Die Nacht der Bärin

Nach dem Klappentext war mir klar, das ist kein 08/15 Buch, aber damit hatte ich nicht gerettet. Es wird in zwei Erzählperspektiven erzählt.
Jule, scheinbar zum ersten Mal von ihrem Freund misshandelt worden, flüchtet sich nach Hause.
Dort erhält ihre Mutter einen Anruf in dem mitgeteilt wird das wiederum ihre Mutter, zu der kein Kontakt bestand, gestorben ist. Die Reaktion ihrer Mutter irritiert Jule, so besonnen wie sie sie sonst kennt, scheint der Tod ihrer Mutter sie völlig zu bestürzen. Mutter und Tochter machen sich auf in die Vergangenheit und das ein oder andere Geheimnis lässt nicht lange auf sich warten. Ich fand das Buch- obwohl keine leichte Kost- einfach toll. Das Verhältnis zwischen Anna und Maja ist sehr eng und besonders, die Grausamkeit ihres Vaters dagegen versetzt mich in Schrecken. Auch den Konflikt den Jule mit sich austrägt, soll sie ihrem Freund verzeihen??? War es einmalig??? Alles so ehrlich und berührend geschrieben und selbst das Nachwort löst noch eine Gänsehaut bei mir aus. Ein ganz tolles, starkes und wichtiges Buch. Von mir 4,5 von 5 ⭐️

Die Nacht der Bärin von Kira Mohn erscheint bei Harper Collins.

Die 26-jährige Jule flüchtet nach einem Angriff ihres Freundes zu ihren Eltern. Dort will sie in Ruhe entscheiden, wie es weitergehen soll. Am Abend erreicht sie die Nachricht vom Tod ihrer Großmutter, die sie nie gesehen hat, nur von Grußkarten kennt. Als sie gemeinsam mit ihrer Mutter den Nachlass der Großmutter in deren Haus ordnet, tun sich Abgründe auf. Warum erfährt sie erst jetzt, dass ihre Mutter eine kleine Schwester hat? Warum hat ihre Mutter nie über ihre Kindheit gesprochen? Als sie einige Tage später noch einmal zum Haus der Großmutter fährt, erfährt sie durch Gespräche mit Dorfbewohnern von tragischen Ereignissen, die lange zurückliegen.

Kira Mohn hat sich an ein Thema gewagt, das in der Gesellschaft meist totgeschwiegen wird, von den Opfern aus Scham.
Kira Mohn hat einen guten Weg gefunden, sich dem Thema zu nähern, ohne zu werten. Die Handlung ist in Gegenwart und Vergangenheit aufgeteilt, die sich abwechseln. Die Geschehnisse in der Vergangenheit werden aus der Sicht der damals 12-jährigen Maja erzählt, was eine einzigartige kindliche Sichtweise ermöglicht. Durch die Augen der 12-Jährigen werden viele Dinge nur kindlich beschrieben, das nimmt den tragischen Ereignissen die Schärfe. So überlässt die Autorin die Details der Phantasie des Lesers.
Der zweite Strang spielt in der Gegenwart und handelt hauptsächlich von Jule, die ihre eigenen Probleme mit ihrem Freund hat. Sie ist es auch, die durch Funde im Haus der Großmutter und Gespräche mit den Dorfbewohnern die Geschehnisse langsam wie ein Puzzle zusammensetzt.

Fazit: Die Geschichte hat mich kalt erwischt, sehr tief berührt und emotional mitgerissen, so dass ich fast nicht aufhören konnte zu lesen. Besonders gut fand ich, dass die 12-jährige Maja viele der tragischen Ereignisse aus der Sicht eines Kindes erzählt, so dass viele Details meiner Fantasie überlassen wurden. Ein weiterer Pluspunkt für mich war, dass Kira Mohn die Geschehnisse nicht wertet. Ich kann die Geschichte auf jeden Fall weiterempfehlen.

Bedrückende Familiengeheimnisse;
Die Kurzbeschreibung ist korrekt und doch versteckt sich so viel mehr in diesem Buch, als man anfangs ahnt. Erzählt wird aus zwei Perspektiven: Zum einen die jugendlichen Maja, die ihre Familiengeschichte erzählt; zum anderen Jule, die nach einem Streit mit ihrem Freund zu ihren Eltern flüchtet. Es dauert eine Weile, bis einem klar wird, in welchem Verhältnis Maja und Jule zueinander stehen. Es gibt in der Handlung eine gewisse Parallelität in der Vergangenheit und der Gegenwart, doch die Geschichte Majas - aus kindlicher Sicht geschildert - ist so viel krasser und kraftvoller, da Maja das Geschehen zwar beschreiben, aber nicht richtig einordnen kann. Und so wird eine dramatische Familiengeschichte entblättert, die von Gewalt und Sprachlosigkeit geprägt ist. Ich hoffe, die Autorin kann mit diesem Buch einige Personen erreichen und Mut machen, wie sie es in ihrem Nachwort schildert. Ein tolles, wichtiges Buch, dass durch die Perspektivwahl ausgesprochen kraftvoll ist. Der Schreibstil ist einwandfrei und ich war so gefangen von der Handlung, dass ich das Buch in einem Rutsch gelesen habe.