Aprikosenzeit, dunkel
Roman
von Corinna Kulenkamp
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Erscheinungstermin 15.09.2023 | Archivierungsdatum 13.02.2024
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Zum Inhalt
Karine ist in Deutschland aufgewachsen, mit armenisch-deutschen Wurzeln, in einer Familie, in der armenische Kultur intensiv gelebt wird. Während des Studiums lernt sie Frederick kennen und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Doch weil er während eines Familienessens nicht für Karine einsteht, als der Genozid an den Armenier*innen geleugnet wird, kommt es zum Bruch.
Die fehlende Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagsrassismus, eine gewisse Orientierungslosigkeit nach dem Studium und ein intensives Gespräch mit ihrer armenischen Großmutter sind Auslöser für Karines spontane Entscheidung, nach Armenien zu gehen und einen Job bei einer kleinen NGO anzunehmen.
Sie findet sich in einem ihr völlig fremden Land wieder, das postsowjetisch, korrupt und patriarchalisch geprägt ist und in dem die Jugend nur zwei Optionen hat: entweder auswandern oder politisch aktiv werden und für Verbesserungen kämpfen. Durch ihre NGO-Kollegin und Freundin Gohar kommt Karine in Kontakt mit der politischen Gruppe Junge Bewegung gegen Korruption. Doch dann wird die Bewegung von einem mächtigen Oligarchen bedroht …
»Aprikosenzeit, dunkel« ist ein aufwühlender und berührender Roman über die Suche nach Identität und Selbstbestimmung. Er bietet darüber hinaus einen Zugang zur Geschichte der Armenier*innen mit aktueller Perspektive.
Karine ist in Deutschland aufgewachsen, mit armenisch-deutschen Wurzeln, in einer Familie, in der armenische Kultur intensiv gelebt wird. Während des Studiums lernt sie Frederick kennen und verliebt...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Paperback |
ISBN | 9783949545412 |
PREIS | 23,00 € (EUR) |
SEITEN | 344 |
Auf NetGalley verfügbar
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
"Aprikosenzeit, dunkel" von Corinna Kulenkamp ist ein fesselnder Roman, der mich von Anfang bis Ende begeistert hat. Der Coming-of-Age-Roman handelt von Karine, einer Frau mit armenisch-Deutscher Familiengeschichte, die nach Rassismuserfahrungen in Deutschland den Weg zurück zu ihren armenischen Wurzeln sucht.
Die authentische Darstellung von Karines inneren Konflikten und ihre Suche nach Identität machen den Roman besonders ansprechend. Kulenkamp beschreibt einfühlsam Karines emotionale Reise, angefangen bei ihrer Beziehung zu einem Mitstudenten in München bis hin zu ihrer spontanen Entscheidung, nach Armenien zu gehen. Diese wird zu einem Wendepunkt in Karines Leben. Die Leserin begleitet sie in ein Land, das durch Korruption und patriarchale Strukturen geprägt ist, was differenziert beschrieben wird. Die Verknüpfung von Karines persönlicher Geschichte mit der politischen und gesellschaftlichen Realität in Deutschland und Armenien hat mir besonders gut gefallen.
"Aprikosenzeit, dunkel" bietet damit nicht nur eine packende Geschichte, sondern auch einen tiefen Einblick in die Geschichte der Armenier*innen. Die Multiperspektivität, gepaart mit Kulenkamps authentischem und leicht zugänglichem Schreibstil aus der Sicht der jungen Protagonistin, macht das Buch zu einem Must-read. Es ist erstaunlich, dass es bisher nicht häufiger besprochen wurde - es ist für mich ein literarischer Geheimtipp! Ich bin gespannt auf weitere Romane aus dem Orlanda Verlag und von der Autorin.
Mein Lese-Eindruck:
Karine ist Deutsch-Armenierin, hat ihr Studium gerade abgeschlossen und muss sich neu orientieren. Daher entschließt sie sich, nach Armenien, dem Land ihrer Vorfahren mütterlicherseits, zu gehen, auch wenn dieses „neue“ Armenien im Osten nicht die eigentliche Heimat ihrer Mutter ist. Sie arbeitet in einer NGO, die von Exilarmeniern finanziert wird, und so lernt sie sehr schnell das Land und seine Eigenarten kennen. Sie fremdelt zunächst, aber im Lauf der Zeit verwächst sie mit dem Land und findet dort ihre Heimat.
