Ephraim Kishon

Ein Leben für den Humor - Biographie

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Erscheinungstermin 22.07.2024 | Archivierungsdatum 30.09.2024

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Zum Inhalt

Es gab eine Zeit, in der ein Autor aus Israel der Deutschen liebste Bücher schrieb. Von Drehn Sie sich um Frau Lot! (1961), Arche Noah Touristenklasse (1963) über Pardon, wir haben gewonnen! (1968), In Sachen Kain und Abel (1976) und schließlich den berühmten Familiengeschichten mit "der besten Ehefrau von allen" und den drei Kindern Rafi, Renana und Amir: Seit den 1960er Jahren führten Ephraim Kishons Bücher immer wieder die Bestseller-Listen an, dominierten die Buchregale und wurden für das Fernsehen verfilmt.

„Lieben Sie Kishon?“ fragte eine TV- Serie 1976. Ja, antworteten Millionen deutschsprachige Leser und machten den Autor aus Israel zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller des Landes. Wie kam es dazu, dass der aus Budapest stammende Israeli Ephraim Kishon mit seinen humoristischen Geschichten ausgerechnet beim deutschen Publikum seinen größten Erfolg hatte? Wie wurde der Holocaust-Überlebende Kishon zum Star-Autor der Bundesrepublik? Für ihn selbst war die Begeisterung der Deutschen für seine Satiren eine Genugtuung - und eine Ironie der Geschichte. Die deutschen Leser hätten sich mit Kishons Geschichten von ihrer historischen Schuld gleichsam frei gelacht. Und: Kishons Humor habe die Deutschen und die Juden versöhnt. Wirklich?

Das vorliegende Buch spürt jenseits dieser populären Deutungen dem internationalen Erfolg des Autors nach und zeigt, wie er als "Kishon für Deutsche" zum Symbol einer Bestseller-Kultur avancierte und dabei zugleich auf das Image eines "Humorfabrikanten" reduziert wurde. So führt das Buch Kishons viele Karrieren erstmals zusammen: Denn, während dieser "deutsche" Kishon auf Humor und Heiteres abonniert war, provozierte der "israelische" Kishon als politischer Analyst in der israelischen Öffentlichkeit. Nach dem Sechstagekrieg 1967 blieb der Humorist Kishon schließlich auch vor seinem deutschen Publikum nicht unpolitisch - und stieß mit seinen Interventionen in Sachen Israel dem westdeutschen Feuilleton immer wieder vor den Kopf. So ist die Biographie des Kishon-Erfolgs nicht nur ein frühes Beispiel für einen deutschen Umgang mit israelischer Politik und Literatur, der bis heute im Zentrum der Debatten um Antisemitismus, Israel-Kritik, die Kulturbürokratie und BDS-Initiativen ("Boycott, Divestment and Sanctions") steht.

Ausgehend von Kishons autobiographischen Berichten, den Erinnerungen von Zeitzeugen und Weggefährten sowie mit Hilfe von Presseartikeln und zahlreichen unveröffentlichten Archivquellen erzählt das Buch Kishons Erfolgsgeschichte im Spannungsfeld von Literatur, Humor und Politik, folgt den literarischen Spuren des Autors vom kommunistischen Ungarn der Nachkriegszeit, über die Anfangsjahre des Staates Israel bis in die "alte" Bundesrepublik und sogar in die DDR. Dabei entzieht sich die Erzählung dem Zwang der biographischen Chronologie, sondern behandelt in 15 szenischen Kapiteln die Grundfragen, um die sich Kishons Leben drehte: das Verhältnis zu seiner Herkunft und seine Rolle als Fremder, die Beziehungen zwischen humoristischer Literatur und Politik, die Rolle des Erfolgs, der öffentlichen Anerkennung und des privaten Glücks.

Es gab eine Zeit, in der ein Autor aus Israel der Deutschen liebste Bücher schrieb. Von Drehn Sie sich um Frau Lot! (1961), Arche Noah Touristenklasse (1963) über Pardon, wir haben gewonnen! (1968)...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Hardcover
ISBN 9783784437163
PREIS 25,00 € (EUR)
SEITEN 416

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

SATIRE

 Ephraim Kishon und die Erfindung des israelischen Humors

06.08.2024, 06:00 Uhr • Lesezeit: 5 Minuten

Von Uwe Sauerwein

Berlin. Zu seinem 100. Geburtstag beleuchtet eine neue Biografie viele bislang wenig bekannte Aspekte in Leben und Werk des Bestseller-Autors.

Geben Sie es zu: Auch bei Ihnen stand mindestens ein Buch von Ephraim Kishon im Regal. Zumindest wenn Sie zwischen 1960 und 1980 in der Bundesrepublik oder West-Berlin lebten. Werke des israelischen Star-Humoristen gehörten ins Wohnzimmer wie die Schrankwand. Nicht selten in unmittelbarer Regalnachbarschaft mit Konsalik. „Das Kamel im Nadelöhr“ neben dem „Arzt von Stalingrad“, kaum jemand nahm damals Anstoß daran. Wie man überhaupt selten hinterfragte, warum der in Budapest geborene Holocaust-Überlebende zum Lieblingsisraeli der Deutschen wurde. Von rund 40 Millionen Büchern, die weltweit über den Ladentisch gingen, waren 33 Millionen deutschsprachige Exemplare.

