ihre Werke sprachen bzw. schrieben, wenn sie es denn taten:
"Immer wieder geht es um die Körper der Frauen und ihr Erscheinungsbild, sie werden als Raubtiere beschrieben, als Undine und Melusine, als Göttinnen, Königinnen, Hexen, in jedem einzelnen Fall geriet der Text in den Hintergrund, spielte oft überhaupt keine Rolle mehr." / S. 225
So werden Ilse Schneider-Lengyel, Elisabeth Borchers und Ingeborg Bachmann zu unheilbringenden Sagengestalten und Gisela Elsner zur schlangenköpfigen Medusa, dem Mischwesen Sphinx oder gleich zu Kleopatra. Wie spannend und gut ihre Texte waren, wie wichtigen gesellschaftlichen Themen sie sich dabei annahmen und wie politisch eigentlich das Private und auch die Literatur sind, geriet darob völlig in den Hintergrund.
Mehr über die Mechanismen und darunterliegenden Gründe lest ihr im Buch von Nicole Seifert.
Fazit
Es könnte sein, dass ihr bei der Lektüre von "Einige Herren sagten etwas dazu" von Nicole Seifert dezent wütend werdet. Aber ihr bekommt auch einen kleinen Einblick in die Schatzkiste des Schreibens deutscher Autorinnen in der Nachkriegszeit, die ihr nun nach und nach entdecken könnt. Ein äusserst lesens- und bedenkenswertes Sachbuch, das einmal mehr deutlich macht, weshalb wir uns weiterhin verstärkt mit weiblichen Autorinnen auseinandersetzen und ihr Schreiben fördern sollten!
Nach „Frauenliteratur“ hat Nicole Seifert nun ein weiteres großartiges Buch zur weiblichen Literaturgeschichte vorgelegt. In ihrem Buch geht es um die Autorinnen der Gruppe 47. „Gruppe 47“ nannten sich die TeilnehmerInnen der deutschsprachigen Schriftstellergruppe, zu der Hans Werner Richter von 1947 bis 1967 in regelmäßigen Abständen einlud. In der Gruppe wurden Texte vorgestellt, vorgelesen, Kritik geübt und sich gegenseitig ausgetauscht.
Die Gruppe 47 wollte insbesondere jungen SchriftstellerInnen eine Plattform bieten. Es ging um das Erneuern der deutschen Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu den bekanntesten Teilnehmern zählen Günther Eich, Heinrich Böll und Günter Grass. Zu den bekanntesten Teilnehmerinnen Ingeborg Bachmann und Ilse Aigner.
Aber die beiden Frauen waren bei weitem nicht die Einzigen. Seifert hat einen Blick auf die Frauen geworfen, die die Gruppe 47 beeinflusst haben bzw. von ihr beeinflusst wurden. In ihrem Buch gibt sie diesen Frauen Raum für ihre Werke und ihr Leben.
Patriarchale Strukturen greifen auch in dieser Gruppe und die Texte der Freuen erreichten in den meisten Fällen nicht die Anerkennung wie die der Männer. Stattdessen wurden die Frauen sexualisiert und ihre Texte abgewertet. Seifert macht ebenfalls deutlich, dass die Männer die Texte teilweise gar nicht verstanden und einordnen konnten. Die Gesellschaftskritik in ihnen haben sie nicht gesehen. Die Texte waren ihrer Zeit voraus und wurden einfach verkannt und nicht weiter hinterfragt.
Das bedeutet für uns wahrscheinlich einen großen Verlust. Wie Seifert am Ende ihres Buches sagt „Was sie wohl geschrieben hätten, (...). Was uns entgangen ist.“ Und zeigt damit auch noch einmal auf, wie wichtig die Stimmen von marginalisierten Gruppen sind.
Ein spannendes Werk über Frauen in der deutschsprachigen Literatur, mit denen wir uns nach ihrem Buch noch weiter beschäftigen sollten. Ich habe beim Lesen schon einige Werke rausgeschrieben und bin dankbar für die Recherchen von Nicole Seifert. Große Empfehlung!
