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Lichtungen
Roman
von Iris Wolff
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Erscheinungstermin 13.01.2024 | Archivierungsdatum N/A
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Zum Inhalt
»Du hättest zurücksehen müssen, dachte er, allein um zu wissen, ob sie sich nach dir umgewandt hat.«
Zwischen Lev und Kato besteht seit ihren Kindertagen eine besondere Verbindung. Doch die Öffnung der europäischen Grenzen weitet ihre Lebensentwürfe und verändert ihre Beziehung für immer. Voller Schönheit und Hingabe erzählt Iris Wolff in ihrem großen neuen Roman von zeitloser Freundschaft und davon, was es braucht, um sich von den Prägungen der eigenen Herkunft zu lösen.
Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die gescheite, aber von allen gemiedene Kato zu ihm ans Krankenbett geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die Lev aus seiner Versteinerung löst und den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien einen Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: »Wann kommst du?« Kunstvoll und poetisch verwandelt Iris Wolff jenen Moment in Sprache, wenn ein Leben ans andere rührt, und zeichnet in ihrem großen europäischen Roman das Porträt einer berührenden Freundschaft, die sich als Reise in die Vergangenheit offenbart und deren Leuchten noch lange nachklingt.
»Du hättest zurücksehen müssen, dachte er, allein um zu wissen, ob sie sich nach dir umgewandt hat.«
Zwischen Lev und Kato besteht seit ihren Kindertagen eine besondere Verbindung. Doch die Öffnung...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783608987706 |
PREIS | 24,00 € (EUR) |
SEITEN | 256 |
Auf NetGalley verfügbar
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
Bildstark erzählt
Iris Wolffs Roman Unschärfe der Welt hat mir schon sehr gut gefallen, da war es klar, das ich den neuen Roman „Lichtungen“ auch lesen wollte.
Der Roman spielt wider in Siebenbürgen.
Es geht um eine lange Freundschaft zwischen Lev und Kato.
Die Geschichte beginnt in der Gegenwart und erzählt Levs Erinnerungen bis in seine Kindheit. Zu der Zeit lernt er Kata kennen. Sie wird Malerin.
Mt dribbelstarker Stimme führt uns die Autorin durch die Zeit.
Die Zeit im Banat ist nicht so einfach.
Die meisten Einwohner zieht es in den Westen. Da die Autorin aus der Gegend stammt, versteht sie es gut die Stimmung herüber zu bringen. Ihr Erzählstil ist einfach brillant. Sie kann mich mit ihrer Kunst wieder begeistern.
Der Roman ist ein Stück Zeitgeschichte, die erwähnenswert ist.
Ich kann den Roman wärmstens empfehlen und ich warte auf das nächste Buch von Iris Wolff.
Interessante Erinnerungen verstreut wie Lichtungen.
Diese Erzählung ist eine Rückschau, beginnend bei Kapitel 9 mit der gemeinsamen Rückreise von Kato und Lev als Erwachsene auf einer Fähre. Die Gegenwart - aus der Sicht von Lev, einem mehr introvertiertem, schüchternem Charakter erzählt – beschreibt ihn zusammen mit Kato, der Pflastermalerin, der mutigen Lebens-Künstlerin, in Zürich, seit einigen Wochen unterwegs in Frankreich, Deutschland, Schweiz. In neun Kapitel werden rückwärts wandernd Erinnerungen wie Lichtungen bis in beider Kindertage in Rumänien beschrieben, damals noch hinter dem Eisernen Vorhang zu Zeiten Ceauşescus. Diese Rückblende bietet Einblicke in ihre gegensätzliche Entwicklung während ihrer stillen, tiefgehenden Freundschaft, auch Einblicke in Lev´s Suche nach Identität, Zugehörigkeit, seiner Herkunft zwischen Siebenbürgen-Sachsen, Rumänen und Österreichern als Vorfahren. Eingebaut sind historische Fakten wie das Unglück im Atomkraftwerk bei Kiew, Tschernobyl, familiäre Begebenheiten wie die gefährliche Flucht des Großvaters Ferry in den Westen, Lev´s Arbeit im Sägewerk nebst dortigen Diebstählen und der allgemein knappen Versorgungslage, seiner harten Militärzeit im Tunnel, seiner einwöchigen Kur zusammen mit Ferry. Der Schreibstil ist sehr poetisch, gefühlvoll, teils philosophisch. Die zwei Hauptcharaktere sind in ihrer Gegensätzlichkeit gut beschrieben ebenso das dörfliche und familiäre Alltagsleben mit typischen Traditionen.
Eine empfehlenswerte Lesereise in die Vergangenheit.
Eine um wunderbaren Erzählton geschriebene Geschichte…. Allerdings habe ich immer Schwierigkeiten mit rückwärts erzählten Romanen.
80er in Rumänien und was seitdem geschah
Iris Wolff ist eine Meisterin der Erzählung und auch das neuste Werk ‚Lichtungen‘ reiht sich in die guten Bücher ein. Es geht um eine Freundschaft, um das Heranwachsen in Rumänien zur Zeit des Eisernen Vorhangs sowie das Gehen und Bleiben in unruhigen Zeiten.
Wieder ein Roman der in Siebenbürgen spielt, wo die Autorin selbst groß geworden ist und somit ein sehr reales selbst erlebtes Bild des Ceaușescu-Regime der 80er Jahre wiedergeben kann.
Der Clou an ‚Lichtungen‘ ist die Erzählweise. Rückwärts in 9 Kapiteln, beginnend mit Kapitel 9. Wir lernen Lev und Kato in der Gegenwart kenne und arbeiten uns mit ihnen in ihre Vergangenheit bis in ihre Kindheit in Siebenbürgen.
Es passiert viel und die unterschiedlichen Lebenswege erschließen sich mit all ihrem Ballast nach und nach. Lev, Sohn einer deutschstämmigen Mutter, die sich in einen Witwer verliebt und so auch Levs Zukunft in Rumänien und seiner Mangelwirtschaft verankert. Er lernt als Kind während einer langen Krankheitsphase Kato kennen, die später so schnell es ging Rumänien den Rücken kehrte und in den Westen ging. Wer bleibt und wer geht? Was macht es mit beiden Seiten? Wer leidet unter diesem Schritt und wer profitiert?
Mir hat dieser Roman äußerst gut gefallen. Da er nicht nur eine gute Geschichte erzählt, die tief in die einzelnen Charaktere eintauchen, sondern weil es ein Bild zeichnet einer Zeit und einem sozialistischen Umfeld das meiner Kindheit und Jugend sehr fern war. Ein gutes Stück Literatur, dass uns die Welt wie sie einst war näherbringt.
„Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand.“
In Iris Wolffs Roman "Lichtungen" entfaltet sich die Geschichte zwischen Lev und Kato, deren Verbindung seit Kindertagen besteht. Die Öffnung der europäischen Grenzen beeinflusst ihre Lebenswege und verändert ihre Beziehung grundlegend. Das Rückwärtserzählen von Levs Geschichte ermöglicht es den Lesenden, prägende Ereignisse in seinem Leben nicht mehr zufällig zu mitzuerleben, sondern zu verstehen, wie diese ihn zu Kato geführt haben.
Besonders beeindruckend ist Wolffs poetischer Erzählstil, der die Handlung mit einer nuancierten Atmosphäre durchzieht. Die Einblicke in Levs Arbeitswelt, seine Familie und den Alltag im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien verleihen dem Roman eine facettenreiche Tiefe. Dabei werden auch Nebenfiguren wie Levs Arbeitskollegen ausgearbeitet, was dem Leser eine umfassendere Perspektive auf die Welt der Protagonisten bietet.
Allerdings ist der Roman nicht in erster Linie packend oder spannend, sondern zeichnet sich eher durch eine ruhige Erzählweise aus. Der Leser begleitet Lev geduldig auf seinem Weg und wartet gemeinsam mit ihm darauf, dass das Leben ihn dazu drängt, endlich zu handeln. Insgesamt präsentiert Iris Wolff mit "Lichtungen" eine literarische Arbeit, die durch ihre Sprachkunst und die subtile Darstellung der Figuren und ihrer Umgebung besticht. Es ist eine Reflexion über die Veränderungen im Leben und die Macht der Vergangenheit.
Ein leises, feines Buch. Es beginnt mit der Begegnung mit Kato im Westen. In rückblickenden Kapiteln erzählt Iris Wolff von Levs Leben im Ceausescu-Regime der 80er Jahre. Die Figuren sind dabei zunächst reine Monolithen. Ihre Verbindungen werden so leise und fein gezeichnet, dass sich ihre Beziehungen zueinander und ihre Motive erst nach und nach entfalten. Die lyrische und leichte Sprache macht die Lektüre zu einem großen Vergnügen, und am Ende legt man das Buch mit einem leisen Lächeln aus der Hand und spürt, wie die Geschichte noch lange in einem nachklingt.
Es ist eine ganz besondere Verbindung zwischen Lev und Kato, eine Verbindung, die Lev nicht gewollt hatte und der er doch nicht entkommen konnte. Nach einem Unfall kann Lev nicht laufen und ist in seinem Zimmer, in seinem Bett gefangen. Kato soll ihm die Hausaufgaben bringen. Sie ist eine Außenseiterin – in der Schule und im Dorf. Doch sie kommt jeden Tag zu Lev und es entsteht eine Freundschaft. Später suchen beide ihren eigenen weg und während es Kato in die Ferne zieht, bleibt Lev dort, wo er schon immer war. Aber die Verbindung bleibt über die Postkarten, die Kato von ihrer Reise schickt. Und dann kommt eine Karte aus Zürich: „Wann kommst du?“ Sie treffen sich wieder und die Freundschaft ist immer noch da.
Es ist eine ungewöhnliche Erzählweise, welche die Autorin Iris Wolff hier nutzt. Die Geschichte beginnt mit Kapitel Neun und geht immer weiter zurück in die Vergangenheit, zurück in die Kindheit von Lev. Aber es ist nicht nur Levs Geschichte, es ist auch Katos Geschichte. Iris Wolff erzählt meisterhaft, poetisch und einfühlsam. Sie verwebt die Erinnerungen von Lev mit den politischen Verhältnissen im Rumänien unter Ceaușescu, der Öffnung der Grenzen und den Traditionen der Menschen.
Lev und Kato sind sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Sie nutzt die erste Gelegenheit, um aufzubrechen, frei zu sein und Neues zu erleben. Lev ist eher zögerlich, gibt vor, dass ihn doch einiges zurückhält. Als er nach Katos Abreise eine Fahrradtour macht, mit seinen Brüdern im Wald oder des Militärdienstes im Tunnel arbeitet, immer wieder zieht es ihn zurück nach Hause. Ob Lev und Kato wohl auch Freunde geworden wären, wenn es Levs Unfall nicht gegeben hätte?
Aber auch die anderen Personen sind gut beschrieben und prägend für die Entwicklungen von Lev. Die Menschen um Lev herum wundern sich, dass Lev bleibt. Es braucht erst die Karte mit Katos Frage, die ihn dazu bringt, sein Umfeld zu verlassen.
Mir hat dieser ruhig erzählte Roman um eine besondere Freundschaft sehr gut gefallen.
Lichtungen
Roman
von Iris Wolff
Ein starkes, bildgeqaltiges und poetisches Buch, dass die Geschichte von Lev erzählt, der seine Kindheit in den 80er Jahren in Rumänien -Siebenbürgen- verbringt. Die unterschiedlichen Wurzeln seiner Familie, seines Landes, der Mangel und die eingeschränkte Freiheit prägen Lev und seine Freundin Katho. Beide gehen gegensätzlich mit ihren Erfahrungen um.
Das besondere der Geschichte, wir erleben sie rückwärts. Beginnend mit Kapitel 9 im Hier und Jetzt in Zürich bis zu Kapitel 1 in Levs Kindheit. Sanft und doch sehr eindringlich nähern wir uns dem Kern....
"Lichtungen" setzt sich poetisch-reduziert mit der Frage auseinander, wie viel unserer Identität der Ort und die Personen ausmachen, in denen wir aufwachsen, und was von uns bleibt, wenn wir gehen.
Die Zeitlinien sind nicht immer klar und können verwirren, da aus der Gegenwart Erinnerungen aufgerufen werden.
Als Stück Zeitgeschichte ist das Buch definitiv empfehlenswert, wenn auch es eine etwas anspruchsvolle Lektüre darstellt.
Iris Wolff schreibt unfassbar zart und schön. Die Geschichte um Lev und Kato hat einen besonderen Aufbau- sie ist rückwärts geschrieben und die Autorin bietet hierfür eine simple wie schlüssige Erklärung, die dem Buch vorangestellt ist: wir lernen Menschen genau so kennen.. Im Hier und Jetzt und erst allmählich lernen wir in Fragmenten deren Vergangenheit kennen. Die Erinnerungen beschreibt sie als Lichtungen, was ich ein sehr schönes Bild finde, das auch immer wieder mal im Text auftaucht.
Lev wächst in Rumänien auf, seine Familiengeschichte ist kompliziert. Sie streckt sich auch auf deutsche und österreichische Wurzeln, hat keinen Platz an nur einem Ort. So wie seine Freudin Kato, die er durch einen besonderen Schicksalsschlag in seinem Leben kennenlernt. Sie strebt nach der Welt, fühlt die Grenzen der Heimat erdrückend. Er ist etwas unbeholfen, Stille erfüllt ihre undefinierbare Beziehung mehr als leidenschaftliche Diskussionen. Nach und nach wird der Leser vom Heute behutsam in die Vergangenheit geführt, die Antworten und Aufschluss gibt.
Sehr schön erzählt, mit sprachlichen Highlights und einer wundervollen Geschichte. Einige Leerstellen bleiben, so wie sie auch das echte Leben schreibt. Wann kennen wir einen anderen Menschen schon richtig? Genauso wie plötzlich eine Person keine Rolle mehr spielt, weil Lev sie zu einem früheren Zeitpunkt in seinem Leben eben einfach noch nicht gekannt hat. Da muss man sich erst dran gewöhnen ;)
Hätte gern noch länger sein dürfen, ich wäre auch noch 100 Seiten mehr gern in die Geschichte von Lev und Kato abgetaucht.
Ein Buch, das von der poetischen bezaubernden Sprache von Iris Wolff getragen wird. Das Buch beginnt mit dem 9. und letzten Kapitel. Es ist die Geschichte des Wiederfindens einer großen Liebe. Lev reist nach Zürich, wohin die Straßenmalerin Kato ihn eingeladen hat. Die beiden verbindet eine lange gemeinsame Geschichte, die Wolff von hinten nach vorne erzählt. Kapitel für Kapitel gehen wir mit Lev in seiner Lebensgeschichte zurück, an deren Anfang ein großer Verlust steht.
Ein warmherziges Buch, das ich gerne empfehle.
Lev und Kato haben seit jeher eine besondere Verbindung zueinander. Als Lev über viele Tage ans Bett gefesselt ist, wird Kato die gescheite aber von allen gemieden zu ihm geschickt, um die Hausaufgaben abzugeben. Da beginnt eine unverbrüchliche Verbindung der beiden. Dies bietet ihnen im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien Halt. Lev ist im Ort geblieben, während Kato vor Jahren in den Westen ging. Ihm sind nur ihre Postkarten geblieben. Bis zu dem Tag, als er eine Karte aus Zürich erhält und darauf stand nur ein Satz: Wann kommst Du? Diese Geschichte schildert sehr eindrücklich eine Freundschaft aus Kindestagen und einem Aufbruch in eine veränderte Welt. Dies durch die Öffnung der Grenzen innerhalb Europas. Das Lesen der Geschichte ist spannend und sehr eindrücklich. Es wird sehr eindrücklich geschildert, was es braucht, um sich von einer behüteten Lebensweise der Herkunft zu lösen. Dieses Buch empfehle ich gerne weiter.
"𝑍𝑤𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑛 𝐺𝑒𝑠𝑡𝑒𝑟𝑛 𝑢𝑛𝑑 𝑀𝑜𝑟𝑔𝑒𝑛 𝑔𝑖𝑏𝑡 𝑒𝑠 𝑛𝑢𝑟 𝑒𝑖𝑛𝑒 ℎ𝑎𝑢𝑐ℎ𝑑ü𝑛𝑛𝑒 𝑆𝑐ℎ𝑖𝑐ℎ𝑡."
Lichtungen war mein erstes Buch von Iris Wolff und ich bin sehr begeistert von ihrem Schreibstil! Die Geschichte von Lev (und Kato) fühlt sich ein bisschen verwunschen an, ein bisschen wie ein Märchen oder eine Sage. Es hat eine bestimmte Stimmung, die ich nicht wirklich beschreiben kann. Es ist außerdem das erste Buch, das ich in gelesen habe, das in Rumänien spielt und das war auch eine sehr schöne Leseerfahrung!
Besonders an diesem Buch war die rückwärtsgerichtete Erzählweise. Wir starten mit Kapitel Neun und reisen rückwärts durch die Zeit, zurück in Kapitel Eins. Das hat mir sehr gut gefallen, auch die Begründung der Autorin, dass es wie eine Erinnerung ist.