Karine trifft auf ein Land, das stark geprägt ist von der sowjetischen Vergangenheit. Nach wie vor bestimmen mächtige russische Oligarchen das politische und wirtschaftliche Leben und verhindern jede demokratische Partizipation und auch jeden wirtschaftlichen Aufschwung. Korruption, Nepotismus und patriarchalische Strukturen beherrschen das Land. Und noch eines kommt dazu: der fehlende Mittelpunkt. Sehr schön beschreibt die Autorin einen Ausflug nahe an die türkische Grenze und den Blick über das Sperrgebiet hinweg nach Ani, der ehemaligen Königsstadt der Armenier. Ani gibt es nicht mehr, die mächtige Kathedrale zerfällt zur Ruine, Ani ist unerreichbar und liegt fern im Dunst. Ein schönes Bild! Karine und der Leser erkennen: Das moderne Armenien kann nur ideell anschließen an seine glanzvolle Vergangenheit, und Armenien fehlt der Identifikationsfaktor eines gemeinsamen historischen Mittelpunkts; diesen Mittelpunkt kann der moderne Präsidentenpalast in Jerewan nicht bieten.
Es ist natürlich schwierig, dem Leser die Strukturen eines Landes ausschließlich durch die Handlung näherzubringen. Die Autorin versucht es durch Dialoge, die jedoch vor allem zu Beginn recht hölzern und sehr bemüht wirken. Das und anderes wird jedoch schnell wettgemacht durch die eindringliche Schilderung der politischen und auch gesellschaftlichen Umbruchsituation, in die Karine hineingerät.
Durch kurze, kursiv gesetzte Zwischentexte wird der furchtbare Genozid zu Beginn des I. Weltkrieges wieder in die Gegenwart gehoben. Mir persönlich hat es gefallen, wie geschickt die Autorin die Mitschuld Deutschlands als Nachfolgestaat des Kaiserreichs in die Handlung hineinflicht.
Der Roman rückt das ferne Armenien nah an seine Leser heran und weckt Verständnis für seine schwierige und so konfliktreiche Lage. Durch die momentanen Ereignisse in der armenischen Enklave Bergkarabach erhält der Roman eine traurige Aktualität.
Ein wichtiges Buch, das neugierig macht auf weitere Bücher der Autorin.
Diesen streckenweise sehr traurigen und eindringlich, aber sehr erhellenden Roman habe ich angefragt und gelesen, weil ich mich für das Schicksal der Armenier*innen früher im Osmanischen Reich und heute sowohl im postsowjetischen Staat Armenien als auch in der Diaspora interessiere. Die beiden Erzählstränge des Romans haben diesem Interesse entsprochen: Zum einen wird in den wiederkehrenden Kapiteln "Erinnerungen an die Wüste" von den grausamen Deportationen der Armenier*innen in die syrische und mesopotamische Wüste erzählt. Was den Menschen dort angetan wurde, ist mit Worten kaum beschreibbar. Im anderen Strang geht es um die Urenkelin von Überlebenden, Karin / Karine, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist und nun, nach dem gelungenen Studienabschluss und einer enttäuschenden Beziehung, nach ihrer eigenen Identität und damit verbunden nach ihrem armenischen Erbe sucht. Bei diesen Entwicklungen verknüpfen sich, auch mit Hilfe zahlreicher Rückblenden, die Erinnerungen ihrer westarmenischen Großeltern und ihr eigenes Erleben in Deutschland und im modernen Armenien miteinander, wo Karine einen Job in einer NGO annimmt und allmählich Fuß fasst, Freundschaften schließt, sich einbringt. Lediglich der Schluss war mir etwas zu pathetisch, und die Liebesgeschichte in Jerewan hätte ich in dieser Form auch nicht unbedingt gebraucht.
Man muss sich zu "Westarmenien" und "Ostarmenien" und den Geschehnissen um den Genozid im Umfeld des 1. Weltkriegs vielleicht ein wenig einlesen, aber die Autorin lässt ihre Figuren auch vieles erklären. Vor allem die unterschiedlichen Ansätze des Umgangs mit dem Völkermord auf politischer Ebene durch die heutigen West- und Ostarmenier*innen, aber auch die aktuellen Schwierigkeiten, mit denen junge Menschen in Armenien konfrontiert sind, wurden facettenreich thematisiert, sodass ich den Eindruck habe, durch diesen Roman sehr viel gelernt und nun ein besseres Gespür für die Geschichte, Situation und Befindlichkeiten von Armenier*innen erlangt zu haben. Dabei konnte die Autorin die aktuellen Entwicklungen in Bergkarabach und dabei mitschwingenden Gefahren für die Republik Armenien noch gar nicht einbeziehen. Hier schaue ich nun noch besorgter auf die politische Situation und frage mich, ob und durch wen der Schutz Armeniens ggf. gewährleistet werden wird.
