Der Unterschied
Was wir von Primaten über Gender lernen können
von Frans de Waal
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Erscheinungstermin 19.10.2022 | Archivierungsdatum 08.02.2023
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Zum Inhalt
»Dieses Buch ist großartig! Frans de Waal ist nicht nur einer der angesehensten Primatologen der Welt – er ist auch ein mutiger Feminist.« Sy Montgomery, Autorin von Rendevous mit einem Oktopus
Unsere beiden nächsten Primatenverwandten, die Bonobos und die Schimpansen, stehen uns nahe und sind für unser Selbstverständnis wichtig. Witzig, ironisch und fesselnd behandelt der weltbekannte Primatenforscher Frans de Waal Themen wie Geschlechtsidentität, Sexualität, geschlechtsspezifische Gewalt, gleichgeschlechtliche Rivalität, Homosexualität, Freundschaft und Fürsorge.
Wie unterschiedlich sind Männer und Frauen? Gendern nur wir Menschen, oder eignen sich auch Menschenaffen geschlechtsspezifische Rollen an? Auf der Grundlage jahrzehntelanger Beobachtungen von Primaten, insbesondere unserer nächsten lebenden Verwandten, der Schimpansen und Bonobos, untersucht Frans de Waal, was wir über biologische Geschlechtsunterschiede und die Rolle von Kultur und Sozialisation wissen. Sein Fazit: Gender und Geschlecht unterscheiden sich, und Geschlecht ist mehr als ein soziales Konstrukt. Fachkundig und fesselnd räumt er nicht nur mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen auf, die auch von Wissenschaftler viel zu lange gepflegt wurde. Ein hellwaches Buch, dass mit seinem Verständnis von Verhalten, Normen und den bemerkenswerten Potenzialen der menschlichen Spezies mehr als nur zum Nachdenken anregt. Ein Buch zum Umdenken – mit freundlicher Unterstützung von Menschenaffen und anderen Primaten.
»Heutzutage ist ein Mann sehr mutig, wenn er sich auf das Minenfeld der Geschlechterunterschiede wagt. Aber Frans de Waal verlässt sich auf seine Begabung für das Erzählen von Geschichten, seinen aufrichtigen Respekt für die Kultur und seine langjährige intime Kenntnis der Bonobos und Schimpansen und ihrer Paarbildungen, um dieses tückische Terrain geschickt zu durchqueren. Klug und menschlich.« Sarah Blaffer Hrdy, Autorin von The Woman that Never Evolved, Mother Nature und Mothers and Others
»Dieses Buch ist großartig! Frans de Waal ist nicht nur einer der angesehensten Primatologen der Welt – er ist auch ein mutiger Feminist, der sich auf diesen fesselnden Seiten in Gebiete vorwagt, die zu betreten sich die meisten akademischen und literarischen Autoren fürchten... Die Seiten dieses Buches sind vollgepackt mit großartigen Geschichten, faszinierenden Daten und zum Nachdenken anregenden Ideen. Sie werden sicher die wichtigen Gespräche anregen, die wir alle – Männer und Frauen, queer und heterosexuell, trans und nicht-binär – führen müssen, um eine gerechtere und gleichberechtigtere menschliche Gesellschaft zu schaffen.« Sy Montgomery, Autorin von The Soul of an Octopus
»Die aktuelle Debatte über Geschlechterunterschiede braucht eine ruhige biologische Bewertung, die uns Frans de Waals nachdenkliches Buch »Unterschied« liefert.« Desmond Morris, Autor von The Naked Ape: A Zoologist's Study of the Human Animal
»Frans de Waal bewegt sich fließend und anmutig zwischen der Welt der Tiere und Menschen und den Modellen, die wir erstellt haben, hin und her. Viele gängige gesellschaftliche Vorurteile, die wir für "ganz natürlich" halten, sind es in Wirklichkeit ganz und gar nicht. Sein klarer Stil, sein geschickter Einsatz von Anekdoten und sein tiefes Wissen über die Tierforschung sind die Grundlage für diese nuancierte und tiefgründige Betrachtung nicht nur des Unterschieds, sondern auch der Gemeinsamkeit.« Andrew Solomon, Autor von Far from the Tree und The Noonday Demon
»Frauen gegen Männer. Geschlecht versus Gender. Biologie gegen soziale Prägung. Es gibt nur wenige Bereiche, die so sehr dazu verleiten, sich auf Dummköpfe einzulassen, wie das Thema der Geschlechtsunterschiede. In diesem Fall ist Frans de Waal jedoch kein Narr, sondern unser weisester Primatologe, der sich diesem unwiderstehlichen Thema zuwendet. Mit großer Klarheit, Einsicht und Witz untersucht er die menschlichen Geschlechtsunterschiede und lässt uns dabei nie vergessen, dass wir letzten Endes nur eine andere Art von Primaten sind. Dies ist eine großartige, intensiv anregende Lektüre.« Robert M. Sapolsky, Autor von Behave
»Dieses Buch ist großartig! Frans de Waal ist nicht nur einer der angesehensten Primatologen der Welt – er ist auch ein mutiger Feminist.« Sy Montgomery, Autorin von Rendevous mit einem Oktopus
Unsere...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783608986396 |
PREIS | 28,00 € (EUR) |
SEITEN | 480 |
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
Frans de Waal hat mit der Erforschung der Gruppenprozesse in Primatengruppen sein Lebensthema gefunden. Er forschte in Burgers Zoo/Niederlande, im San Diego Zoo, im Kongo, Tansania, Uganda und er ist weltweit mit Primatenforschern vernetzt. Seine Forschung befasst sich mit dem Zusammenleben von Primaten als Schwestern- und Bruderschaften, insbesondere mit Konkurrenz, Hierarchie, Gerechtigkeit, Führungsstärke, Empathie und Lernen durch Nachahmen. Geschärft wird de Waals Gegenüberstellung Mensch/Primaten in diesem Buch durch die Wahl zweier gegensätzlicher Populationen, (kämpferischen) Schimpansen und (sanfteren) Bonobos.