Neben dem tollen Schreibstil und der besonderen Erzählweise ist der Inhalt der Geschichte eigentlich ziemlich bedrückend, auch wenn man weiß, dass es in der Zukunft ein bisschen mehr Hoffnung für Lev und Kato gibt als in der Vergangenheit. Lev war nach einem Unfall eine Zeit lang ans Bett gefesselt, und so lernt er auch Kato besser kennen, die im Dorf als Außenseiterin behandelt wird. Die Beziehung der beiden bleibt für mich aber immer ein wenig ungreifbar und zu undefiniert, was wahrscheinlich auch durch die Zeitsprünge kommt.
Es gibt keinen offensichtlichen roten Faden, der die Kapitel zusammenhält. Wir haben den POV von Lev, der innerlich immer auf der Flucht vor sich selbst zu sein scheint. Ich konnte leider keine engere Bindung zu ihm oder zu Kato aufbauen, auch weil mir ein wenig die Spannung gefehlt hat.
Empfehlen kann ich das Buch aber auf jeden Fall, allein weil es eine einzigartige Leseerfahrung ist. Deshalb runde ich auch auf 4 Sterne, da ich sicher bin, dass mich die Stimmung des Buches noch eine Weile begleiten wird.
3,5/5 Sterne
Als Levs deutschstämmige Mutter Sis sich als 18-Jährige in einen rumänischen Witwer mit drei Kindern verliebt, ahnt sie nicht, wie stark diese Begegnung das Schicksal ihres einzigen Sohnes im sozialistischen Rumänien der 80er des vorigen Jahrhunderts bestimmen würde. Lev wächst im rumänischen Umfeld innerhalb des Vielvölkerstaats auf, in dem Begegnungen mit Fremden mit der Frage nach Heimatort und Nationalität eingeleitet werden. Seine rumänische Großmutter hielt sich aufgrund ihrer Nationalität und der Lage ihres Häuschens am Hang schon immer für etwas Besseres.
Mit seiner Mitschülerin Kato tritt eine Außenseiterin in Levs Leben, die wegen Vernachlässigung durch ihren alleinerziehenden Vater im Dorf ausgegrenzt wird. Als Kato ihn Jahre später mit einer Postkarte auffordert, zu ihr nach Zürich zu reisen, haben Deutschstämmige mit Geduld und „Valuta forte“ längst die Ausreise in die Bundesrepublik oder nach Österreich beantragt. Obwohl seine Mutter und sein Chef Imre ihm zuredeten, das Land zu verlassen, war Lev geblieben. Unbewusst muss er geahnt haben, dass die die gehen, die Gebliebenen in erhebliche Schwierigkeiten bringen können. Der Schlüssel, den er mit Kato austauscht, symbolisiert Dinge, die man zurücklässt, ohne zu wissen, ob man zurückkehren kann. Zürich, wo Kato als Straßenkünstlerin lebt, zeigt sich dem Besucher zunächst abweisend, nicht nur die deutsche Sprache sind Lev fremd.
Ausgehend vom Treffen mit Kato im Westen erzählt Iris Wolff zeitlich und in der Kapitelnummerierung absteigend aus Levs Leben im Ceaușescu-Regime der 80er Jahre. Die Figuren treten zunächst als unbeschriebene Blätter auf; ihre Beziehungen und Motive entfalten sich erst allmählich. An der überschaubaren Anzahl Figuren gemessen, wirkt beim Lesen das Warten auf die Verbindungen teils zu kompliziert. Die umgekehrte Erzählrichtung schärft jedoch die Aufmerksamkeit für Unausgesprochenes. Wer in einer Mangelwirtschaft alltägliche Dinge nur auf Umwegen „besorgen“ kann, gefährdet sich selbst, Beschaffer und Mitwisser. Unwissenheit kann in einer Diktatur daher lebensrettend sein.
Iris Wolff schreibt dicht, poetisch und mit beeindruckender Symbolkraft. Beziehungen, der Wald, Arbeit, Tiere, Erinnerungsstücke, alles hat seinen festen Platz im Turnus von Fortgehen, Verlassen, Bereuen und Zurückkehren.
!ein Lesehighlight 2024!
Klappentext:
„Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die gescheite, aber von allen gemiedene Kato zu ihm ans Krankenbett geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die Lev aus seiner Versteinerung löst und den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien einen Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: »Wann kommst du?«.“
Ich bin ganz ehrlich, ich bin ein großer Fan von Autorin Iris Wolff. Ihre Bücher sind stets besonders und ihr Schreibstil ist anders und ja, da trifft einfach das Wort „herausragend“ zu. Sie sticht stets aus der Masse und so auch mit ihrem aktuellen Buch „Lichtungen“. Was erwartet den Leser nach dem Klappentext? Eine Geschichte die mit dem Ende beginnt. Wir lesen vom Schluss bis zum Anfang. Allein das ist außergewöhnlich aber ich muss klar sagen, ich empfand es eher als Rückblicke in die Vergangenheit und dadurch nunmal mehr als passend. Die Kapitelnummerierung spielte für mich weniger eine Rolle, sondern vielmehr die Sichtweise und die Wechsel dieser zwischen den Personen. Wie gesagt, wissen wir bereits durch den Klappentext um welche Situation es geht und Wolff nimmt uns gekonnt an die Hand in diese Geschichte einzutauchen. Sicherlich muss man sich stark auf die Story konzentrieren und einlassen um den Faden nicht zu verlieren, da hier und da die Personen bzw. auch Zeiten ungenau zu definieren sind. Dennoch ist der rote Faden schnell sichtbar. Durch den sehr bildhaften Schreibstil der Autorin und ihre Schilderungen, dürfen wir tief in die Geschichte Rumäniens eintauchen aber auch in die Emotionen unserer Protagonisten. Die Beschreibungen über die Entstehung dieser Freundschaft und ihren Verlauf ist wahrlich ein Genuss. Steckt Klischee mit drin? Keineswegs. Wir werden immer mit einer gewissen Distanz zu den Personen gehalten, jede darf sich frei entwickeln und auch wenn es nach Klischee scheint, so wählt Wolff immer den richtigen Ton und das richtige Wort um dies nicht entstehen zu lassen. Die Herkunft der beiden Figuren, Lev und Kato, prägte sie fürs Leben tief und es ist eine echte Freude dieser Thematik zu folgen. „Geschuldet“ ist das der eigenen Erfahrung unserer Autorin. Somit steckt auch eine spezielle gewisse persönliche Note in dieser Geschichte. Sie schmückt dennoch die Geschichte nicht zu intensiv aus. Man könnte hier und da von minimalitischem Sprachstil sprechen bzw. von einer gewissen Kühle, dennoch tauchen wir Leser in eine pittoreske Erzählung ein, die Bilder aufkommen lässt, die Protagonisten erzählen lässt und wir einfach genießen dürfen.
Fazit: Egal ob inhaltlich oder sprachlich, diese Geschichte ist grandios und ein echtes Highlight! Iris Wolff hat ihren ganz eigenen Stil und genau das ist es, was diese Autorin so unverwechselbar macht! 5 Sterne hierfür!
Zum Inhalt:
Ausgerechnet die von allen gemiedene Kato wird zu Lev geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein und doch entsteht zwischen ihnen eine starke Verbindung, die ihnen Halt bietet. Später ist Lev immer noch in Rumänien, Kato längst im Westen und Lev bekommt nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa und dann kommt eine ganz besondere Karte aus der Schweiz.
Meine Meinung:
Es gibt Bücher, die sind einfach anders und berühren sowohl durch die Geschichte als auch durch den besonderen Schreibstil. Das hier war genau so ein Buch. Ein Buch über Freundschaft, über das Leben in einem Land, in dem das Leben alles andere als leicht ist. Zudem fand ich es sehr außergewöhnlich, dass man quasi mit dem Ende der Geschichte beginnt, das brachte eine besondere Stimmung ins Buch, was mir extrem gut gefallen. Das Buch ist sehr emotional und berührt sehr.
Fazit:
Sehr ungewöhnlich
In einer wunderbaren Sprache nimmt uns die Autorin mit in ihre Heimat nach Rumänien. Sie stellt uns viele unterschiedliche Personen mit ihren unterschiedlichen Lebenswegen vor. Durch Beschreibungen der verschiedenen Landschaften werfen wir einen neuen Blick auf ein überraschendes Land.
Eine schwebende Magie liegt in Iris Wolffs Worten, die Erinnerungstechnik hat mich eingesaugt in die Leben von Lev und Kato. Kapitel für Kapitel erschließt sich der Sinn, fügen sich Zusammenhänge und Sinn zusammen, beginnt man zu verstehen. Wunderschön, einzigartig. Ich bin, trotz der Tragik, verzaubert.
Der Roman Lichtungen erzählt die Geschichte von dem Mädchen Kato und dem Jungen Lev, die beide in Rumänien leben. Das besondere an dem Roman, die Geschichte wird vom Schluss aus rückwärts erzählt. Daran musste ich mich erst gewöhnen, manches erscheint dadurch unverständlich und löst sich erst am Schluss auf.
Die Sprache von Iris Wolff hat mir sehr gut gefallen, sehr berrührend, poetisch und teilweise etwas rätselhaft. Als ich am Schluss angekommen war musste ich allerdings den Anfang nochmal lesen, sonst hätte sich mir die Geschichte nicht ganz erschlossen. Mir hat der Roman sehr gut gefallen.
In ihrer so eigenen, wunderbaren Sprache hat Iris Wolf erneut einen großartigen Roman verfasst. Absolut lesenswert!
Der neue Roman erzählt die Geschichte von Kato und Lev oder sollte ich besser schreiben, von Lev und Kato? Die beiden kennen sich seit Kindertagen in Rumänien, die Grenzöffnungen in Europa verändern sie, ihre Lebensentwürfe und ihre Beziehung zueinander.
Iris Wolff, Jahrgang 1977, ist in Hermannstadt/Siebenbürgen geboren. Sie hat Germanistik, Religionswissenschaft und Grafik & Malerei in Marburg an der Lahn studiert und lebt als freie Autorin in Freiburg im Breisgau.
„Lichtungen“ ist der erste Roman, den ich von der mehrfach ausgezeichneten Iris Wolff gelesen habe. Sie erzählt die Geschichte von Lev und Kato in einer sehr berührenden Art und Weise. Wir lernen die beiden kennen, als sie sich nach Jahren wieder treffen. Die Autorin erzählt diesen Roman chronologisch, jedoch rückwärts, so, wie wir Menschen kennen lernen. So ist manches erst verstehbar, wenn die letzte Seite gelesen ist. Iris Wolff hat eine poetische, eine wunderbare Sprache gefunden, um die Beziehung zwischen den beiden zu verdeutlichen. Was wir erfahren, ist bedeutsam, bedeutsamer jedoch empfinde ich das, was zwischen den Zeilen steht, was die Lesenden nur erahnen können.
Fazit: ein wunderbarer Roman, auf den man sich einlassen muss
Ein wunderschönes Buch was man rückwärts liest. Es ist immer ein Abschnitt der beschreibt wieso es im vorherigen Kapitel dazu gekommen ist. Wunderbar geschrieben. Sachlich aber voller Emotionen. Bildlich. Es war sehr schön. Ich habe es genossen das Buch zu lesen. Zwar wusste man irgendwie wie es ausgeht aber man hat sich doch immer wieder gefragt wieso. Ein toller Schreibstiel.
Lichtungen hat mir sogar besser gefallen als Die Unschärfe der Welt. Lev und Kato haben eine lange gemeinsame Geschichte, die in der Kindheit beginnt. Beides sind Außenseiter im kleinen Dorf, in dem sie leben, aber ihr Leben bewegt sich in unterschiedlichen Bahnen, nach der Öffnung der rumänischen Grenze. Kato möchte Reisen und ihren eigenen Weg gehen, während Lev in Rumänien bleibt und weiterhin im Sägewerk arbeitet.
Ein zu Herz gehendes Buch - zu gerne möchte man erfahren, wie die Geschichte weiter geht!
Ein absolutes Highlight.
Wieder hat mich die Sprache begeistert wie auch schon bei den Vorgängern. Auch die Geschichte war interessant und besonders.
Gesang der Amsel
Wann kommst du?, lautet der Satz, der Lev nach Zürich holt. Er wird seine Jugendfreundin Kato wiedertreffen. Schon als Kinder haben sie sich kennengelernt. Damals war Lev krank und Kato wurde an sein Krankenbett geschickt, um ihm die Aufgaben zu bringen. Gerade Kato, die von den anderen etwas schräg angesehen wurde. Doch Lev merkt schnell, Kato hat einen wachen Geist und für diese Außenseiterposition kann Lev keinen Grund finden. Aber das ist lange her. Inzwischen ist die Mauer gefallen und viele Rumänen haben sich die neue Freiheit genommen, den Westen zu erkunden, während Lev in heimatlichen Gefilden geblieben ist.
Ihre Wege führen in unterschiedliche Richtungen und möglicherweise doch irgendwann zusammen. Zumindest über die Postkarten sind sie in Verbindung geblieben. Und nun fährt Lev nach Zurüch. Wie Lichtungen ragen die Erinnerungen auf. Wie war es mit Kato? Wo war sei vor Zurüch? Und davor? Und wo war er? Wie hat sich ihre Freundschaft entwickelt? Hätte da mehr sein können? Kann da mehr sein? Hätten sie sich überhaupt kennengelernt, wenn seine Erkrankung nicht gewesen wäre? Und ihre schönen Bilder, viele davon vergänglich, weil auf die Straße gezaubert.
Erwachsenwerden im damals noch kommunistischen Rumänien. Ein Land mit einer wechselvollen Geschichte, welche sich auch in den Familienerzählungen niederschlägt. Veränderungen bringt die Wende auch in diesem etwas entlegenen Land. Lev und Kato werden als Kinder eher vom Zufall zusammengebracht. Und doch wächst eine zarte, aber unverbrüchliche Freundschaft. Aus ihren Erinnerungen und Gedanken speist sich dieser berührende Roman, der langsam zum Anfang führt. In teilweise poetischen Bildern beschreibt die Autorin die Erinnerungsinseln. Die Beschreibung als Lichtung erscheint sehr treffend. Der Gesang der Amseln, Katos ausdrucksvolle Bilder, ihre Neugier an der Welt. Dagegen Levs Heimatverbundenheit. Iris Wolf weiß wie sie ihre Leser und Leserinnen fesselt und Bilder vor ihren Augen erstehen lässt. Stimmig und schön anzuschauen ist auch das Titelbild.
„Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand.“
Diese Lichtungen, die namensgebend sind für den neuen Roman von Iris Wolff, findet man in den neun Kapiteln, die die Geschichte von Lev und Kato erzählen. Jedes Kapitel geht ein Schritt zurück in ihrer Freundschaft und erklärt den Freiheitsdrang von Kato und die Zurückhaltung von Lev aus ihrer Lebenssituation in dem ärmlichen Dorf in Siebenbürgen vor und nach dem Mauerfall. Ihre Art, mit Sprache umzugehen, ist auch ein Lichtblick , einfach, eindringlich und sehr poetisch. Am Ende möchte man am liebsten die Kapitel von eins bis neun wieder lesen, um die Geschichte nochmal auf sich wirken zu lassen. Eine großartige Geschichte, der ich viele Leser wünsche und die ich jetzt schon fleißig empfehle.
Vom Gehen und Bleiben…
Nachdem mir im Jahr 2020 „Die Unschärfe der Welt“ von Iris Wolff so gut gefallen hatte, war ich sehr gespannt auf ihren neuen Roman. Auch dieser überzeugt mit einer einzigartigen Erzählweise.
Die Hauptfiguren sind Lev und Kato, wobei die Geschichte aus Levs Sicht erzählt wird. Jedoch spielt Kato in dessen Leben aber immer wieder eine zentrale Rolle. Ihre Freundschaft beginnt, als Lev elf Jahre alt ist und für längere Zeit ans Bett gefesselt ist. Kato wird damit beauftragt, ihm regelmäßig die Hausaufgaben zu bringen. Dabei entsteht zwischen den beiden so unterschiedlichen Kindern eine enge Freundschaft, die bis ins Erwachsenenalter bestehen bleibt. Jedoch entwickeln sich ihre Lebenswege unterschiedlich: Kato zieht es hinaus in die Welt, Lev bleibt in Rumänien und hängt seinen Kindheitserinnerungen nach. Von Kato sind ihm einzig die vielen Postkarten geblieben, die sie ihm aus ganz Europa geschickt hat.
„Du hättest zurücksehen müssen, dachte er, allein um zu wissen, ob sie sich nach die umgewandt hat.“ – Seite 49, eBook
Bis eines Tages eine Karte aus Zürich kommt, mit einer einzigen Frage: Wann kommst du?“
Schafft es Lev, sich auf den Weg zu machen?
Die Antwort auf diese Frage bekommt man bereits ganz am Anfang des Romans. Denn das Besondere hier ist, dass die Autorin die Geschichte rückwärts erzählt – von den aktuellen Geschehnissen bis zurück in Levs früheste Kindheit. Die Kapitel sind ebenfalls absteigend – von neun bis eins. Somit erzählt jedes Kapitel einen besonderen Abschnitt aus Levs Leben – meist sehr berührend und mit detaillierten Momentaufnahmen.
„Wolken zogen auf, die Straße wurde dunkel.