Ich danke dem Verlag herzlich für das Rezensionsexemplar.
Armenien, damals und heute
Es beginnt mit Erinnerungen an die Wüste. Ein Kapitel, dass die Eindrücke einer Überlebenden des Genozids 1915 vermittelt. Das leitet die Kapitel um Karine ein. Aber zwischen deren Kapiteln kehrt man immer wieder in diese Vergangenheit zurück.
In Deutschland aufgewachsen, doch mit armenischen Wurzeln geht die Protagonistin Karine in die Heimat ihrer Mutter, um für eine NGO zu arbeiten .
An ihrer Seite erlebt der Leser eine andere Welt. Die Hitze, die graue Stadt, Eintönigkeit, dann Ararat, den berühmten Berg.
Sprachlich spielt die Autorin noch nicht in der ersten Liga, aber es gibt Ansätze. Man spürt die Emotionen. Es ist ein interessanter Roman, der deutlich macht, wie schwierig es ist, mit dem Thema Völkermord offen umzugehen.
Das Buch steht natürlich auch ein wenig im Schatten jüngster Ereignisse in Bergkarabach.
Corinna Kulenkamp hat da einen vielversprechendes Debüt vorgelegt.
Karine, die Hauptdarstellerin dieses Romans, wächst zwischen der Traditionen zwei Kulturen auf: Vater Deutscher, Mutter Armenierin. Schon früh fragt sie sich nach ihrer Zugehörigkeit in dem Fall dem armenischen Volk. Nach dem Politikstudium in München ist es für sie klar, sie muss in das Land ihrer Vorfahren gehen, was sie auch mit einer Arbeitsstelle bei einer kleinen NGO in Armenien verwirklichen kann. Ihre Eindrucke von dem Land sind gekennzeichnet nicht nur von der Ortschaften, die sie zu sehen bekommt, sondern vor allem von den Menschen, denen die bei dieser Reise und im Jerewan begegnet. Eins ist klar: Die Mentalität der einfachen Bewohner des Landes ist alles andere, als das, was Karine als Deutsche kennt, wie auch die Lebensbedingungen und Traditionen. In Rückblenden wird das vorherige Leben von der jungen Frau, die sich mit der eigenen Identität und der Geschichte ihrer Vorfahren auseinandersetzt, beleuchtet. Hier wäre die Beziehung zu dem Frederick, ihrem Freund und seiner Familie wichtig, die in diesem Roman von Gedanken des Rassismus, Unverständnis und fehlendem Respekt der Andersartigkeit gegenüber, geprägt ist.
Das wichtige Thema des Romans - Völkermord an Armenier Anfang des 20. Jahrhunderts seitens des Osmanischen Reiches, von Soldaten ausgeführt, von den Mächtigen befohlen, wird stellenweise in Dialogen angeschnitten. Die Gräueltaten dieser Zeit werden am deutlichsten in den Einschnitten aus der Vergangenheit "Erinnerungen an die Wüste" für den Leser sichtbar. Obschon die Autorin sich bemüht, die schwierige Thematik dem Leser recht schonend, dennoch informativ, beizubringen, fände ich es deutlich besser, wenn die Recherche, die vermutlich umfangreich waren, auch in den Roman umfangreich miteinfließen würden, und zwar ausführlicher und in aller Deutlichkeit.
Der Roman bietet einen leicht zugänglichen Erzählstil, spannende Entwicklung und interessanten Einblicke, sowohl in das Leben von Armenier, als auch in den Umgang mit dem Thema des Völkermords. Ich hätte mir einen ausführlicheren Roman gewünscht, da ich finde, so ein großes Thema lässt sich auf 360 Seiten nur bedingt entsprechend behandeln. Auf weitere Bücher der Autorin bin ich gespannt. "Aprikosenzeit, dunkel" ist unbedingt nicht nur für, an dem Thema interessierten, zu empfehlen.