Ein großartiger Einblick in die Innenwelt der Gruppe 47! Natürlich gruselt man sich als Frau heute, wenn man liest, mit welcher Arroganz und Ignoranz die Herren des Worts fantastische (und vielen der männlichen Beteiligten literarisch überlegene) Autorinnen wie Ilse Aichinger auf banale Äußerlichkeiten reduzierten und sich nicht überwinden konnten, sich ernsthaft mit ihren Arbeiten auseinanderzusetzen. Aber wundern tut es einen nicht und erhellend zu lesen ist es auf jeden Fall. Sehr empfehlenswert, nicht nur für Germanistinnnen!
Mit der Gruppe 47 hatte ich mich bisher noch nicht näher beschäftigt, weshalb ich etwas unsicher war, ob dieses Buch etwas für mich ist. Aber wie immer bei Nicole Seifert bin ich begeistert mit neuem Wissen über den viel zu oft sexistischen Buchmarkt und einer sehr langen Liste an interessanten Büchern zum Entdecken/Nachholen aus dem Buch gegangen. Wie früh die besprochenen Autorinnen Themen literarisch behandelt haben, die heute noch relevant sind und wie Feuilleton und Literaturbetrieb dabei gegen sie gearbeitet haben, war super spannend und ist gleichzeitig Ansporn, heutige Autorinnen nicht auch in Vergessenheit geraten zu lassen.
Was für ein wichtiger und spannender Titel im Frühjahrsprogramm! Die gut recherchierten Kapitel lassen sich gut lesen und thematisch ist es wirklich schockierend was in der Literaturwissenschaft/-welt einfach nicht erzählt wurde - bis jetzt...
Von Nicole Seifert
Ich muss ja zugeben, dass ich vor diesem Buch noch nie etwas von der Gruppe 47 gehört hatte und auch viele der Autor*innen mir unbekannt waren.
Alleine deshalb bin ich Nicole Seifert schon sehr dankbar, dass sie dieses Buch geschrieben hat,
Ich fand das Buch interessant und die Geschichte dahinter super wichtig. Stellenweise fand ich es aber trotzdem etwas trocken und langatmig. Ob das am Schreibstil lag oder einfach daran, dass mir Kontext fehlt, das kann ich nicht einschätzen.
Ich würde gerne sagen, dass mich die unsichtbarmachung der Frauen hierbei überrascht hat, aber das systematische unsichtbarmachen von Frauen ist leider damals wie heute Teil des Systems.
Um so dankbarer bin ich, dass hier so viele Namen und Personen nochmal Sichtbarer und präsenter gemacht werden.
Interessante Perspektive auf die Gruppe 47. Die neu gewonnenen Einblicke sind wichtig und sollten unbedingt bei der weitereren Kanonisiereung der Gruppe eine Rolle spielen.
Sehr interessante Lektüre, wenn man am Literaturbetrieb der frühen Bundesrepublik interessiert ist. Nicole Seiferts Recherchen lassen tief hinter die Kulissen der Gruppe 47 schauen.
Einzig die Gendersternchen behindern den Lesefluss und Lesegenuss.
Die Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert hat eine augenöffnende Geschichte über die Rolle der Frauen und ihre Erfahrungen in der Gruppe 47 geschrieben. Vieles lässt einen beim Lesen sprachlos zurück, vor allem die Geringschätzung die den Frauen in der Gruppe entgegenschlug. Viele von ihnen waren über die Maßen gebildet und ausgebildet, waren Wissenschaftlerinnen, Schriftstellerinnen oder Journalistinnen. Ihre Texte, oft herablassend nur als Frauenliteratur eingeordnet und missverstanden, waren, was das Ziel der Gruppe, der Nachkriegsliteratur eine neue Sprache und neues Denken zu vermitteln, mit ihren männlichen Kollegen mehr als auf Augenhöhe. Vergessen oder ganz aus dem Kanon der Literaturgeschichte gestrichen, kann man der Autorin nur danken, die Biografien und Werke ans Licht geholt zu haben. Es macht richtig Lust mehr über die Frauen zu erfahren, wie zum Beispiel über Ilse Schneider-Lengyel, deren Lebensweg mich am meisten beindruckt hat. Unbedingt lesenswert!!!