In dieser Dunkelheit ließ sich die Distanz besser überwinden zwischen Zugehörigkeit und Fremdsein, Erinnern und Vergessen.“ – Seite 31, eBook
An diese Besonderheit musste ich mich erst gewöhnen, da manche Geschehnisse und verschiedene Personen zunächst rätselhaft sind, sich aber dann, mit Blick in die Vergangenheit klären und somit ein komplettes Bild ergeben. Eine sehr interessante Leseerfahrung.
Wie schon bei ihrem Roman „Die Unschärfe der Welt“ wird bereits auf den ersten Seiten der einzigartige Schreibstil sichtbar: Atmosphärisch dicht und leicht poetisch, gleichzeitig mit einer besonderen Ruhe erzählt Iris Wolff die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft. Der Roman ist eher leise, aber detailreich und oft berührend. Ob einzelne Momentaufnahmen von Menschen, Tieren, Umgebung oder Natur – alles ist in deinem wundervollen Stil erzählt.
„In allem gab es diese Dunkelstellen, wo die Erfahrung aufhörte und die Erinnerung anfing. Etwas blieb, und etwas ging verloren, manches schon im Augenblick des Geschehens, und wie sehr man sich auch bemühte, es tauchte nie wieder auf. Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand.“ – Seite 67, eBook
Auch das Cover ist wunderschön gestaltet und sehr passend gewählt.
Mein Fazit: Ein besonderer Roman mit einem einzigartigen Erzählstil: Atmosphärisch dicht und leicht poetisch, gleichzeitig ruhig und klar erzählt Iris Wolff die Geschichte einer Freundschaft – über die Grenzen hinweg. Die Charaktere sind hier sehr gut gezeichnet. Die Geschichte wird rückwärts erzählt und ist zunächst manchmal etwas rätselhaft: Angefangen mit der Gegenwart geht es Kapitel für Kapitel zurück bis in Levs Kindheit, wo sich schließlich alles zusammenfügt. Zunächst sehr ungewohnt, aber gleichzeitig auch sehr passend zur Geschichte, die etwas episodenhaft erzählt wird. Ein wunderbares und auch besonderes Leseerlebnis.
Eine zart-bittere Liebesgeschichte vor dem drohenden Schattenwurf von Ceaucescus Regime. Iris Wolff malt mit ihrer Sprache Bilder, die sich richtiggehend ins Herz brennen. Dadurch, dass die Geschichte rückwärts, also vom Ende her erzählt wird, ergibt sich ein spezieller Spannungsbogen. Das Weggehen, um wieder anzukommen, erlebt man als Leser*in so intensiv mit, dass es beinahe schmerzt.
Voller Vorfreude habe ich auf das neue Buch von Iris Wolff gewartet, hatten mich doch bereits ihre Romane „Die Unschärfe der Welt“ und „So tun, als ob es regnet“ für ihre eindrückliche, poetische Sprache und ihre einfühlsame Beobachtung von Menschen und Landschaften eingenommen.
Der neue Roman „Lichtungen“ hat mich wiederum vollauf begeistert. Es liegt nicht allein an den beiden Hauptfiguren, Lev (Leonhard) und Kato, die sehr facettenreich geschildert sind und deren nicht immer einfachen Lebenswegen wir behutsam folgen. Es liegt auch an der raffinierten Konstruktion der Geschichte: Begonnen wird die Erzählung in der Gegenwart, als Lev, der Sägewerksarbeiter aus dem rumänischen Siebenbürgen, seine Kindheitsfreundin Kato in Zürich besucht, die dort als Straßenkünstlerin ihren Lebensunterhalt verdient. Warum hat sie ihm eine Karte geschrieben mit den einfachen Worten „Wann kommst du?“, warum war sie zuvor ohne ihn aufgebrochen? Was hatte ihn einst in den Wald verschlagen? Wie hatte sich ihre Freundschaft überhaupt entwickelt und welche Bewandtnis hat es mit der eigenartigen Lähmung seiner Beine und dem Unfall, auf den immer wieder angespielt wird? Kapitel um Kapitel – die übrigens in Rückwärtszählung nummeriert sind – wandern wir zurück in der Zeit. Wir lernen das Dorf von Kato und Lev kennen, wir gehen zurück bis in die Zeit der Diktatur von Ceaușescu. Wir begegnen Levs multikultureller Familie – die rumänische Vaterlinie, die siebenbürgisch-deutsche Mutterseite und den in Wien lebenden Großvater Ferry – und ihren komplizierten emotionalen Banden.
Iris Wolff erzählt in leisen, melancholischen Tönen und sehr starken Bildern. Sie lässt das komplexe soziale Gefüge Rumäniens, seine schwierige Geschichte, seine historisch-politischen Verwerfungen und ihre Folgen bis in die Gegenwart lebendig werden. Zugleich schildert sie voller Einfühlung zwei ganz besondere Charaktere, die ihre Gefühle meist durch Gesten, selten durch Worte zum Ausdruck bringen und für die das kluge Beobachten der Welt anstelle des brachialen Handelns im Vordergrund steht. Lev ist ein Mensch, der im Lauf seines jungen Lebens mit sehr vielen Verlusten umgehen musste. Vielleicht ist – am Ende – für ihn die Zeit des Wiederfindens gekommen.
‚Manchmal kommt der Appetit beim Essen‘, lautet ein Spruch, der mir zu diesem Buch einfiel und für mich voll zutraf! War ich bei den ersten Seiten noch recht skeptisch, brauchte erst ein wenig (auch wegen der ungewohnten Art, das Geschehen rückwärts erzählt zu bekommen), so kam ich von Seite zu Seite mehr auf den Geschmack, kam der 'Appetit', und konnte es zuletzt gar nicht mehr aus der Hand legen.
Erzählt wird die Geschichte von Lev und Kato in Siebenbürgen: ihren Familien, ihren Entwicklungen, von Konstanz und Aufbruch, aber auch die Geschichte von Siebenbürgen und die Auswirkungen der kommunistischen Diktatur auf ihre Bewohner. (Aussage: ‚Diebstahl war eine Form des Widerstandes‘!)
Begeistert hat mich auch die Sprache: wunderschöne Sätze sind zu lesen wie z.B. ‚Lev kannte jenen Hochmut, der allein darauf resultierte, dass man jung war‘ (Kapitel 8) ‚Sie lebten in einer preisgegebenen Welt. Einer Welt an der Schwelle. Kato hatte es wahrgenommen, er nicht‘ (Kapitel 7) oder Lebensweisheiten wie ‚Wenn man die Schwiegereltern besucht, sollte man die Jacke anziehen müssen‘ (Kapitel 6).
Wunderschöne Szenen, wie Camil und seine Begeisterung für Amseln, die Geschichte von Khalil, dem Kater, usw. (Bei dieser Vielseitigkeit habe ich Probleme, in einer Rezension diesem Buch gerecht zu werden.) + interessante und starke Charaktere, wie z.B. Oma Bunica und Imre, der Chef von Lev, zeichnen dieses Werk aus!.
Alles in allem: das neueste Buch von Iris Wolff kann ich (nach ‚Die Unschärfe der Welt‘ und ‚So tun, als ob es regnet‘) wieder wärmstens empfehlen und vergebe die Höchstzahl an Sternen!
“Lichtungen” von Iris Wolff
“Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand. Die eindrücklichsten Momente, das, was sich nicht verlor, gehörte einem nie alleine.”
”Lichtungen” ist ein besonderer Roman, der aufgrund seiner Komplexität und Vielschichtigkeit ganz viel Aufmerksamkeit und Konzentration verlangt - und es lohnt sich, denn so entdeckt man unzählige kleine Details, die zwischen den Zeilen schlummern. Ich habe einen Moment gebraucht, um mich in die Geschichte einzufinden, da diese rückwärts erzählt wird. Nach wenigen Seiten bin ich dann aber völlig in die Geschichte abgetaucht!
Lev und Kato kennen sich schon seit Kindheitstagen, wir Leser:innen lernen sie aber quasi mitten im Leben kennen. Die beiden wachsen in einem kleinen rumänischen Dorf zu Zeiten Ceaușescus auf. Als Lev als 11-jähriger nach einem Vorfall ans Bett gefesselt ist, ist es ausgerechnet die Außenseiterin Kato, die ihm die Hausaufgaben vorbeibringt und mit ihm gemeinsam lernt. Levs anfängliche Antipathie verschwindet zügig, und ehe er sich versieht, ist und bleibt Kato eine, wenn nicht die wichtigste Person in seinem Leben. Auch, als ihre Leben sich aufgrund der politischen Umbrüche in Rumänien Ende der 1980er Jahre grundlegend ändern, denn Jahre später ist Kato weit weg, im “Westen”. Lev hat keinen Grund gesehen zu gehen und ist in seinem Dorf geblieben.
Katos selbstgemalte Postkarten sind das stärkste Bindeglied zwischen den beiden. Lange haben sie sich nicht gesehen, bis auf einer von ihrer Karten plötzlich steht: “Wann kommst du?”
Ich habe schon einige Lobeshymnen hier auf Bookstagram gelesen und kann mich nur anschließen. Iris Wolffs Sprache ist einfach besonders, sehr poetisch und bildlich, irgendwie klassisch schön. Wer mich kennt, weiß, dass poetisch eigentlich das Schlagwort ist, um das ich einen riesigen Bogen mache beim Lesen, aber Iris Wolff muss ich es einfach zugestehen. Ihre Metaphern und Analogien sind einfach einzigartig! Gefühlt habe ich nur schöne Sätze markiert, etwas, was ich sonst auch kaum mache. Der Roman ist so intensiv und ruhig zugleich. Während des Lesens habe ich einen tiefen Einblick in die Geschichte des Vielvölkerstaats Rumänien erhalten und dabei realisiert, wie wenig ich darüber eigentlich weiß. Ich mag es sehr, wenn Romane mich direkt zum Weiterlernen und Hinterfragen animieren, was hier definitiv der Fall war.
Ein rundum gelungenes Buch für mich und eine große Leseempfehlung meinerseits!
In dem Buch wird Levs Leben und speziell seine Beziehung zu Kato auf ungewöhnliche Weise erzählt. Jedes Kapitel spielt in der Vergangenheit des vorherigen. So liest man erst von Levs Leben als Erwachsener und arbeitet sich immer weiter nach früher vor, bis in seine Kindheit. Ich fand diese Erzählweise sehr interessant, da man statt vorwärts zu lesen und darauf zu warten was er neues erlebt und was als nächstes passiert, wie bei einem Film, genau andersrum Lev kennenlernt. Mir kam es vor wie bei einem Bild bei dem zwar von Anfang an das gesamte Motiv als Skizze zu erkennen ist, aber durch das die Schrittweise Erzählung der Vergangenheit immer mehr Details und Farben hinzugefügt werden, die sein Leben und Sein ausmachen.
Ich mag ebenfalls, dass einige Fragen offen bleiben, bzw vieles nicht mit allen Einzelheiten beschrieben wird, da das für mich sehr gut dne Charakter von Erinnerungen wiedergibt.
Die Thematik des Buches fand ich sehr spannend - das Leben von Deutsch-/Österreichstämmigen, Ungarn, Rumänen usw. unter der Diktatur Ceaușescus und in den Umbruchsjahren danach, vieles davon mir als DDR-Kind vertraut, manches dann doch anders... So etwas lese ich mit viel Interesse und habe als gelungen empfunden, wie die Autorin Geschehnisse und unterschwellige Stimmungen eingefangen hat, die Repressionen einer Diktatur, die Fragen nach dem Gehen oder Bleiben in den Jahren danach, das Gelingen oder Misslingen des Wandels, das immerwährende Suchen nach Identität und Verwirklichung, Glück oder auch nur ein bisschen Schutz, heruntergebrochen auf eine Handvoll Individuen.
Leider konnte mich die Erzählweise jedoch nicht abholen. Es ist nicht der erste Roman, den ich rückwärts erzählt gelesen habe, und ich musste erneut feststellen, dass ich damit einfach nichts anfangen kann. Die Kapitel blieben für mich eine lose Szenenfolge und haben sich leider nicht zu einer stimmigen Gesamtgeschichte zusammengefügt. Daher werde ich zwar gern weitere Bücher von Iris Wolff lesen, jedoch zukünftig im Vorfeld darauf achten, wie die Geschichte erzählt wird.
Ich danke dem Verlag herzlich für das Rezensionsexemplar.
Eine Reise durch zwei Leben
Das letzte Buch der Autorin „Die Unschärfe der Welt“ ist mir in guter Erinnerung und ich blättere manches Mal darin und bleibe immer wieder an einer besonderen Stelle hängen – und das Buch hat sehr viele besondere Stellen. So auch der neue Roman von Iris Wolff. Ein Kleinod an sprachlicher Raffinesse und an empathischen Einblicken.
„Wann kommst du?“ – so holt Kato ihren Freund aus Kindertagen raus aus Rumänien und rein in ein völlig anderes Leben. Interessant finde ich, dass die Geschichte rückwärts erzählt wird und so taucht man als Leser erst im Laufe der Zeit in diese Freundschaft ein, begleitet die beiden auf ihren Wegen, die sie doch immer wieder zusammenführen. Als sich nach dem Regime von Ceaușescu die enge Welt der Diktatur öffnet und plötzlich alles weiter wird, ändern sich auch die Lebensentwürfe der beiden Protagonisten. Doch die Verbindung bleibt bestehen und während Kato quer durch Europa tingelt, bleibt Lev seiner Heimat Rumänien treu. Bis eben zu dieser einen Postkarte mit dem banalen Satz, der das Leben der beiden wieder in eine neue Richtung lenkt.
Zwischendurch sind immer wieder politische Zusammenhänge eingeflochten, aber hauptsächlich geht es um Suchen und Finden, um Poesie und Melancholie, immer wieder zusammengehalten durch das wunderbare Gefühl der Freundschaft.
Ich habe dieses Buch sehr genossen und musste manche Stellen mehrmals lesen – einfach weil sie so schön waren. Nachdem ich jetzt am Reader gelesen habe, werde ich mir auf jeden Fall das Buch auch als Print-Exemplar zulegen, denn ich möchte das Buch im Regal sehen. Das erste Highlight für 2024 und volle Leseempfehlung.
"Wann kommst du"? Aufgrund dieser einfachen Frage treffen sich Kato und Lev nach über fünf Jahren endlich in Zürich wieder. Und beschließen einen Teil ihrer Reise zusammen zurückzulegen. Doch wo hat ihre Reise eigentlich begonnen? Vor über dreißig Jahren, in Rumänien. In der Näher der ungarischen Grenze. Und hierhin folgen wir der den beiden. In die Vergangenheit. Denn Iris Wolff erzählt ihren Roman rückwärts.
Es geht um Freiheit & Freundschaft, Liebe & das Dazugehören. Um Herkunft und Familie. Und um Erinnerung - den Lichtungen. Vor den historischen Ereignissen in Europa und Rumänien berichtet Wolff von persönlichen Geschichten. Von Aufbruch und Bleiben.
"Lichtungen" ist für mich das erste Highlight in 2024. Wolffs poetische Sätze und der ruhige Erzählstil haben das Buch für mich wieder zu einem besonderen Leseerlebnis gemacht. "Lichtungen" ist kein Buch, das man schnell nebenbei liest. Hierfür sollte man sich Zeit & Ruhe nehmen. Es lohnt sich sehr!
Wäre es keine Leseexemplar mit diesem wunderschönen Cover, ich hätte es nicht direkt gelesen, denn der Klappentext hat mich zwar anfangs angesprochen aber trotzdem war es etwas neues für mich.
Definitiv bin ich aus meiner Komfortzone heraus gesprungen und das war es mir wert
In diesem Buch wird das Leben von Lev rückwärts erzählt. Was anfangs schwierig für mich war, da eben nach einem Kapitel die Erzählung stoppt, war später ein Leichtes. Wie sie auch zu Beginn schreibt; man lernt jemanden kennen, und wenn sich die Begegnung verstetigt, erfährt man nach und nach, was denjenigen zu dem Menschen gemacht hat, der er heute ist; ist es tatsächlich so. Bis zum Schluss war ich auf die Erzählungen gespannt, als säße mir jemand gegenüber und erzählt aus seinem Leben.
Sehr empfehlenswert
Lichtungen – Iris Wolff
Lev und Kato sind Freunde seit ihrer Kindheit in der rumänischen Provinz. Die Öffnung der europäischen Grenzen ändert alles. Kato sieht endlich die Möglichkeit ihren Freiheitsdrang zu befriedigen und hinaus in die Welt zu ziehen. Lev bleibt zurück – erst fünf Jahre später gibt es ein Wiedersehen.
Diese Geschichte hat eine interessante Erzählweise: Sie wird rückwärts erzählt. Mit jedem Kapitel springt man ein ganzes Stück in die Vergangenheit. Das ist raffiniert, denn für viele Hinweise oder Anmerkungen findet man die Erklärung erst später in der Erzählung. Außerdem ist man wirklich geneigt, nach dem Beenden des Romans einfach nochmal von vorne zu beginnen. Beim Lesen selbst habe ich diesen „Rückwärtsgang“ allerdings manches Mal als störend empfunden. Zu Beginn jedes neuen Kapitels (es sind 9) musste ich erst diese kurze Irritation überwinden und mich neu in der Zeit zurechtfinden. Es ist ungewohnt, doch wenn man einmal umdenkt, fällt auf, dass das Kennenlernen einer neuen Person auf eben dieselbe Art und Weise funktioniert. Zuerst lernt man die Person kennen, wie sie heute ist. Erst nach und nach erfährt man dann Details zu Herkunft und Vergangenheit.
