Wunschkinder

Ja, ich glaub’ es hackt, das ist mein Tagebuch! Wie ist dieser Kerl denn da bitte herangekommen? Jetzt bringt er das sogar unter seinem Namen raus – ist das überhaupt ein echter Name, Prausnitz? Wahrscheinlich nicht einmal das, aber fiktiven Figuren ihre Geschichte klauen – das kann er. Wir haben auch Rechte, auf ein Privatleben zum Beispiel, oder na ja, wenn es schon sein muss, dann wenigstens eine angemessene Kompensation? Also in diesem Fall alles! Unsere Geschichten mögen ausgedacht sein, aber das Auffanglager für DDR-Flüchtlinge in Vilshofen hat es wirklich gegeben. Vilshofen gibt es sogar immer noch. Leider. Ich bin dort 1989 noch auf das Gymnasium gegangen, mit meinen besten Freunden Daniel und Lukas, bis … na, bis Nadine in unser Leben kam. Wir haben uns alle in sie verguckt, ich am meisten, und Daniel sogar noch ein bisschen mehr. Er ist dann auch mit ihr durchgebrannt, und wir haben ihm dabei noch geholfen. Dann hat mich die Geschichte 30 Jahre später um den Schlaf gebracht. Oder etwas, das damit verknüpft ist. Das habe ich versucht in diesem Tagebuch herauszufinden, und ständig kam mir der Alltag dazwischen, und – muss mich ausloggen. Meine Pause ist vorbei, und meine kleinen Patienten lasse ich nicht warten. Glauben Sie nicht alles, was da drin geschrieben steht. Wäre ja noch schöner. Aber ich finde schon, dass ich mit meinem Bauchgefühl Recht behalten habe: Da ist 2019/20 etwas in Bewegung gekommen, was sich auf 1989/90 reimt. Lesen auf eigene Gefahr, Eltern haften für ihre Kinder, und die Zukunft unserer Kinder für uns alle. Johann Mayr, Kinderkrankenpfleger und Schlagzeuger