Knapp 20 Jahre nach seinem Ableben gilt der Schriftsteller nicht nur in woken Kreisen als alter weißer Mann. Aber die Menschen aus seinen Kurzgeschichten, Romanen und Komödien sind noch geläufig. Mit den „Familiengeschichten“ machte Papa Kishon seine Kinder Rafi, Amir und Renana berühmt. Und natürlich Sara, die beste Ehefrau von allen. Nur: Im Original findet man die Formulierung „beste Ehefrau“ nicht. Den Superlativ verdankt Sara dem Übersetzer Friedrich Torberg. Der jüdische Schriftsteller aus Wien pushte Kishons Karriere im deutschen Leseraum. Bei der Übertragung, nicht aus dem hebräischen Original, sondern aus einer englischen Übersetzung, veränderte Torberg so einiges, um das Publikum hierzulande nicht zu überfordern.

Es gibt also einen israelischen und einen deutschen Kishon. Silja Behre zeigt nun zum 100. Geburtstag am 24. August weitere Aspekte und Widersprüche auf, die wir bislang kaum kannten. Das Buch der deutschen Historikerin, die an verschiedenen israelischen Universitäten arbeitete, erscheint bei Langen Müller. Also in jenem Verlag, dessen früherer Patriarch, der umstrittene, weil rechtslastige Herbert Fleissner, maßgeblich zu Kishons Höhenflug beitrug. „Ephraim Kishon. Ein Leben für den Humor“ ist aber keine Hommage geworden. Eher der Versuch einer Annäherung. Bis heute bleibt der Nachlass eine Familienangelegenheit, ins Kishon-Haus im Tel Aviver Stadtteil Afeka erhielt die Autorin keinen Einlass. Behre musste sich in Bibliotheken, Presse-Archiven, Verlagshäusern und Sendern umschauen. Eine Riesenaufgabe, die sich gelohnt hat.

In jedem Klappentext findet sich der Hinweis, dass Kishon 1948 neu geboren wurde, als Ferenc Hoffmann, der sich seit Kriegsende Ferenc Kishont nannte, mit seiner ersten Frau Eva bei der Ankunft im Hafen von Haifa von Bord ging und sogleich einen hebräischen Namen verpasst bekommen haben soll. Über die dunklen Jahre davor, über Verfolgung und Arbeitslager, schwieg Ephraim Kishon sich lange aus. Wenig wusste man bislang auch über seine journalistischen Anfänge nach der Befreiung in Ungarn. Seine Glossen von damals, schreibt Behre, atmen noch den Geist der jüdischen Bohème und des Budapester Kabaretts der Vorkriegszeit. Ein Humor, der wenig mit dem jiddischen Witz ostjüdischer Herkunft gemein hat, und den er nach seinem Wegzug aus dem zunehmend stalinistisch geprägten Ungarn in die neue Heimat und neue Sprache verpflanzte.

Kishons tägliche Kolumne in der israelischen Zeitung „Maariv“ war 30 Jahre eine feste Größe. Mit seinem Blick auf die Einwanderergesellschaft habe Kishon, schreibt Silja Behre, zur Erfindung eines neuen Humors israelischer Art beigetragen. Seine Artikel, Geschichten, Romane, vor allem aber seine Theaterstücke und Verfilmungen lösten politische Debatten aus.

Die Israelis in Kishons Büchern könnten überall leben, ein Grund dafür, dass die Werke in 37 Sprachen übersetzt wurden, so Behre: „Mit seinen Satiren brachte er Israel der Welt näher, eben weil der jüdische Staat und seine Bewohner in diesen Geschichten so alltäglich erschienen.“

Ephraim Kishon war nie ein unpolitischer Schriftsteller

Das funktionierte gerade auch in Deutschland, wo die erste Veröffentlichung von „Drehn Sie sich um, Frau Lot“ 1961 eine unglaubliche Erfolgsserie auslöste. Behre liefert in diesem Zusammenhang viele Erkenntnisse über das Deutschland jener Jahre, auch über Kishon in der DDR, über die Entwicklung des Buchhandels, die der Autor beeinflusste, mit heiteren Ratgebern, die nur für das deutsche Publikum entstanden. Unpolitisch war jedoch selbst der Unterhaltungsautor Kishon nie. Vor allem dann nicht, wenn Israels Existenz bedroht war. Also meistens immer.



Schon weil er oft die Position der politischen Falken seines Landes einnahm, auch weil er in Büchern gegen die moderne Kunst reaktionär zu Felde zog, erfuhr der Israeli in hiesigen Literaturkreisen wenig Wertschätzung. Der „Humorfabrikant“ wurde als Gebrauchsliteratur für alle Lebenslagen abqualifiziert, in Israel dagegen gilt Kishon dagegen bis heute als streitbarer Analyst der Gesellschaft.

So umfangreich die Biografie geraten ist, zum Privatmann, der drei Mal verheiratet war, ungern Gefühle zeigte und wegen Depressionen behandelt werden musste, findet die Historikerin nur schwer Zugang. In dieser Hinsicht geht es Silja Behre wahrscheinlich kaum anders als Kishons Angehörigen, die oft unter der Abwesenheit ihres arbeits- und kontrollsüchtigen Patriarchen litten. Da mochte sich Kishon noch so sehr als Familienmensch stilisieren. Erinnerungen eines Satirikers sind eben immer mit Vorsicht zu genießen.

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