Allzu einfach macht es die Autorin ihren Lesern nicht. Vieles wird nur angedeutet oder in Bildern ausgedrückt. Man muss sich als Leser viel dazudenken. Manche Passagen sind mehr Stimmung als Handlung. Im Prinzip ist es eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen zweier Leben. Eben vor dem Hintergrund der geschichtlichen Begebenheiten und Ereignisse. Gerade die Situation der Deutschen in Rumänien spielt eine große Rolle.
Abgesehen davon zeichnet Iris Wolffs Schreibstil eine wunderschöne poetische, treffsichere Sprache aus. Jeder Satz ein Genuss. Hier ein paar Beispiele vom Anfang des Romans:
„Zwischen Gestern und Morgen gab es nur eine hauchdünne Schicht.“ Seite 10
„Man ist einmal gegangen, immer ein Gehender.“ Seite 27
„Jeder Augenblick enthält alles Gewesene, und war doch immer wieder ein Neubeginn.“ Seite 34
Es ist eine tolle zarte Atmosphäre, die sich durch die Geschichte zieht.
Dieser Roman erfordert die volle Aufmerksamkeit des Lesers. Hat man sich aber erst mal mit der besonderen Erzählweise angefreundet, erhält man eine ganz besondere, raffiniert erzählte Geschichte.
4 Sterne
"Alles war rückwärtsgelaufen, weniger geworden, und wo sich die Zeit dehnte, verkürzte sie sich jetzt unbarmherzig."
Dieses Zitat aus "Lichtungen" von Iris Wolff klettcotta passt perfekt zu meinem Leseerlebnis mit Lev und Kato. Nicht nur, dass Iris Wolff die Geschichte rund um Lev und Kato rückwärts erzählt, auch die Seiten haben sich hintenraus viel schneller gelichtet als es mir hätte lie sein können. Ich wäre so gerne noch eine Weile bei ihnen geblieben ... Aber von vorn:
In "Lichtungen" nimmt uns Iris Wolf mit zu Kato, einer fast schon umtriebigen Strassenkünstlerin, die quer durch Europa reist, und zu Lev, der sich, im Gegensatz zu Kato, mit seiner Heimat in Rumänien fest verbunden fühlt. Doch die beiden scheinen fest miteinander verbunden. Aber wie lebt man eine Freundschaft, wenn man derlei verschiedene Wünsche in Bezug auf das eigene Leben hat? Wenn der eine nicht aus seiner Haut kann und die andere überall auf der Welt mit ihrer Kunst Menschen bereichern möchte?
Als wir den beiden das erste Mal begegnen, sind Kato und Lev auf der Fähre. Gemeinsam haben sie sich die letzten Wochen treiben lassen und die verschiedensten Städte besucht. Eigentlich möchte Lev gerne wissen wie es nun weitergeht, aber Kato kann nicht aus ihrer Haut.
"Man müsse immer bereit sein, aufzubrechen, sagte Kato, ohne von ihrer Zeichnung aufzusehen. "Auch wenn man gerade erst angekommen ist?" "Dann besonders""
Ob Lev sich damit zufrieden gibt?
Die Geschichte der beiden wirklich faszinierenden Figuren ist keine Lieesgeschichte, auch wenn das vielleicht im ersten Moment so anmuten mag. Vielmehr erfahren wir nun, warum die beiden so sind wie sie sind, oder was sie ausmacht, was sie erlebt haben. Wir lernen Stück für Stück durch ihre Augen zusehen, lernen Fragment für Fragment, wer und was sie prägt. Wir reisen gemeinsam mit ihnen zurück bis in die Kindheit.
Iris Wolff erzählt auf wunderbare und poetische Weise, wie das Leben bisher verlaufen ist. Sie widmet sich mit viel Liebe einzelnen Stationen im Leben und lässt uns soweit daran teilhaben, dass sich langsam ein Puzzle zusammensetzt, wenn auch nicht auf die herkömmliche Weise.
Doch wer jetzt erwartet, ein umfassendes Bild zu bekommen, der mag vielleicht enttäuscht sein, denn das gibt es nicht und dafür wäre der Roman auch zu kurz. Aber, so gerne ich auch noch weitere hundert Seiten gelesen hätte, manchmal ist weniger wirklich mehr und Iris Wolff schafft es perfekt, das Kopfkino ihrer Leser:innen zu zünden ohne es einzuschränken - und wenn es nicht genau das ist, was Geschichten tun sollen, dann weiß ich es auch nicht.
Wenn ihr Lev und Kato trefft, grüßt sie von mir, ich vermisse sie sehr
Lichtungen war mein erstes Buch von Iris Wolff und ich bin sehr begeistert von ihrem Schreibstil! Die Geschichte von Lev (und Kato) fühlt sich ein bisschen verwunschen an, ein bisschen wie ein Märchen oder eine Sage. Es hat eine bestimmte Stimmung, die ich nicht wirklich beschreiben kann. Es ist außerdem das erste Buch, das ich in gelesen habe, das in Rumänien spielt und das war auch eine sehr schöne Leseerfahrung!
Die Autorin erzählt so wunderbar poetisch, so sacht und einfühlsam, von Freundschaft, von Veränderungen, vom Umbruch, von Erinnerungen, die längst vergessen sind, man kann sich einfach davontragen lassen. Dorthin, wo das Leben nicht immer einfach ist, wo die verletzten Gefühle wohnen, der Schmerz, das Ungesagte. Aber auch die Schönheit der Sprache. Ich habe es tief gefühlt. Was für ein Glück, diese Erzählkunst lesen zu dürfen.
Vielen Dank für das Rezensionsexemplar!
Ein großartiges Buch ! Ich habe das Hörbuch direkt zweimal hintereinander gehört, um die so fein und poetisch erzählte Geschichte noch einmal zu hören und mit dem Wissen um das Ende des Buches, was ja der Anfang ist, nochmal anders zu erlben.
Lev und Kato aus dem Maramuresch-Gebirge in Nord-Rumänien: sie kennen sich, seit sie Kinder sind und Kato Lev nach seinem Unfall unterrichten sollte. In ihrem Heimatdorf ist die Welt überschaubar, alles zum Greifen nah. Das ändert sich, als die innereuropäischen Grenzen durchlässig werden, der sogenannte "Eiserne Vorhang" fällt. Die unternehmungslustige, lebenshungrige Kato steckt Lev mit ihrer Neugier auf die Welt da draussen an und eine zeitlang tingeln sie quer durch Europa. Kato hält sie mit Gelegenheitsjobs und ihrer Straßenkunst in Bildern über Wasser. Doch dieses Leben ist nichts für Lev, er braucht Beständigkeit, ein Zuhause, obgleich er Kato schmerzlich vermisst. Als sie alleine in Zürich ankommt, schickt sie ihm eine von ihren typischen Postkarten, diesmal allerdings mit einer Frage, die einer Aufforderung gleichkommt. Lev überlegt nicht lange, nimmt sich Urlaub und sie feiern ihr Wiedersehen...
Iris Wolff schreibt eine Ode an die Freiheit, die Kunst, das Leben an sich. Die Erfahrungen, die man macht, wenn man sich treiben läßt und abseits gesellschaftlicher Normen existiert, sich eine Nische erkämpft. Das Leben als fliessendes Gewässer begreift, auf dem alles schwimmende nur eine Richtung kennt: flussabwärts.
Ich kann mich den vielen positiven Stimmen nur anschließen.
Jetzt schon eines meiner Jahreshighlights!
Eine zarte Geschichte über den Raum zwischen Freundschaft und Liebe, über Heimat und Zugehörigkeit und das Erwachsenwerden. Mir hat das Buch sehr gut gefallen - gerade, dass es quasi retrospektiv erzählt wird und in der Schwebe bleibt, wie sich die Geschichte im Jetzt weiter vollziehen wird (dadurch rückt die Erzählung auch von jeglichem Kitsch ab, der sich potentiell hätte ereignen können). Die Szenen bzw. Erinnerungen, denen man folgt, hatten für mich oft etwas Flüchtiges, Tagtraumhaftes - das schafft eine besondere Atmosphäre, die mich - vielleicht mehr noch als der Plot - zum Weiterlesen verführt hat.
Gehen oder bleiben? Eine Rückwärtsreise zur Kindheitsliebe
Kennen sie auch solche Menschen, die sich am liebsten nicht von ihrem angestammten Fleck wegbewegen - kein Bedarf für Urlaub und schon gar keine Weltreisen? Was passiert, wenn so jemand ausgerechnet eine Person liebt, die es heftig hinauszieht in die Welt?
Lev und Kato
Deutschsein in Rumänien. Dies scheint das große Thema von Iris Wolff zu sein. So war es schon bei „Die Unschärfe der Welt“ und so ist es auch wieder bei „Lichtungen“. Kann man ja aber auch verstehen, ist doch die Autorin ebenso in Rumänien geboren und kam dann erst nach Deutschland. Sie kennt also dieses Thema. In „Lichtungen“ geht es um die Freundschaft von Lev und Kato. Eine Freundschaft, die nach mehr klingt, durchaus nach mehr hätte klingen können. Denn zwischen beiden Figuren ist auch mehr, dennoch spielt auch der Freiheitsdrang, insbesondere bei Kato eine große Rolle. Sprachlich ist auch dieses neue Buch der Autorin Iris Wolff wieder wunderschön. Erzählt wird es rückwärts und in Abschnitten, die zeitlich auch immer etwas auseinander liegen. So wirkt es etwas zerrissen. Dennoch entfacht Iris Wolff natürlich wieder eine immense Tiefe. Aber sie kommt hier in „Lichtungen“ nicht an die von mir empfundene Tiefe von „Die Unschärfe der Welt“ heran. Aber ich kann gar nicht sagen woran dies genau liegt. Denn auch „Die Unschärfe der Welt“ bestand aus Kapiteln, die nicht unbedingt zeitlich aneinander anknüpften. Und mit Lev und Kato sind auch Underdog-Figuren in „Lichtungen“ zentral stehend. Auch dies müsste mich anzünden. Tut es nur irgendwie nicht. „Lichtungen“ plätschert etwas dahin, ich weiß dies klingt nicht ganz so toll, die sprachliche Gestalt des Buches lässt aber auch dieses von mir empfundene Plätschern etwas sprudelnder ausfallen. Vielleicht hängt dies auch mit meiner Erwartungshaltung zusammen, die hoch war, denn „Die Unschärfe der Welt“ hatte mich lichterloh entfacht. Aber gut, so ist es nun einmal. 4 Sterne sind ja auch eine sehr gute Bewertung von mir. Denn die beiden Underdogs Lev und Kato sind liebenswert und ihre Wege interessant konstruiert. Der Roman „Lichtungen“ bietet außerdem Einblicke in eine vergangene Zeit, Einblicke in ein anderes Land und ist auch deshalb ein interessantes Buch, dem ich viele Leser wünsche.
Was für eine wunderschöne Geschichte! Sprachlich wunderbar, fast zu kurz, ich hätte gerne noch mehr von Lev und Keto erfahren und sie begleichtet. Erste Lesehighlight 2024, ich habe es so gerne gelesen.
Ich liebe die Sprache von Iris Wolff. Ihr neuer Roman ist wunderbar. Man durchlebt als Leser:in die besondere Verbindung und Freundschaft der beiden Protagonist:innen Kato und Lev. Man erspürt das kommunistische Rumänien und das Leben in dieser Zeit.
Wolffs neuer Roman „Lichtungen“ erzählt die Geschichte von Lev und Kato, die sich als Kinder im alten Rumänien während der Ceaucescu-Zeit kennen lernen und eine tiefe und besondere Freundschaft pflegen. Nach Öffnung der Grenzen zieht Kato mit ihrem Freund Tom durch ganz Europa und verdient ihren Lebensunterhalt als Straßenmalerin. Lev hingegen bleibt im Dorf in Siebenbürgen und arbeitet dort in einer Holzfällerei. Ihre Verbindung besteht fast nur noch aus Postkarten. Auf der letzten schreibt Kato: „Wann kommst du?“ Und Lev kommt!
Iris Wolff schreibt diese Geschichte einer Freundschaft und Liebe in einer ungewöhnlichen Weise. Sie beginnt mit Kapitel 9 in der Gegenwart, mit Levs Ankunft in Zürich, wo Kato auf ihn wartet, und arbeitet sich dann rückwärts zum Kapitel 1 in die Kindheit vor. Das mutet anfangs ungewohnt an, doch dann kommt die Erkenntnis: so ist das ja auch wenn Menschen sich kennen lernen! Man erfährt erst nach und nach über ihre Vergangenheit und was sie zu den Menschen gemacht hat, die sie jetzt sind. Ein überzeugender Kunstgriff!
Das Buch bringt einem das Leben in einer Diktatur, die harte Zeit während des Militärs, das Leben in Rumänien im Allgemeinen und die Armut, Ausgrenzung und innerfamiliären Probleme der Figuren auf eine spannende und unterhaltsame Art näher. Was dieses Buch in meinen Augen so besonders macht, ist die Sprache und Wolffs Einfühlungsvermögen in die Charaktere. Selbst die kleinste Nebenfigur wirkt lebendig und echt. Ein sowohl sprachlich wie inhaltlich überzeugender Roman!
Wieder einmal wählt Iris Wolff einen sehr speziellen Aufbau für ihren Roman. Rückwärts erzählend dringen wir mit jedem Kapitel tiefer in das Leben von Lev ein. Wie wurde er der Mensch, der er ist. Wie begann die ganz besondere Beziehung zu Kato. Kato, die nur eine Postkarte schreiben muss, auf der drei Worte stehen: "Wann kommst du?" und sofort macht Lev sich auf den Weg. Was ist es, was die beiden verbindet? Ist es Liebe? Freundschaft? Irgendetwas dazwischen?
Lichtungen... einzelne Erinnerungen... aus diesen setzt sich das Leben zusammen. Wir werden nie unser ganzes Leben erinnern. Wir werden auch nie die gleichen Erinnerungen haben wie ein anderer Mensch.
Ich liebe die poetische Sprache, die so leicht und doch auch so kraftvoll ist.
Ich liebe den Text, der genug Raum für eigene Gedanken lässt.
Ein wunderbarer Roman.
"Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender"
Ein ganz besonderes Buch, erzählt in einer ganz zärtliche Sprache
„Lichtungen“ von Iris Wolff ist ein wunderbarer Roman, zart, poetisch und herausfordernd zugleich.
Durch einzelne Episoden lernen wir die Protagonisten Lev und Kato kennen. Die Geschichte beginnt in der Gegenwart, Kato trifft im Westen wieder Lev, nachdem sie mehrere Jahre getrennt waren. Ihnen verbindet eine sehr lange Freundschaft.
Die Geschichte wird rückwärts erzählt und auch die Kapitel sind umgekehrt nummeriert. Wir lernen Lev und Kato besser kennen, verstehen langsam ihre Beziehung und erleben die Atmosphäre Siebenbürgens/Rumäniens in den 80er und 90er Jahren.
Lev stammt aus einer ethnisch gemischten Familie mit deutschen und rumänischen Wurzeln. Doch er fühlt sich seinem Wohnort verbunden und möchte das Land nicht verlassen, auch wenn es andere überrascht. Kato, die schon immer eine Außenseiterin war, braucht mehr Freiheit und verlässt Rumänien so schnell wie möglich. Lev und Kato bleiben weiterhin über Postkarten in Kontakt. Bis Kato eines Tages Lev in einer Postkarte fragt, wann er kommt.
Iris Wolff erzählt die Geschichte poetisch, bildgewaltig und sehr einfühlsam. Um die besondere Atmosphäre zu schaffen, verwendet die Autorin viele Metaphern. Sehr viele Szenen werden treu genau beschrieben, manche werden nur angedeutet. Die Metaphern unterstützen das Geschehen im Buch sehr gut und geben das Gefühl, dass man alles miterleben darf.
Das Buch lässt sich in drei Hauptabschnitte unterteilen. Im ersten Abschnitt treffen wir Lev und Kato und es wird mehr über die Gegenwart erzählt. Im zweiten Abschnitt konzentriert sich die Autorin stärker auf das Leben unter dem Ceaușescu-Regime. Das Leben war nicht einfach, je älter man war, desto mehr Erfahrung hatte man. Es werden viele Dinge erwähnt, die einen großen Einfluss auf Rumänien hatten, Tschernobyl, Militärdienst, Forstarbeiten, die Kontrolle von Menschen in grauen Anzügen, die Notwendigkeit, sich von bestimmten Menschen fernzuhalten, um nicht selber unter Kontrolle zu geraten, usw. Der dritte und letzte Abschnitt beantwortet viele Fragen und klärt viele Hintergründe auf. Am Ende wird noch viel mehr über Lev erzählt.
Wenn ich zuerst dachte, es wäre ein Buch über Lev und Kato und ihre Freundschaft, wurde mir klar, dass es sich tatsächlich um ein Buch über Lev, Zugehörigkeit und die vielen Verluste handelt, die ein Mensch in einem Leben erleiden kann, und ein Buch über das, was uns Menschen am Leben halten kann.
Es gibt auch viele interessante Nebencharaktere im Buch.