Hochinteressant, sehr gut geschrieben, für mich ein neuer, unbekannter Blick auf die Gruppe 47 und Lust viele der Autorinnen neu zu entdecken
Wie schon in ihrem Vorgänger leistet Nicole Seifert auch hier wieder äußerst präzise und wichtige Aufklärungsarbeit für die weibliche Literatur. Es ist absolut erschreckend zu lesen, wie Frauen im Literaturbetrieb systematisch verdrängt und ausgegrenzt wurden! Wo wären wir nur als Gesellschaft, wenn man weibliches Wissen und die weibliche Sicht auf die Welt schon viel früher mit einbezogen hätte?! Nicole Seifert schreibt großartig und so, dass man völlig genannt an ihren Zeilen hängt. Danke für dieses Buch und bitte mehr davon!
Wärend der Lektüre kam mir immer öfter der Gedanke, weshalb es eigentlich so viele Männer gibt, die man als Kanon der deutschen Nachkriegsliteratur ansieht, die ihre Gedanken zu Shoah und Weimarer Republik, Kaiserzeit und Diktaturen im allgemeinen in die Welt hinausließen, aber so wenige bis gar keine Frauen, denen die gleiche Bedeutung zugewiesen wird, wie ihren Kollegen. Eigentlich keine richtige Frage, denn Nicole Seifert liefert ein Beispiel für die deutsche Literaturlandschaft warum das so ist.
Frauen und ihre Romane, generell weibliche Perspektiven, sind immer schön hübsch verpackt mit gemeint. Aber kommen sie aus ihrem ihnen zugewiesenen Dasein als Muse und Hausfrau heraus, sind sie Sexualisierung auf der einen Seite und der Zuschreibung als Unbequem, unweiblich etc. auf der andren Seite ausgesetzt.
Mir fiel schnell auf, das ich genau zwei Namen kannte, als ich in das Inhaltverzeichnis schaute. Laut Seifert kein Zufall. Ingeborg Bachmann ist im Grunde sogar die einzige, die ich aus dem Kopf heraus mit der "Gruppe 47" überhaupt in Verbindung gebracht hätte. Und sie ist auch die einzige deren Literatur ich aus eigener Leseerfahrung kenne. Das finde ich tatsächlich auch beschämend. Denn ich würde schon von mir sagen, das ich eine gewisse literarische Bildung besitze...
Trotzdem erinnere ich mich auch selbst an Diskussionen weshalb es keine so "großen" Frauen gibt und weshalb praktisch keine Frau im Deutsch Unterricht gelesen wird. Mein eigener Lesegeschmack wird schnell belächelt und als typisch weiblich abgetan. Männer die gerne lesen, betonten ebenso gerne das sie Literatur lesen... Und werten indirekt gleich mal ab, das alles was ich so lese ja keine Literatur sein könne. (Und meinen sowieso nur das, was sie selbst als "hohe" Literatur einordnen...).
Nicole Seifert beschreibt in ihrem Buch ein Beispiel dafür, weshalb weibliche Perspektiven im deutschen Literaturbetriebt so lange ignoriert wurden. In der Gruppe 47 entschieden Männer über das Stehen und Fallen einer Autorin. Walter Richter beschreibt sowieso viel lieber das Aussehen der Autorinnen, statt ihres literarischen Könnens. Nachrufe auf einige der Autorinnen die nun verstorben sind, geraten selbst im 21. Jahrhundert zur sexistischen Betrachtung auf ein Leben von ernst zu nehmenden Schriftstellerinnen.
Manches hat sich verbessert, keine Frage. Anderes ist aber nach wie vor wie unter den Talaren mit Mief von Tausend Jahren ...
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