Meiner Meinung nach ist Bunica eine typische Figur aus Ceausescus Rumänien. Man ist ruhig und lernt ständig, in einer Welt zu leben, in der man selten die Wahrheit erfährt. Die Wahrheit und der Stand der Dinge werden immer erst am eigenen Leib erfahren. Bunica hat viel erlebt und weiß viel mehr als man denkt. Das Leben unter Ceaușescus Regime war nicht einfach. Bunica weiß jetzt, mit welchen Menschen man den Kontakt meiden sollte, und sie weiß auch, dass man ständig überwacht wird – all das zu wissen, war eigentlich während des Ceaușescu-Regimes eine Voraussetzung. Bunica kennt die richtige Antworten und bringt Lev das auch bei.
Ferry ist eine weitere Nebenfigur, der mehr Tiefe verliehen wird. Er fühlt sich wegen Levs Unfall schuldig und ist deshalb nicht mehr so präsent in Levs Leben. Ferry möchte Rumänien verlassen, weil er das Gefühl hat, woanders hinzugehören. Leider erfährt er, wie schwierig es ist, Rumänien auf einem legalen Weg zu verlassen.
Der Schreibstil ist poetisch und bildhaft, man sieht unvergessliche Bilder, die in einfachen Worten beschrieben wurden. Und doch ist das Buch insgesamt herausfordernd. Die Geschichte wird rückwärts und in einzelnen Episoden erzählt, die wie kleine Lichtungen wirken und uns immer mehr Einblick in das Leben im Rumänien der 80er und 90er Jahre geben, wo wir eine Handvoll Charaktere kennenlernen.
Dieses Buch ist keine leichte Lektüre. Durch die vielen Metaphern und das rückwärts Erzählen ist das Buch etwa anspruchsvoll aber vielleicht das ist was dem Buch viel mehr Wert gibt. Mit einer poetische und sehr zärtliche Sprache erzählt die Autorin über Gefühle wie Zugehörigkeit, Familie, Freundschaft, Verluste und das Leben selbst. Ein Buch, das sich ganz bestimmt lohnt, gelesen zu werden.
Ein wunderschöner Roman, der mir schon nach wenigen Seiten ans Herz gewachsen ist. Zuerst ist mir gleich das Cover ins Auge gefallen, ebenso der Titel und die Inhaltsbeschreibung. Beim Lesen hat das Buch alles gehalten, was es versprochen hat. Ich fand die Figuren sympathisch, den Schreibstil flüssig und die Story originell und besonders. Von mir gibt es deshalb volle Punktzahl.
Das ist wieder eine wunderbar erzählte Geschichte von der Autorin. Eine Geschichte von Freundschaft und Liebe vom Ende her erzählt. Die Sprache ist sehr bildhaft und voll von wunderbaren Formulierungen. Die Figuren sind in ihrer ganzen Versponnenheit sehr glaubhaft und detailliert dargestellt. Und immer geht es um Heimat und Weggehen. Eine tolle Erzählerin.
Zeit für eine Geschichte mit beschreibenden Worten, bedeutungsschwer & bildlich triefend.
-Rezensionsexemplar-
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Eine Geschichte übers Fortgehen und bleiben, übers Leben und seine Wege, über Begegnungen und Momente. Eine Geschichte im eigenen Tempo,die Stück für Stück mehr offenlegt.
Nimm dir Zeit für diese Geschichte, melancholisch schön & nachdenklich machend.
Ich mag die poetische Sprache von Iris Wolff. Daher habe ich mich auf ihr neues Buch gefreut. Die Geschichte von Lev und Kate hat mich am Anfang ein wenig verwirrt. Doch dann hat mich die poetische Sprache der Autorin, die ich so sehr schätze, in die Geschichte hineingezogen. Über allem schwebte ein wenig das Gefühl der Trauer und des Verlustes. Weggehen und wiederfinden. Abschied und Neubeginn, eines der großen Themen der Menschheit wurden hier zu einem wunderbaren Roman verwoben. Er zeigt auch, wohin Menschen durch die Entscheidung von Politikern getrieben werden können und wie hilflos wir oft dem Geschehnissen ausgeliefert sind. Karos Mut habe ich bewundert, sie ergreift die Chance, die sich bietet. Oder ging es Lev besser, der geblieben ist? Auf jeden Fall eine unbedingte Leseempfehlung und ein großer Dank an Iris Wolff.
Laut Iris Wolff hat sie das Buch so geschrieben, wie man die Menschen im richtigen Leben kennenlernt, nämlich auch nicht von Kindheit an.
Es beginnt die Geschichte von Lev und Kato, die sechs Wochen unterwegs von Zürich nach Paris, Nantes und Montpellier Richtung Osten an der Küste langfahren.
Kato malt für Passanten, verdient sich damit ihren Unterhalt und es zieht sie durch die europäischen Metropolen, am liebsten war sie in Rom. Dort war sie mit Tom, der zufällig in Katos Heimatdorf in Rumänien aufgetaucht ist und mit dem Kato beschlossen hat, die große weite Welt zu entdecken Und Lev war wieder alleine ohne Kato, die er aus Kindheitstagen kennt.
Die Menschen in Levs Heimatdorf sind traurig und haben Geschichten, genauso wie Lev, der eigentlich sein Dorf mit seinen Geschichten nicht verlassen möchte.
Am Anfang habe ich mit dem Rückwärtslesen schwer getan. Es war dennoch eine interessante Variante des Erzählens und die Liebe Levs für Wälder war gut beschrieben.
„Kunstvoll und poetisch verwandelt Iris Wolff jenen Moment in Sprache, wenn ein Leben ans andere rührt, und zeichnet in ihrem großartigen europäischen Roman das Porträt einer berührenden Freundschaft, die sich als Reise in die Vergangenheit offenbart und deren Leuchten noch lange nachklingt.“ So weit der Klappentext, dem fast nichts hinzuzufügen ist.
In neun rückwärts erzählten Episoden aus Levs Erinnerungen erzählt Iris Wolff das Leben des am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts im Vielvölkerstaat Rumänien geborenen. Dabei geht es um Freundschaft, um Familie und ein bisschen auch um das Ende des Kommunismus.
Virtuos und sprachmächtig erzählt, sind es aber dennoch die kleinen Dinge, die berühren - Wegbegleiter, die kommen und gehen; der Großvater, der in den Westen flüchtet; der Fluss, der so viele Gesichter hat.
Iris Wolff erzählt leise und berührend, einfach schön,
Geschichten erzählen wir vorwärts: und dann, und dann, und dann… Kindheit, Schule, Jugend, Erwachsenenalter. Wenn wir Menschen begegnen und kennenlernen, dann erzählen sie uns ihr Leben und ihre Geschichte aber meistens rückwärts: und davor, und davor, und davor… Dieses «davor» beantwortet die wichtigste Frage von allen: Warum? Warum bin ich hier? Warum bin ich so? Warum bin ich mich? Mit der Zeit häuten sich Freunde im Erzählen wie die sprichwörtliche Zwiebel. Nein, nicht bis zum Kern – bis nichts mehr kommt. Genauso erzählt uns Iris Wolff in ihrem neuen Roman die Geschichte von Lev: Schrittweise tastet sie sich von der ersten Begegnung mit dem erwachsenen Lev auf der Fähre in Ancona zurück bis zum Baby Lev in Rumänien. Es ist keine kontinuierliche Erzählung, es sind eher einzelne Erinnerungsinseln, die sie in wunderbar präzis poetischer Sprache vermittelt. Selbst die Kapitel sind rückwärts nummeriert von neun bis eins. Das klingt artifiziell, ist es aber überhaupt nicht. Es ist eher so, dass Iris Wolff uns an der Hand nimmt und wir mit ihr schrittweise immer tiefer ins Leben und damit in die Vergangenheit von Lev und seiner Jugendfreundin Kato eintauchen. In meinem 191. Buchtipp sage ich Ihnen diese Woche, was die Sprache von Iris Wolff ausmacht – und warum ich dieses Buch zu den schönsten Büchern zähle, die ich in letzter Zeit gelesen habe.
Vor drei Jahren habe ich Ihnen das letzte Buch von Iris Wolff empfohlen: «Die Unschärfe der Welt». Schon damals hat mich die poetische Kraft ihrer Sprache begeistert. Ich habe mich deshalb sehr auf ihr neues Buch gefreut. Mit «Lichtungen», der Geschichte von Lev und Kato, bietet uns Iris Wolff ein faszinierendes Leseerlebnis. Eigentlich erstaunlich, dass noch nie jemand ein Leben so konsequent rückwärts erzählt hat. Ihr Roman beginnt mit dem neunten Kapitel auf einer Fähre, vermutlich zwischen Ancona und Split oder Zadar auf der Adria, und führt kapitelweise zurück in die Vergangenheit. Das achte Kapitel spielt in Zürich, wo Lev und Kato sich nach Jahren wieder treffen. Aufgewachsen sind die beiden wie Iris Wolff selbst in Siebenbürgen, in einem Dorf in Rumänien, zu einer Zeit, als das Land noch von Ceauşescu regiert wurde. Die Kapitel sieben bis eins spielen in Rumänien: zu Hause im Dorf und seiner Umgebung, in Schässburg, in den Wäldern von Siebenbürgen. Es sind die Ränder Europas, die schon verlassen wirkten, als der Eiserne Vorhang den Ostblock noch einschnürte. Von hier aus, ihrer vertrauten, aber unfreien Welt, sind Lev und Kato auf ganz unterschiedliche Weise aufgebrochen in die Freiheit. Kato in den Westen, Lev in eine eigene Unabhängigkeit in Rumänien.
Lev und Kato sind beste Freunde. Sie sind kein Liebespaar, weil Kato die freundschaftliche Liebe nicht verlieren wollte. Als Lev ein Junge war und nach einem Unfall nicht mehr gehen konnte, besuchte sie ihn jeden Tag und lernte mit ihm. Erst wollte er nichts von ihr wissen. In der Schule war sie eine Aussenseiterin. Und ein Mädchen noch dazu. Als sie ihn zum ersten Mal besuchte, bat er seine Mutter, sie abzuwimmeln. Doch die Mutter braust auf:
Wann sei er zu solch einem eingebildeten Jungen geworden, dass er sich für etwas Besseres als dieses Mädchen halte?
Schon am nächsten Tag kam sie. Das Hoftor öffnete sich, der Hund bellte, beruhigte sich erstaunlich rasch, Schritte näherten sich, doch nichts geschah. Die Mutter ging zur Tür, begrüsste das Mädchen, begleitete es ins Zimmer. Lev versuchte, möglichst unbeteiligt auszusehen. Katos Augen wanderten alles ab, blieben auf ihn gerichtet. Sie nickten sich zu. Dann setzte sie sich auf den Stuhl, der für sie ans Bett geschoben worden war. Er wusste, dass sein Gesicht ihn verriet, fing einen warnenden Blick seiner Mutter auf. Hätte man nicht einen Jungen schicken können? Oder wenn schon ein Mädchen, dann eines aus der ersten Reihe. Ja, sässe eines der Mädchen aus der ersten Reihe hier, würde er sich anstrengen, die Aufgaben zu verstehen. Käme eine von ihnen, wären dies Stunden, denen er mit Ungeduld entgegensehen würde. Stattdessen wurde dieses Mädchen geschickt, mit dem keiner etwas zu tun haben wollte. Die in den Pausen immer irgendetwas auf Blätter kritzelte; die so abwesend schien, man hätte meinen können, sie sei gar nicht in der Lage zu sprechen. Aber jedes Mal, wenn sie im Unterricht etwas gefragt wurde, wusste sie die Antwort. Das überraschte Lev. Er hielt sie für hochnäsig. Oder dumm.
Vielleicht war sie beides. (Seite 200)
Aus der ersten Ablehnung wird bald eine tiefe Verbundenheit. Die wir zu diesem Zeitpunkt als Leser gut kennen, weil wir die Geschichte ja von hinten lesen, von der erneuten Begegnung als längst Erwachsene in der Schweiz. Die Zuneigung zwischen Lev und Kato zeichnet sich aber schon bei der ersten Begegnung ab:
Lev blätterte die Papiere durch.
Kato deutete seinen Blick richtig. Sie zog den Stuhl an sein Bett und erklärte ihm den Stoff. Lev war davon ausgegangen, dass sie streng roch. Doch er nahm einen Geruch von Milch wahr, und etwas Schwebendes, Leichtes, wie an einem klaren Morgen. (S. 202)
Das ist auch ein gutes Beispiel für die ebenso präzise wie poetische Sprache von Iris Wolff: Er nahm einen Geruch von Milch wahr, und etwas Schwebendes, Leichtes, wie an einem klaren Morgen. Ohne dem Gefühl einen Namen zu geben, schafft es Wolff, die Empfindung von Lev einzufangen und nachvollziehbar zu machen. Sie erzählt ihre Geschichten, indem sie sie zeichnet. Dabei vertraut sie auf ihre Worte und überlässt uns ihrer Wirkung. Sie hat es nicht nötig, zu erklären, was sie meint. An einer anderen Stelle im Buch beschreibt sie, wie Grossmutter Bunica ihre Geschichten erzählt. Diese Beschreibung lässt sich durchaus als Selbstbeschreibung der Erzählweise von Iris Wolff lesen:
Sie nahmen auf der Ladefläche Platz, legten Zeitungen unter, der Nässe wegen. Hinter ihnen standen Kisten mit leeren Sodaflaschen. Lev hielt den Regenschirm über sich und seine Grossmutter und rauchte. Bunica hatte nicht, wie sonst nach dem Gottesdienst, vor der Kirche verweilt, sie liess sogar eine Frau stehen, die zielgerichtet und sicherlich mit einer Menge Tratsch auf sie zukam. Sie schwieg während der ganzen Fahrt, wo sie doch sonst immer erzählte, wenn sie gemeinsam unterwegs waren. Bunicas Geschichten warteten in der Landschaft, waren eingezeichnet in Häuser, Bäume, Bäche. Hier das Tor, wo die Russen am ersten Tag einen erschossen hatten. (Man müsse nur einen im Dorf erschiessen, dann parierten alle.) Dort das Versteck, in dem zuerst ein Jude, dann ein Wehrmachtssoldat, dann ein Sachse verborgen wurde, und wer weiß, vielleicht auch ein rumänischer Partisan. Sie fragte nicht, ob er Camil gewarnt hatte. In ihren Äußerungen konstatierte sie, untersuchte nicht. War etwas gesagt, konnte sie es loslassen, es war nicht mehr in ihrer Hand. Einmal hatte Lev gefragt, woher sie ihr Wissen habe. Das Wissen käme aus dem Leib, aus dem ganzen Leib, sagte sie – die meisten Leute kämen jedoch bedauerlicherweise nie über ihren Kopf hinaus.» (S. 101)
Genau das ist es, was die Erzählweise von Iris Wolff ausmacht. Sie hat ihre Geschichte eingezeichnet in die Landschaft, in die Häuser, Bäume, Bäche von Siebenbürgen. Man merkt dabei, dass sie sehr genau weiss, von was sie schreibt. Ist etwas gesagt, vertraut Iris Wolff darauf und lässt es los. Dabei vertraut sie, wie Bunica, nicht nur auf den Kopf, sie bezieht den ganzen Leib mit ein. Auch da ist Iris Wolff sehr präzis: Es geht nicht um den Körper, es geht um den Leib. Der Körper, das ist der versachlichte Mensch, der sich objektiv erfassen lässt. Der Leib ist das subjektiv Gespürte. Der Mensch hat einen Körper, aber er ist ein Leib. Genau das macht Iris Wolff in ihrem Buch spürbar.
Es ist eine sehr präzise Sprache, die man genau lesen muss. Und genau lesen kann. Lässt man sich auf diese Sprache ein, stösst man beim Lesen immer wieder auf kleine poetische Trouvaillen. Sprachliche Fundstücke, die man sich, wie ein schöner, von der Sonne gewärmter Stein am Strand, glücklich in die geistige Hosentasche stecken kann. Auch dafür ein Beispiel:
Tief ziehende Wolken. Wie ein Meer, unter dem man hinwegtauchen konnte.
Kato war in eine undurchdringliche Stille gehüllt.
Vorsorglich schwieg auch Lev. Wieso hatte er eigentlich, wenn eine Frau schwieg, immer das Gefühl, es habe mit ihm zu tun? (S. 144)
In diesem kleinen Abschnitt habe ich gleich zwei solcher Sprachfundstücke mitgenommen: Die Wolken, die wie Meer sind, unter dem man hinwegtauchen kann. Und dann dieser wunderbare Satz: Wieso hatte er eigentlich, wenn eine Frau schwieg, immer das Gefühl, es habe mit ihm zu tun?
Die Sprache steht immer im Dienst der Geschichte, die Iris Wolff erzählt, der Geschichte von Lev und Kato. Es ist die Geschichte einer Freundschaft, einer Liebe, die mehr ist als nur eine Liebesbeziehung. «Lichtungen» ist dabei kein Coming-of-Age-Roman. Wie auch, Iris Wolff erzählt die Geschichte ja rückwärts. So, wie einem Freunde mit der Zeit erzählen, wie es dazu gekommen ist, dass sie sind, wie sie sind. Das ist auch das Gefühl, das bei mir nach der Lektüre blieb: dass ich zwei Freunde gewonnen habe.
Iris Wolff hat mich mit jedem ihrer Romane von der ersten Zeile an gefangen genommen. Bis zum Schluss spannend komponiert und mit ihrer besonderen Stimme, wie eine Stickerei aus dem Banat, bunt gefärbt durch diese Spracheinflüsse, zaubert sie Bilder und beschreibt Beziehungen, die in Erinnerung bleiben und von innen wärmen. Mein Lesehighlight des Frühjahrs!
Inge Wolff schrieb einen Roman über Lev und Kato, er spielt in Rumänien in der europäischen Umbruchstimmung. Das Leben wird rückwärts erzählt, so begegnen wir uns auch im Leben, es beginnt im Jetzt, erst wenn man sich näher kennenlernt, erfährt man mehr über einen Menschen. Dabei streut sie immer wieder Erinnerungen ein, das Leben wird nicht chronologisch erzählt. Wolff beschreibt in sehr schöner, dichter und dabei doch leichter Sprache, was den Menschen formt, was er heute ist. Dabei muss es jedoch nicht bleiben - beide verbindet eine unverbrüchliche Freundschaft über allem hinweg und doch geht jeder der beiden einen eigenen Weg - dennoch bleiben sie stets verbunden. Eine wunderschöne Geschichte über Freundschaft.
Dieser Roman - mein erster von Iris Wolff - lässt mich zwiegespalten zurück. Einerseits mochte ich den Schreibstil sehr, die Sprachbilder, die einfühlsame und behutsame Erzählweise, die mir einen Eindruck von Levs Gefühlswelt und der Stimmung in Rumänien zur Zeit Ceausescus und auch nach dem Zusammenbruch des Regimes gibt. Auch das Hin- und Hergerissensein bzw. die Identitätssuche als Deutsch-Rumäne in Siebenbürgen ist sehr eindrücklich beschrieben. Auf der anderen Seite hatte ich meine Schwierigkeiten mit der besonderen Erzählweise, welche die Geschichte zeitlich rückwärts entwickelt, mit dem Wiedersehen von Lev und Kato nach Jahren beginnt und schrittweise in die Kindheit zurückgeht, wobei selbst innerhalb einzelner Kapitel zusätzliche Zeitsprünge in Rückblenden oder Erinnerungen eingebaut sind. Dies beeinträchtigt den Lesefluss, da ständig Personen vorkommen, deren Verhältnis zu Lev man erst im Laufe der Geschichte einordnen kann und die zunächst "in der Luft hängen". Auch den emotionalen Zugang zu den Figuren erschwerte es mir erheblich und führte dazu, dass ich ständig zurückblättern und Passagen nochmal lesen musste, um mir ein vollständiges Bild machen zu können.
Ich lese sehr gerne komplexe Romane (etwa von Jonathan Lee) und bin gerne bereit, mich auf neue Erzählweisen einzulassen. Insofern empfand ich "Lichtungen" durchaus als bereichernd. Dennoch blieb das Lesevergnügen etwas auf der Strecke. "Lichtungen" ist für mich ein Roman, den man am besten zweimal lesen sollte, da man dann nach dem ersten Durchgang bereits die Figurenkonstellation und den Handlungsrahmen kennt und beim zweiten Mal sicher einen besseren Blick für die Details haben wird.
„Lichtungen“ von Iris Wolff
Iris Wolff ist auch hier wieder ein wunderbarer Roman gelungen. Wir erfahren Episoden aus dem Leben von Lev, einem jungen Mann aus Siebenbürgen, wobei uns die Geschichte aus der Gegenwart zurück bis in die Zeiten des Eisernen Vorhangs führt und uns verschiedene Nebenfiguren ebenso ans Herz legt.
Die Geschichte wird uns rückwärts - das Buch startet mit Kapitel 9 und endet bei Kapitel 1 - in kleinen Erinnerungsinseln erzählt. Ein genialer Schachzug! Hierdurch nimmt Iris Wolff komplett das Tempo aus der Geschichte, denn Fragen, wie „Bleiben Kato und Lev am Ende zusammen?“ werden gleich im ersten Kapitel geklärt. Der Spannungsbogen wird damit ein komplett anderer und man konzentriert sich als Leser auf gänzlich andere Dinge.
Sprachlich ist das Buch auch dieses Mal wieder ein absolutes Meisterwerk. Dabei wird die Zerrissenheit der Menschen ganz, ganz toll dargestellt - „Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender.“ Ich hatte gar nicht so viele Klebezettel zur Hand, wie man hier verwenden könnte, um besonders beeindruckende Stellen zu markieren. Und nicht zuletzt hat mich das Buch auch atmosphärisch total abgeholt - ich würde am liebsten meine Koffer packen und nach Rumänien reisen! Wer mag mich begleiten? 😁
Ihr merkt schon, worauf das hinausläuft?! Absolutes Lesehighlight!!! 💜💜💜
Lichtung, viel gelesen bereits über das Buch und auch die österreichischen Medien berichten viel darüber. Darum musste ich es lesen und auch weil ich die Autorin von anderen Büchern kenne und mir diese gefallen haben.
Das Leben wird hier rückwärts erzähl, was ich eine spannende Herangehensweise finde.
„Werdet ja nicht alt, das Alter hat schwere Kleider.“; „Schweigen verkantet sich am Tisch.“; …bis die Kälte an seinen Füßen in stechenden Schmerz kippte.“; und mein Favorit: „Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender.“ Starke Bilder und wundervolle Charaktere machen den neuen Roman so lesenswert. Neun Kapitel, neun Stationen führen uns zurück nach Siebenbürgen, wo die. Geschichte von Lev und Kosta begann.
Iris Wolff ist eine großartige Erzählerin.
In Episoden erleben wir Levs und Katos Geschichte, doch wird diese Geschichte rückwärts erzählt. Es setzt sich immer mehr ein Gesamtbild zusammen und hat man das Buch zu geklappt, möchte man gleich vorne wieder anfangen.
Eine wunderbare poetische Erzählung über die Freundschaft und das Leben von Kato und Lev. Auch wenn ich es als ungewohnt empfunden habe, dass die Geschichte rückwärts erzählt wird, haben mich viele Sätze sehr berührt und werden mir im Gedächtnis bleiben.
Das war mein erstes Buch von Iris Wollf und ich bin zum einen durch das Cover auf das Buch aufmerksam geworden, das wirklich wunderschön ist, zum anderen aber durch diverse Berichterstattungen.
Ich war neugierig, wie mir ein Buch gefallen würde, das rückwärts erzählt wird.
Die Geschichte von Lev und Kato konnte mich wirklich fesseln. Es ist ein ruhiger Erzählstil, der fast episodenhaft verschiedene Ereignisse erzählt, durch die mir Lev immer deutlicher vor Augen stand. Wie eine Zwiebel wird hier Schicht für Schicht abgetragen und wir erfahren, wie Lev zu dem Mann wurde, dem wir im ersten bzw. neunten Kapitel begegnen.
Dazu wird uns das Leben in Rumänien in einem Dorf näher gebracht, in dem alle irgendwie zwischen dem "Gehen" oder "Bleiben"-Zustand sind.
Ich mochte die Geschichte sehr, nachdem ich mich davon gelöst habe, die Lücken füllen und die Episoden zeitlich einordnen zu wollen.
„Lichtungen“ von Iris Wolff erzählt die Geschichte von Lev und Kato. Einer der Schauplätze ist Rumänien, während der Zeit des Regimes unter dem Diktator Nicolae Ceaușescu. Kato flieht in den Westen und schreibt Lev regelmäßig Postkarten. „Wann kommst du?“ Das Regime war besiegt und auch er, Lev, darf jetzt reisen. Zwischen Kato und Lev existiert eine besondere Beziehung seit ihren Jugendtagen.
Iris Wolff erzählt von der besonderen Freundschaft zwischen Lev und Kato von rückwärts. Die beiden haben sich wiedergefunden und scheinen nach ihrer Reise durch Europa in ihre Heimat zurückkehren zu wollen. Jedes Kapitel ist ein Schritt zurück in die Vergangenheit, zum Beginn ihrer Freundschaft.
Sicher, es ist eine Herausforderung, einen Roman in zeitlich umgekehrter Reihenfolge zu lesen, doch die bildreiche Sprache der Autorin macht dies leichter möglich. Die Kapitel laufen rückwärts. Erwähnenswert ist v.a. das zwar kurze und intensive Kapitel 1 (von 9).
Das Cover (ein gemalter Vogel) lädt sofort ein, das Buch in die Hand zu nehmen, der Klappentext macht neugierig auf das Buch. „‘Du hättest zurücksehen müssen, dachte er, allein um zu wissen, ob sie sich nach dir umgewandt hat.‘ Zwischen Lev und Kato besteht seit ihren Kindertagen eine besondere Verbindung. Doch die Öffnung der europäischen Grenzen weitet ihre Lebensentwürfe und verändert ihre Beziehung für immer. Iris Wolff erzählt in ihrem neuen Roman von zeitloser Freundschaft und davon, was es braucht, um sich von den Prägungen der eigenen Herkunft zu lösen.“
Lesenswert, auch wenn es kein einfacher Roman ist.
Iris Wolff führt uns in dieser Liebes- und Familiengeschichte in den ländlichen Raum von Rumänien in der Zeit unter Ceausescus Diktatur. Kato und Lev leben in einem rumänischen Dorf und sind befreundet. Lev hatte einen Unfall, kann nicht mehr laufen. Kato besucht ihn täglich und sie lernen gemeinsam für die Schule. Kato ist eine Einzelgängerin, ein verschlossenes und sensibles Mädchen. Sie lebt mit ihrem Vater alleine und wird sich sehr oft allein überlassen. zwischen den Kindern entwickelt sich eine tiefe Freundschaft, auch die Familie von Lev lässt Kato sehr viel Zeit bei sich verbringen. Die Autorin beschreibt die Armut und Not in den achtziger Jahren. Es fehlt an Vielem, Benzin muss besorgt werden, wenn man eine Fahrt mit dem Auto machen möchte. Andersdenkende Menschen werden beobachtet und bespitzelt. Nach der Revolution 1989 verlässt Kato, das Land, Lev ist hier aber verwurzelt und ist auch sehr naturverbunden , er bleibt. Kato will malen, wie sie es als Kind auch schon immer getan hatte. Die Autorin beschreibt gefühlvolle, zärtliche Momente zwischen den beiden junge Menschen. Ist es wirklich eine Liebe fürs Leben? Das bleibt offen, Kato ist in Zürich und schreibt ihm im Jahr 2010. Die beiden treffen sich und verbringen eine Zeit miteinander.
In diesem Roman werden die politischen Ereignisse in die Familiengeschichte gut eingebunden. Die Autorin hat eine zauberhafte und bildhafte Sprache, auf die ich mich sehr gern eingelassen habe. Alles wird so beschrieben, dass ich mich als Leserin mittendrin gefühlt habe. Es ist ein sehr gefühlvolles Buch, was mir sehr gefallen hat. Allerdings schreibt sie das Buch nicht chronologisch, sondern in umgekehrter Reihenfolge. Das war zu Beginn des Romans etwas anstrengend. Ich möchte das Buch auf jeden Fall empfehlen, unbedingt lesen!!
Eigentlich dachte ich ja, dass mich lesetechnisch nicht mehr so viel überraschen könnte... aber dann kam "Lichtungen" von Iris Wolff.
Eine intensive unkitschige Geschichte über Freundschaft, Familie und Heimat.
Wir befinden uns in Rumänien und lesen von der Freundschaft zwischen Lev und Kato von Kindheit an... aber hoppla, eigentlich erfahren wir die Geschichte angefangen beim Ende.
Das Buch beginnt bei Kapitel neun und beim Lesen wandern wir mit den Protagonisten, die sich nach Jahren endlich wieder sehen immer tiefer in die Vergangenheit bis zu ihrem Kennenlernen. Dabei erleben wir Levs Familie und erfahren ein wenig von Rumäniens Geschichte. Und all das in wunderschönen Beschreibungen, bunt und intensiv wie Gemälde. Das war ein literarischer Hochgenuss, ein Buch zum tief Hineintauchen und die Welt um sich herum zu vergessen.
Iris Wolffs Schreibstil ist unglaublich schön und detailverliebt, ihre Figuren lebendig und dreidimensional. Mit Wörtern malen zu können ist in der Tat eine tolle Gabe.
Bitte lesen - unbedingt!
Iris Wolff, Lichtungen
Eine bewegende Geschichte über Freundschaft. Das der Roman mit dem Ende beginnt und dann rückwärts erzählt wird war für mich ungewöhnlich. Die Protagonisten Lev und Kato sind lebensecht beschrieben und real vorstellbar. Der Schreibtsil ist schön und poetisch.
Insgesamt hat mich der Roman gut unterhalten.
Iris Wolff ist eine Autorin, die einfach ganz wunderbar schreiben kann. Ich könnte in ihre Sprache regelrecht versinken, so sehr gefällt sie mir. Dennoch konnte ich diesmal in die Geschichte nicht so eintauchen, wie ich das gerne gewollt hätte. Dies liegt an der Erzählweise: Lichtungen wird antichronologisch erzählt. Das erste Kapitel im Buch ist eigentlich das letzte und umgekehrt. Dies wird gleich zu Beginn erwähnt, auch die Nummerierung ist gegenläufig. Für mich hatte das zur Folge, dass die Personen erstmal nur Namen waren, ich viele Handlungen nicht nachvollziehen konnte. Je weiter die Geschichte fortschritt, umso leichter wurde es, zumindest was Lev betrifft. Ihn begleiten wir die ganze Zeit. Fast alle anderen Personen tauchten plötzlich auf oder verschwanden genauso plötzlich wieder. Ich fühlte mich oft wie bei einer Kurzgeschichte, in die man sich langsam einfinden muss, die aber dann, wenn man endlich die Zusammenhänge versteht, schon wieder vorbei ist.
Dennoch habe ich Lichtungen gerne gelesen, vor allem gegen Ende hin. Vermutlich müsste ich es noch einmal lesen, eventuell sogar in umgekehrter Reihenfolge, um wirklich alles zu verstehen.
Ein ganz besonderer Roman, eine ganz großartige Sprache und eine zauberhafte Autorin machen dieses Buch zu einem unglaublich großartigem Wurf! Vielen Dank für eine solch tolle Geschichte!
Distanzerfahrung
Iris Wolff erzählt in „Lichtungen“ von „Zugehörigkeit und Fremdsein“
„Schon während der Gespräche im Zug war ihm der Gedanke gekommen, dass alle Reisenden auf gewisse Weise ihr Land vertraten. Aber durften einzelne Menschen und Erfahrungen fürs Ganze stehen?“
„Ihr Deutschen lebt in der Straße, seid ganz mit eurem Haus verwachsen, zieht die Vorhänge zu, verbergt euch im Hof wie ein Fuchs in seiner Höhle. Wir Rumänen jedoch leben auf der Straße, für jeden sichtbar, ansprechbar. Sollte sich die Straße neigen, wegrutschen, fallen wir mit, rutschen wir mit. Nimmt man euch die Straße, euer Haus, was seid ihr dann? – Noch jetzt traf ihn die Unterscheidung seines Bruders in: wir und ihr.“
„Imre war schweigsam, lebte für sich. Aber nach Levs Ermessen taten dies alle: Bredica, Dorin, Valea, Bunica, Ferry und auch seine Mutter Lis. Das Wesentliche teilten sie nicht. Selbst bei Kato und ihm war das nicht anders, auch wenn er sich das manchmal wünschte.“
Vor kurzem fiel mir auf dem Dachboden ein Tagebuch in die Hand, ich fing an darin zu lesen und blätterte beim letzten Eintrag beginnend zurück. Ganz ähnlich hat Iris Wolff ihren neuen Roman „Lichtungen“ angelegt. Er liest sich wie ein Journal voller Erlebnisse, Beobachtungen und Ideen und erzählt seine Geschichte vom Ende her. Damit dies auch jeder versteht, werden die Kapitel im Countdown gezählt. Zu Beginn steht die Hauptfigur, Lev, mit Mitte 30 am Ende seiner Entwicklung, soweit dies den Roman betrifft. Doch wovon handelt dieser?
Da ist zum einen die Geschichte zwischen dem Mädchen Kato und dem Jungen Lev, die sich als Kinder begegnen und eine Freundschaft zueinander entwickeln, die mit zunehmendem Alter so intensiv wird, daß daraus mehr werden könnte. Vor allem Lev empfindet dies so, aus dessen Perspektive das Geschehen erzählt wird. Ganz klar wird es allerdings nicht, ob hier die Geschichte einer großen Liebe vorliegt. Auch wenn der letzte Satz, den Kato konstruktionsbedingt zu Beginn äußert, lautet „Ich komme mit“. Es bleibt ein offenes Ende, aus dem Wolff einen offenen Anfang macht.
Ebenso viel Gewicht wie auf die Beziehung dieses Paares legt Iris Wolff, die aus Siebenbürgen stammt, auf den Ort der Handlung. Das Dorf, in dem alles begann, liegt in der Maramuresch, einer Region Rumäniens, die an Siebenbürgen grenzt. Die Lage und die Geschichte der Gegend bedingen das Gemisch der Bevölkerungsgruppen. Rumänen, Siebenbürger Sachsen, Roma und Juden bilden eine Gemeinschaft, was sich in unterschiedlichen Sprachen und Traditionen zeigt. Dies gilt auch für die Familie von Lev. Seine Mutter aus Siebenbürgen und der Großvater aus Österreich sprechen deutsch, der Vater, seine älteren Stiefgeschwister und die Großmutter rumänisch. Lev spricht beides, so auch Kato, deren Herkunft als Roma angedeutet wird. Sie wohnt mit ihrem Vater am Rande des Dorfs in einer baufälligen Hütte. Eine Familie gibt es nicht. Kato hat kaum Kontakt und fühlt sich fremd. Neben Lev hat sie nur zwei weitere Freunde, wie sie Außenseiter, die gegen das Regime Ceaușescus kämpfen. Die prekäre politische Situation wird allerdings ebenso wie die soziale Katos im Roman nur angedeutet. „Worüber man nicht sprach, war nie geschehen.“ Wir hören von Überwachung und Zwangsarbeit, doch die Securitate bleibt unerwähnt, der Terror subtil versteckt.
Der widerständige Freund verschwindet, Lev verschwindet im Arbeitslager, Kato verschwindet schließlich mit einem Durchreisenden. Es zog sie schon immer fort und so ergreift sie ihre Chance als ein junger Fahrradtourist aus dem Westen im Dorf vorbeikommt. Sie besorgt sich ein Fahrrad und fährt mit ihm. Lev und Kato verlieren sich aus den Augen. Es folgen Jahre der Distanz, die beide auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Partnern überbrücken. „Sie waren Freunde gewesen, dann wurden sie sich fremd.“
Lev bleibt in der Maramuresch und arbeitet wie seine Brüder im Wald. Die künstlerisch begabte Kato wird Straßenmalerin in fernen Ländern. Schon als Kind skizzierte sie Tiere, Natur und Menschen. Auf einer zurückliegenden Reise mit Lev ans Schwarze Meer fertigte sie Skizzen zur Erinnerung. Auf einer zukünftigen Reise werden sie sich wiederbegegnen.
Die Geschichte über ein Paar zwischen „Zugehörigkeit und Fremdsein, Erinnern und Vergessen“ erzählt Wolff vom Ende her. Sie beginnt mit dem neunten, dem letzten Kapitel des Romans. Mit jedem Folgenden unternimmt sie einen Sprung in die Vergangenheit. Funktioniert das? Und ist das überhaupt neu? Rückblenden sind ein wichtiges Mittel der Literatur, kaum ein Roman kommt ohne sie aus. Meist sind sie in den Handlungsablauf eingebunden. Wie geschickt dies geschieht, liegt im Vermögen des Autors. Auf diese Integration verzichtet Wolff, die die Rückblicke kapitelweise unternimmt. Innerhalb der Kapitel fragmentiert sie stark. Da stehen poetisch schöne Naturimpressionen, „er geriet immer wieder in Schafherden, die wollenen Rücken umspülten ihn wie Wasser ein Hindernis im Bachlauf“, neben prägnant formulierten Gefühlszuständen „jedes Mal, wenn er etwas sagen sollte, spürte er die Worte schwer und träge im Mund. Seine Herkunft war in seinem Akzent, war ihm eingenäht in Kleidung und Schuhe“. Bisweilen taucht aus der melancholischen Grundstimmung sogar Humor auf.
Gebunden wird alles von einem rückwärts geknüpften Faden, an dessen Ende die Leserin nicht nur erfahren wird, wie alles begann, sondern auch, welches Geheimnis Lev verbirgt. Doch diese Konstruktion verheddert manchmal. Es entstehen Längen durch Nebenschauplätze, wie der ausführlichen Darstellung der Straßenmalerei, oder durch Nebenfiguren, die blass bleiben und im Beziehungsgeflecht verloren gehen. Der poetisch anmutende Schreibstil ist zu Beginn von Aufzählungen geprägt. Das mehrfache Aneinanderreihen von Aussagen oder Worten wird zum Kontinuum. „Alle waren in Bewegung, eilig, getrieben“, „der Straßenlärm wurde lauter, Autohupen, Motorengeräusche, das Rollen“, „vor ihm lag eine mehrspurige Straße, Zebrastreifen, fünfstöckige Häuserzeilen“. Man erkennt den Zweck, die Dehnung der Zeit, wie es Wolff im letzten Kapitel formuliert, „Alles war rückwärtsgelaufen, weniger geworden, und wo sich die Zeit am Anfang dehnte, verkürzte sie sich jetzt unbarmherzig“. Dennoch erzeugt das Zuviel Überdruss. Das gilt auch für tiefsinnig scheinende Formulierungen, wie „Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender“. Überzeugt hat mich hingegen, wie Wolff ihre Motive Zugehörigkeit und Fremdheit an die Sprachen ihres Handlungsorts bindet und wie sie dies im Roman sichtbar macht. Am augenfälligsten erreicht sie dies durch Sentenzen vor den einzelnen Kapiteln. Diese sind in der Originalsprache belassen und für die meisten deutschen Leser zum Großteil unverständlich. Wenigstens so lange bis man ihre Übersetzung im Anhang nachschlägt. Dort finden sich auch die Quellenangaben und wir erfahren, wie Wolff von der altgriechischen Fabel über ein Roma-Märchen, der Bibel, rumänischen Gedichten und einem englischen Songtext die Sprachvielfalt der Figuren zum Ausdruck bringt. Auch im Text spiegelt sich dieser Sprach- und Literaturkosmos.
MEINUNG:
Nach Die Unschärfe der Welt, welches mir schon gut gefallen hatte, ist Lichtungen nun der neue Roman von Iris Wolff. Ich war sehr gespannt auf die Geschichte und vor allem auf die Freundschaft zwischen Lev und Keto.
Für diese Geschichte braucht man etwas Konzentration, denn sie ist rückwärts erzählt. Die Kapitel laufen auch rückwärts, wodurch sich einige Dinge es rückwirkend erschließen. Lev und Kato verbindet eine lange Freundschaft. Es war interessant zu lesen, wie sch die Freundschaft eigentlich entwickelt hat und natürlich stellt sich immer wieder die Frage, ob da nicht auch mehr ist. Ich habe es allerdings nicht als Liebesgeschichte empfunden. Ihrer beider Leben hat in Rumänien zusammen begonnen und trennt sich dann aber mit der Öffnung der europäischen Grenze und des Falls der Mauer. Die Geschichte ist aus der Sicht von Lev geschrieben, dadurch lernt man Kato nur aus der Außenwahrnehmung kennen. So blieb ich ihr gegenüber etwas distanzierter. Kato wirkt im Gegensatz zu Lev, der sehr heimatverbunden ist und bleibt eher wie eine rastlose Person und ein Freigeist. Handlungsmäßig passiert nicht so viel, so dass ich oft längere Pausen eingelegt habe, dennoch überzeugt mich immer wieder Iris Wolffs poetische Sprache und die wirklich oft gut formulierten Sätze.
FAZIT:
Lichtungen ist kein Buch für zwischendurch. Man braucht allein für die rückwärts erzählte Geschichte schon die vollste Konzentration. Ich habe es oft nur etappenweise gelesen, weil es jetzt auch nicht den klassischen Sog hatte. Empfehlenswerter wäre aber, da einfach dran zu bleiben, denn die Sprach von Iris Wolff kann mich immer wieder überzeugen. Ich kann mir vorstellen, dass ich das Buch irgendwann nochmal lesen und es dann nochmal anders wahrnehmen werde.
Ein interessantes Buch. Die Geschichte spielt in Rumänien und fängt mit dem letzten Kapitel an, erzählt also das Leben von Lev und Kato rückwärts. Das macht den Roman schon besonders. Die beiden kennen sich seit der Kindheit. Die Außenseiterin Kato wird gebeten, dem kranken Mitschüler die Hausaufgaben zu bringen und mit ihm zu lernen. Dadurch entstehen Freundschaft und Zuneigung. Doch die Lebenswege trennen sich. Karo hält die Verbindung durch Postkarten, die sie von ihren Reisen schreibt.
Wie die Geschichte ausgeht, erfährt man bereits am Anfang. Trotzdem ist man neugierig, wie es dazu kommen konnte.
Ein Iris Wolff Roman, der nicht ganz so einfach zu lesen ist.
Lev hoffte, dass seine Schwester Bredica "vielleicht so etwas wie Glück" in ihrer Ehe fand, "als er sie vor sich sah, wie sie sich drehte, wie ihr Rock aufflog, als er sah, wie ihr Gesicht weich wurde". Eine meiner Lieblingsstellen in diesem stimmungsvollen Roman von Iris Wolff.
Lev und Kato sind in einem Dorf in Rumänien aufgewachsen. Der Roman beginnt, als sich Lev und Kato nach 5 Jahren Trennung in Zürich wiedersehen und gemeinsam über Paris, Nantes und Montpellier zurück nach Osten reisen. Und nicht nur Lev und Kato, beide zu Beginn des Romans etwa 35 Jahre alt, reisen zurück. Auch der Roman wird rückwärts erzählt. In 9 Kapiteln wird das Leben Levs vom Erwachsenenalter über seine Jugend bis zurück in seine Kindheit aufgerollt. So erschließt sich dem Leser, wie Lev und Kato zu den Menschen, die sie zu Beginn des Romans als Erwachsene sind, geworden sind.
Was verbindet die beiden ? Ist es Liebe, Freundschaft, die gemeinsame Kindheit in Siebenbürgen ? Beide verbringen Kindheit, Jugend und junges Erwachsenenalter in einem kleinen Dorf in Siebenbürgen. Levs Mutter ist Rumänin, sein Vater Siebenbürger Sachse. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende des Warschauer Pakts zieht es Kato in den Westen. Lev bleibt als Betreiber eines Sägewerks in Rumänien zurück.
Der Roman ist zunächst nicht einfach zu lesen. Immer wieder muß man sich bewußt machen, dass die Geschichte hier rückwärts erzählt wird. Der Protagonist Lev wird während des Verlaufs des Romans nicht älter, sondern jünger. Kato hilft ihm, als er als Schulkind schwer erkrankt. Zunächst durch Nachhilfe, um in der Schule Versäumtes nachzuholen, dann durch ihre Freundschaft und Gegenwart, um gesund zu werden. Hat man sich einmal an die Erzählweise gewöhnt, erschließt sich vor allem durch die einfühlsame, stimmungsvolle Sprache das Leben der Menschen in Siebenbürgen.
Kato ist zu Beginn des Romans Straßenkünstlerin und erschafft auf den Plätzen Europas mit Kreide vergängliche Repliken großer Künstler. Ähnlich wie ein Gemälde entwirft auch die Autorin vor dem inneren Auge des Lesers die Welt, den oft harten Alltag, der Menschen in Rumänien. Farbenfroh, licht und dunkel, atmosphärisch dicht, die Schönheit der Natur Siebenbürgens, der Wälder, der Tierwelt spiegelnd, die Fantasie des Lesers anregend. Eine malerische Sprachkraft, die darüberhinaus Gerüche, Geräusche und zwischenmenschliche Empfindungen geradezu zum Leben erweckt.
Was nun verbindet Lev und Kato ? Meine Antwort nach der überaus bereichernden Lektüre: "Vielleicht so etwas wie Glück". Die durch die Verbundenheit zweier Menschen, die gemeinsame Kindheit, gemeinsame Erinnerungen und letztendlich die Heimat entstehenden Lichtungen um Verlauf eines Lebens.
Ein wunderschöner, stiller Roman über familiäre Geborgenheit, Heimat, Freundschaft, Liebe und die Schönheit der Natur Siebenbürgens. Ich vergebe 5 Sterne und eine große Leseempfehlung.
Das war so eins von den Büchern, über die ich schon vorab so viele Rezensionen gelesen habe ... Ich wusste, es geht um die Freundschaft zwischen Kato und Lev, die im kommunistischen Rumänien aufwachsen. Nach der Grenzöffnung zieht sie in die Welt, er bleibt da. Ich wusste, die Sprache ist poetisch und die Geschichte wird von hinten aufgerollt. Begründung: Menschen lernen wir genau so kennen - im aktuellen Alter, nach und nach erfahren wir mehr aus ihrem Leben. Ich wusste also eine Menge und war doch neugierig genug, das Buch selbst zu lesen.
Es hat mir die Tür zu einer besonderen Welt geöffnet: Iris Wolff ist selbst in Hermannstadt aufgewachsen, authentisch, mit vielen wunderbaren Details schildert die das einfache Leben der Menschen in dieser Region.
Die zarten Beobachtungen haben mich berührt. In Erinnerung bleibt mir jedoch weniger die Geschichte der Freundschaft, als vielmehr Levs persönliches Schicksal und das seines Onkels Ferry - ein ganz starker Charakter, der auch von Joseph Roth stammen könnte.
Das Rückwärtserzählen fand ich als Idee zunächst sehr reizvoll. Beim Lesen hat es mich aber gestört. Eine Struktur mit zwei parallelen Erzählebenen hätte für mich gereicht, ich hätte die sogar passender gefunden. Denn so ist es ja auch im Leben: Warum sollte ich die Vergangenheit eines Menschen besser kennenlernen, wenn ich in der Gegenwart mit ihm/ihr nichts erlebe? So war ich anfangs sehr damit beschäftigt, im zweiten Kapitel die Spuren bzw. Wurzeln des ersten zu suchen usw. Erwas mühsam.
Doch dann las ich einfach jedes Kapiel für sich, überließ mich dem Sprachklang, folgte nur den einzelnen Geschichten. Und hatte eine wunderbare Zeit mit diesem Buch.
Auf der Suche nach Heimat
Iris Wolff beschreibt in "Lichtungen" die seit der Kindheit bestehende Freundschaft von Lev und Kato. Die Geschichte spielt in einem Dorf in Rumänien. Lev hat deutsche, rumänische, ungarische und österreichische Wurzeln und ist auf der Suche nach Heimat, die er irgendwie nirgendwo finden kann. In seine Familie wurde er als Nachzügler geboren. In Kato hatte er so eine Art von Heimat gefunden, aber sie tingelt mittlerweile um die Welt.
Ich hatte Schwierigkeiten damit, dass die Geschichte rückwärts erzählt wurde, weil ich der Geschichte nicht immer so recht folgen konnte und nicht so flüssig lesen konnte. Obwohl mir der Schreibstil von der Autorin wirklich gut gefallen hat und die Zitate auch wirklich schön waren, obwohl ich kein rumänisch kann. Aber ganz konnte mich die Geschichte nicht überzeugen. Ich empfehle aber allen, sich selbst eine Meinung zum Buch zu machen und ich werde demnächst die Geschichte nochmal vorwärts lesen.
Eine wunderschöne Geschichte, die rückwärts erzählt wird.
Die Geschichte beginnt in Zürich wo sich Kato und Lev nach Jahren wiedersehen.
Kapitel für Kapitel erfährt der Leser, was in der Vergangenheit geschehen ist.
Dadurch erschliessen sich dann plötzlich Dinge, die anfangs keinen Sinn gemacht
haben. Mit diesen Kenntnissen möchte man am liebsten das Buch gleich nochmals
lesen.
Tolle Unterhaltung.
Die Geschichte über Freundschaft und Heranwachsen hat mich nachhaltig beschäftigt. Die besondere Erzählweise das Leben von Lev und Kato rückwärts zu erzählen, ermöglicht es, die prägenden Ereignisse besser zu verstehen.Es schärft die Aufmerksamkeit. Wir lernen Menschen im Hier und Jetzt kennen und erst allmählich erschließen sich die Fragmente der Vergangenheit. Dabei zeichnet sich der Roman durch eine ruhige Erzählweise aus. Der Leser begleitet die Protagonisten auf den unterschiedlichen Lebenswegen und kann über die Veränderungen im Leben reflektieren.
Lev und Kato, eine besondere Freundschaft seit ihrer Kindheit. Kato hat Lev wieder aufgerichtet, als er sehr krank war, Bis in s Erwachsenenalter besteht diese Verbindung, dann nutzt Kato die Freiheit und macht sich auf in den Westen. Sehr viel später entschließt sich Lev, auf ihre Frage "Wann kommst du" hin, ihr zu folgen. Und hier beginnt dieser sprachlich und inhaltlich so wundervolle Roman von Iris Wolff. Dann folgt man dieser Geschichte rückwärts bis zu ihrem Kennenlernen. Eingebettet in die Umbruchzeit in Rumänien lernt man die Familie und Freunde der beiden kennen .
Behutsam und poetisch erzählt hat mich dieser Roman von Anfang bis Ende gefesselt und begeistert. Eines der Bücher, bei denen man
bedauert, sie ausgelesen zu haben, die lange nachwirken.
Kato und Lev kennen sich seit ihrer Kindheit. Sie sind zusammen in Rumänien aufgewachsen. Als sie älter werden und die europäischen Grenzen sich öffnen, gehen sie getrennte Wege: Lev bleibt daheim, Kato zieht es in die Ferne.
Man müsse immer bereit sein, aufzubrechen, sagte Kato, ohne von ihrer Zeichnung aufzusehen. »Auch wenn man gerade erst angekommen ist?« »Dann besonders.«
Lev will die Schule schmeißen und geht lieber mit seinen Brüdern im Wald arbeiten, später muss er zum Militär und Tunnel graben. Es ist ein hartes Leben. Der Großvater flüchtet in den Westen, die Schwester wird schwanger und heiratet, Lev ist viel allein mit sich selbst und grübelt.
Als Kato und er sich nach all dem Erlebten wiedersehen, ist es natürlich schwer, es ist anders als vorher. Sie haben sich beide verändert, sich voneinander entfernt, und doch bleiben halt die ursprünglichen Gefühle füreinander stark. Lev ist sauer, dass sie sich immer noch als Expertin für die Heimat fühlt, obwohl sie schon so lange weg war.
„Sie wusste gar nichts, beurteilte die Welt, von der er erzählte aus der Erinnerung, als hätte sich nichts verändert, als befände sich das Dorf in einer gläsernen Schneekugel, in der ab und zu etwas aufwirbelte, ansonsten aber nichts Nennenswertes geschah. Alles war anders, alles hatte sich geändert. Das Glas war fort.“
Was für ein schönes Bild mit der Schneekugel, oder? Über Rumänien weiß ich leider sehr wenig, ich habe mich gefreut, mehr zu erfahren über dieses Land und auch über die vielen Völker, die hier leben. Über die Hauptfigur Lev heißt es zum Beispiel:
„Er hatte eine siebenbürgische Mutter und einen rumänischen Vater; sein Großvater berief sich auf seine österreichischen Vorfahren. Lev, eine Mischung aus all dem, fühlte sich nicht verpflichtet, sich irgendwo einzuordnen.“
Es ist ungewöhnlicherweise ein rückwärts erzähltes Buch, das zeigt, wie unterschiedlich Freunde sein können, wie sie auseinandergehen und doch wieder zueinander finden und das natürlich auch die alte Frage stellt, ob Männer und Frauen platonisch befreundet sein können. Und: es gibt ne Katze im Buch. Was braucht man mehr.
Ein berührender eindringlicher Roman über eine Kindheit und Jugend in der rumänischen Diktatur. Die Geschichte des 11-Jährigen Lev und der Aussenseiterin Kato wird Schritt für Schritt rückwärts erzählt. . Iris Wolff webt mit ihrer klaren, feinfühligen Sprache über die Beiden, deren Konflikte und familiäre Verstrickungen, die Geschichte eines ganzen Landes mit ein. Eine grandiose Erzählung über zeitlose Freundschaft und davon, wie alte Verletzungen bis heute Auswirkungen auf Beziehungen haben.
Lichtungen von Iris Wolff ist sehr schön geschrieben und ich fand, dass es weit mehr beinhaltet als es in der Kurzbeschreibung hergibt. Ich fand auch die Zeitachse bzw. Erzählweise interessant, was für mich auch der schönste Aspekt der Geschichte war. Somit verknüpften sich verschiedene Punkte zusammen aus der Gegenwart und Vergangenheit, welche zu einem speziellen Gefühl von Wiedererkennung und Nostalgie hervorgerufen hat. Die empfindsame und poetische Sprache ist definitiv ein Plus, allerdings fand ich die Geschichte etwas langsam erzählt, obwohl es eigentlich relativ kurz gehalten ist. Vielleicht empfand ich auch so, weil ich es nicht mehr gewohnt war langsam erzählte Geschichten zu lesen? Insgesamt ein schönes Buch, was irgendwo zwischen 3-4 Sternen landet.
„Lichtungen“ von Iris Wolff ist ein außergewöhnliches Buch, das mich von Anfang an begeistert hat. Der originelle Aufbau, bei dem die Geschichte quasi rückwärts erzählt wird, ist zunächst ungewohnt, doch genau das macht den Reiz dieses Romans aus. Wolff hat hier etwas wirklich Geniales geschaffen, das den Leser fordert, aber auch reich belohnt.
Der Schreibstil ist eine wahre Meisterleistung. Wolff schreibt mit einer poetischen Leichtigkeit, die jede Seite zu einem Genuss macht. Ihre Sprache ist zugleich kraftvoll und feinfühlig, wodurch die tiefen emotionalen Schichten der Geschichte eindrucksvoll zur Geltung kommen. Es ist selten, dass ein Roman so sprachlich überzeugend und gleichzeitig so tiefgründig ist.
Lev und Kato, die beiden Protagonisten, sind faszinierende Charaktere, die durch ihre komplexen Persönlichkeiten und Beziehungen zueinander beeindrucken. Ihre Geschichten, die sich langsam entfalten, sind ebenso berührend wie nachdenklich stimmend. Wolff gelingt es, ihre Lebenswege und inneren Kämpfe authentisch und fesselnd darzustellen.
Das deutsch-rumänische Setting verleiht dem Buch eine besondere Atmosphäre. Wolff bringt die Geschichte in einen historischen und geografischen Kontext, der das Geschehen bereichert und dem Leser neue Perspektiven eröffnet. Die Verknüpfung von persönlichen Schicksalen mit der kulturellen und geschichtlichen Kulisse ist brillant umgesetzt.
Insgesamt ist „Lichtungen“ ein herausragendes Werk, das durch seine sprachliche Brillanz, seine originelle Struktur und die tiefgründigen Charaktere überzeugt. Dieses Buch ist eine absolute Empfehlung für jeden, der sich für literarische Feinheiten und außergewöhnliche Erzähltechniken begeistert. Für mich ist es ein klarer Fünf-Sterne-Roman, der noch lange nachhallt.
Wunderschöner Schreibstil!
Durch die umgekehrte Kapitelabfolge ist es mir manchmal schwergefallen, der Handlung zu folgen; gleichzeitig fand ich es total spannend, die Geschichte mal andersherum zu verfolgen und erst am Ende herauszufinden, was eigentlich traumatisches passiert ist und der Auslöser für alles war. Mich hat Lev und Katos Entwicklung sehr berührt und nebenbei habe ich noch viel historischen Kontext gelernt, der mir vorher noch nicht so stark bewusst war.
Dieses Buch wird definitiv weiterempfohlen!
„Lichtungen“ von Iris Wolff ist ein tief berührender und kunstvoll erzählter Roman, der die komplexen Fäden von Freundschaft, Herkunft und den Auswirkungen politischer Veränderungen auf das individuelle Leben miteinander verwebt. Die Geschichte folgt den Lebenswegen von Lev und Kato, die seit ihrer Kindheit in einem kommunistischen Vielvölkerstaat in Rumänien durch eine besondere und tiefe Verbindung miteinander verbunden sind.
Wolff beschreibt mit einer außergewöhnlichen sprachlichen Feinheit, wie diese Freundschaft zwischen dem stillen, in sich gekehrten Lev und der klugen, aber von der Gesellschaft gemiedenen Kato entsteht und ihnen in einer schwierigen Zeit Halt gibt. Als Lev aufgrund einer Krankheit ans Bett gefesselt ist, wird Kato zu ihm geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Aus dieser vermeintlich zufälligen Begegnung erwächst eine lebenslange Beziehung, die für beide zu einer Quelle von Trost und Stabilität wird.
Der Roman entfaltet sich vor dem Hintergrund der politischen Umbrüche und der Öffnung der europäischen Grenzen, die das Leben und die Beziehung der beiden Protagonisten tiefgreifend verändern. Während Kato in den Westen aufbricht, um ein neues Leben zu beginnen, bleibt Lev in ihrer Heimat zurück, gefangen in den Erinnerungen und den vertrauten Pfaden ihrer Kindheit. Wolff beschreibt auf eindringliche Weise, wie Lev, obwohl er physisch zurückbleibt, emotional und gedanklich an Kato gebunden bleibt – seine einzige Verbindung zu ihr sind die Postkarten, die sie ihm aus ganz Europa schickt.
Die Geschichte erreicht ihren Höhepunkt, als Lev eine Karte aus Zürich erhält, auf der nur ein einziger Satz steht: „Wann kommst du?“ Dieser Moment öffnet nicht nur eine Tür zu einer möglichen Wiedervereinigung, sondern reflektiert auch die tiefe Sehnsucht und die unausgesprochenen Gefühle, die zwischen den beiden existieren.
„Lichtungen“ ist ein Roman von großer emotionaler Tiefe und literarischer Eleganz. Iris Wolff gelingt es, die zeitlosen Themen von Freundschaft, Verlust und den Versuch, sich von der eigenen Vergangenheit zu lösen, auf eine Weise zu behandeln, die sowohl berührend als auch nachdenklich stimmt. Die Figuren sind vielschichtig und lebendig, ihre Beziehung zueinander komplex und authentisch. Es ist ein Buch, das die Leser noch lange nach dem Umblättern der letzten Seite begleiten wird.
»Es war und es war nicht«
Schon vor der Nominierung für den Deutschen Buchpreis wurde »Lichtungen« von der Kritik in den höchsten Tönen gelobt. Denis Scheck teilte in »Druckfrisch« am 21.01.24 seine »lichterlohe Begeisterung« und gab eine unbedingte Leseempfehlung ab.
Rumänien in und kurz nach der Ceaușescu-Zeit: Alle warten auf das Ende der Diktatur und sobald es möglich ist, reisen Viele aus. »Die Auswanderung war unausweichlich. Wie eine Sucht. Jeder fürchtete, der Letzte zu sein.« Lev widersetzt sich dem Sog und bleibt, während seine Kindheitsfreundin Keto sich aufmacht, Europa zu entdecken.
Neun rückwärts gezählte Kapitel symbolisieren den Weg Levs zurück zu sich selbst nach traumatischen Erfahrungen, die zunächst wie im Nebel liegen. Ein Handlungsstrang ist das stückweise Zusammensetzen der zerrissenen Erinnerung, die sich wie nach einer Explosion auf die Landschaft zu verteilen scheint.
»Orte sind für mich so wichtig wie Figuren«, sagt Iris Wolff im besagten druckfrisch-Interview. Der Wald im Norden des Landes, in den Lev als Waldarbeiter immer tiefer eindringt, wird zu mehr als einem Sinnbild. Die Natur, diese »Landschaft, die ohne Lichter und Menschen auskam« wird zur eigenständigen, durchaus aufdringlichen Figur: »Büsche pressten sich gegen die Fensterscheiben, als verlangten sie Einlass.«
Rumänien, mit seinen Tretminen der Erinnerung, sei »ein Europa in Miniatur«, sagt Wolff. Die Bevölkerung des Banat und Siebenbürgens sei österreichisch-ungarisch gewesen, rumänisch oder eben auch mal deutsch. »Zerbrochene nationale Identitäten« seien daher Leitmotiv des Buches. Aus ihnen und der Tatsache, dass Katastrophen, wie Kriege oder Tschernobyl, grenzenlos sind, leitet Wolff ihr Fazit ab. »Die Zuordnungen taugen nicht«
Ihre eigene Biografie ist aufgespannt zwischen Siebenbürgen und Deutschland und aus dieser Erfahrung heraus lässt sie die Figuren im Buch sprechen. »Zugehörigkeit […]ist vielleicht nichts anderes als eine Entscheidung.« Man müsse sich woanders beheimaten, sagt Wolff. Zum Beispiel in Büchern. Geschichten ließen erkennen, was man jemandem antue, wenn man ihn/sie leiden lasse.
Die Schrecken verbreitende Geheimpolizei Securitate wird im Buch nie mit Namen genannt, ganz so, als ob man das Wort nicht mehr aussprechen dürfe. Es ist immer nur von »Polizisten« die Rede, aber die Angst der Figuren ist spürbar und lädt das Wort mit den Konnotationen auf, die es damals in Rumänien hatte. Es steht für Machtmissbrauch und Korruption, Obrigkeitshörigkeit und Denunziation, erzeugt aber als menschliche Gegenreaktion auch Solidarität, geschickte Sabotage und gelungene Flucht.
Keto ist, im Gegensatz zu Lev, immer in Bewegung, hält sich lange in Paris auf und lernt als Straßenmalerin viele Menschen und ihre Geschichten kennen. Jedes der neun Kapitel hat einen Cliffhanger und die alles begleitende Frage ist: Werden Keto und Lev ein Paar oder nicht?
»Ich mag die Schwebe«, sagt Wolff und ihre Sprache, die melancholisch, direkt und voller Zärtlichkeit ist, stelle sich beim Schreiben von selbst ein. Im Alltag gehe es ja oft um Schärfe, in der Poesie aber um Deutungsoffenheit. Meine persönliche Lieblingsstelle ist diese hier: »Es musste einen Unterschied geben zwischen einer Tür, die zufällt, um nach kurzer Zeit wieder geöffnet zu werden, und einer Tür, die sich für unbestimmte Dauer schließt. Wieso hatte er keinen Unterschied hören können?« Lev bekommt irgendwann seine Erinnerung zu fassen – nur um sich sagen zu lassen: »Du kannst jetzt loslassen«.
Die Schreibweise ist besonders, wir erfahren die Geschichte von Lev und Kato rückwärts. Stück für Stück lesen wir, wie alles begann und wie sich die beiden in der Jugend bzw. als Kinder kennengelernt haben. Diese Geschichte ist sehr gefühlvoll und erzählt von einer innigen Freundschaft. Ich bin dieser Geschichte gern gefolgt und glaube, dass sie ein großer Anwärter auf den diesjährigen Buchpreis ist.
Eine mittreißende Geschichte über Freundschaft, Liebe, erwachsen werden und die Suche nach sich selbst. In schöner Sprache geschrieben fesselt jedes Kapitel auf seine eigene Weise. Ich war skeptisch wie sich ein Buch das rückwarts erzählt wir wohl liest. Die Antwort: einfach genial. Es macht einfach Freude mit Kato und Lev durch ihr Leben zu gehen, prägende Momente mitzuerleben und sich mitzufreuen, weil man ja schon weiß, dass alles gut ausgeht. Ein wunderbares Buch das sich deutlich und postiv von vielen anderen Bücher, die die Branche überfluten abhebt. Hier gebe ich eine klare Kauf-.und Leseempfehlung.
Am Anfang fand ich die Erzählweise, rückwärts die Geschichte zu erzählen, etwas schwierig und irritierend, aber es wurde besser, man konnte sich einlesen. Der Roman ist sehr schön und poetisch erzählt, sehr schöne Sprache.
IrisWolffs neuester Roman Lichtungen ist ein wundervolles Buch über Freundschaft, toll geschrieben. Ein unterhaltsamer, wunderbarer Roman, den ich überaus gerne weiterempfehlen werde.
Mal wieder hat Iris Wolff einen absoluten Volltreffer gelandet und erzählt mit viel Können die Geschichte zweier Menschen, die sich erst nach einer ganzen Weile Näherkommen
Leicht macht es einem Iris Wolff mit ihrem neuen Roman Lichtungen nicht. Im Grunde erzählt die Autorin von einem ganz ähnlichen Weg wie Marica Bodrožić in ihrem hier zuletzt besprochenen Roman Das Herzflorett. In diesem Fall folgen wir dem Weg des jungen Lev aus dem kommunistischen Rumänien in die Mitte Europas. Wobei das Wort "folgen" aber schon auf die falsche Fährte führt. Denn Wolff erzählt ihren Entwicklungsroman keineswegs chronologisch.
„Ich habe Lev im Bett liegend kennengelernt, als kleinen Jungen, der nach einem Unfall seine Beine nicht mehr bewegen kann. In dieser reduzierten Welt, bestehend aus Bett, Haus und Familie, aus Geschichten und Geräuschen war alles enthalten“,
beschreibt die Autorin. Den Jungen im Bett lernen wir indes erst ganz am Ende des Buches kennen – Wolff erzählt rückwärts. Schließlich begegnen wir einander so auch im echten Leben, meint sie:
„Man lernt jemanden kennen, und wenn sich die Begegnung verstetigt, erfährt man nach und nach, was denjenigen zu dem Menschen gemacht hat, der er heute ist.“
So begegnen wir Lev, als er gerade in Zürich ankommt und die Künstlerin Kato besucht, mit der er wenig später auf eine Reise durch Europa aufbrechen wird. Was sie verbindet? Ihre Geschichte und ihre Herkunft, wie sich zeigen wird. Wolff erzählt uns aus der vertrauten Gegenwart, aus der Mitte Europas, hinaus in eine fremde – und fremd bleibende – Welt hinter dem Eisernen Vorhang. Erst nach und nach erschließt sich, wie die Vergangenheit die Leben der handelnden Personen prägt. Auf dem Weg in die Vergangenheit beginnen wir zu erahnen, was Lev zu dem gemacht hat, der er ist.
Erahnen ist dabei der passende Ausdruck: denn Iris Wolff hat Respekt vor den Geheimnissen ihrer Figuren, die sie nie ganz lüftet. Sie öffnet kleine Inseln der Erinnerung vor den Leser*innen, Erinnerungen vor allem an die Jugend und die Kindheit in Rumänien mit siebenbürgischer Mutter und österreichischen Vorfahren. An ein Land, in dem immer mehr Menschen das Weite suchen. An Enge und Armut. Aber eben auch immer wieder an Momente der Freiheit und des Glücks, an Sehnsucht, Freundschaft, Liebe.
„Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand.“
Mit Lev stolpern wir also zurück durch die Zeit und betreten "Lichtungen", auf denen sich kurz der Raum der Erinnerung öffnet. Wie das so ist mit Erinnerungen, bleibt manches im Vagen, und es braucht eine Weile, sich in den jeweiligen Lebensstationen zurechtzufinden. Wie bei den eigenen Erinnerungen begegnet uns auf diesen Buchseiten aber auch die ganze Fülle der Zeit: sinnlich, intensiv und von einem ganz eigenen Zauber. Am Ende ist man versucht, den Roman noch einmal in Gegenrichtung, vorwärts, zu lesen.
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