Frans de Waal betont, dass er als Verhaltensbiologe nicht wertet, sondern beobachtet und dokumentiert. „Der Unterschied“ stellt menschliches Verhalten dem von Primaten gegenüber und arbeitet heraus, wie Natur und Kultur Verhalten prägen. Seine Erkenntnis, dass Kinder und junge Primaten nicht als „unbeschriebene Blätter“ zur Welt kommen, kann erheblich zur Entschärfung der Genderdebatte beitragen. Liebenswürdig und respektvoll im Ton, merkt man dem Autor seine Hingabe an die Primatenforschung an. Er kritisiert allerdings schnörkellos, dass die Genderdebatte Offensichtliches wertet oder bestreitet, was ihm als Verhaltensforscher fremd ist. Ebenso deutlich listet de Waal Irrwege seiner Profession auf, das Experiment Bruce/Brenda (einen Jungen ohne Penis gegen seinen Willen als Mädchen aufzuziehen) und den langjährigen Gender Bias in der Verhaltensbiologie. Die Verzerrung von Beobachtungen durch persönliche Rollenzuschreibungen männlicher Primaten-Forscher wurde nach de Waals Ansicht zu lange geduldet. Wohl nicht zufällig stammten abweichende Beobachtungen und Interpretationen von Frauen (z. B. Jane Goodell) und japanischen Forschern (= kleineren und weniger dominanten Kolleg*innen) und wurden auf Fachkongressen zu lange ignoriert. Dass der Autor sich seiner Sozialisierung in einer Gruppe von 6 Brüdern nur zu bewusst ist, hat sicher zu seinem Interesse an Gruppenprozessen bei Primaten beigetragen. De Waal selbst ist das lebende Beispiel seiner Forschungsergebnisse zu Natur contra Kultur in der Entwicklung von Menschen- und Primatenkindern. Dass er sich schon immer für Tierverhalten interessierte, ist seine Natur, in Gruppen eine ausgleichende, de-eskalierende Rolle zu spielen, hat er in der Geschwisterreihe erlernt.
De Waal erzählt anschaulich, dass junge Affen sich Vorbilder vom gleichen Geschlecht suchen, die sie nachahmen - weil es ihre Natur ist. Diese Wahl ist angeboren, sie wird von Belohnungssystem des Gehirns gesteuert, der Nachwuchs sozialisiere sich damit selbst, so de Waal. Affenmädels interessieren sich für Babys und Affenjungen für Toben und spielerische Rangkämpfe. Primaten unterscheiden sich allerdings deutlich vom Menschen durch ihre Toleranz gegenüber homosexuellen Handlungen und gegenüber nicht genderkonformem Verhalten. Sehr berührend fand ich in de Waals Beschreibung der jungen Donna, die einen kräftigen Körperbau hatte, sich mehr für Raufen als für Babys interessierte und niemals schwanger war. Donnas Lebenslauf bestätigt, dass es bei Primaten weibliches, männliches und überlappendes Verhalten gibt, das von der Norm der Peer-Group abweicht. Dass Primaten-Weibchen angesehene Anführerinnen sein können und Männchen bei Bedarf verwaiste Jungtiere adoptieren gehört zum toleranten Primaten-Kosmos selbstverständlich dazu.
De Waal zeigt mit der Gegenüberstellung zweier Primatenarten (Schimpansen und Bonobos) und uns Menschen, dass Denken und Fühlen nicht nur unsere freie Entscheidung und dass die Vorstellung von Kindern und Primatennachwuchs als „unbeschriebenes Blatt“ nicht mehr haltbar ist, wenn wir uns mit Primatenforschung befassen. Unser Augenmerk sollte vielmehr darauf liegen, welche Vorteile das Gruppenleben von Primaten ihnen zum Überleben ihrer Art verschaffen kann.
Durch die Form der anteilnehmenden Beobachtung lässt sich „Der Unterschied“ auch von Laien problemlos weglesen. Ein berührendes, tolles Buch!
Sexus ist das biologische Geschlecht, das durch den Körper und damit durch die Gene bestimmt ist. Gender dagegen meint die kulturellen Aspekte der Geschlechtszugehörigkeit eines Individuums. Auf den ersten Blick mutet es seltsam an, dass der Primatologe Frans de Waal ein Buch über Gender schreibt. So sagt er selbst: «Auch wenn es in der Tierwelt Hinweise auf die Ausbildung von Kulturen gibt, möchte ich Giraffen, Fröschen und Hundewelpen doch lieber ein (biologisches) Geschlecht als ein (soziales) Gender zuweisen.» Trotzdem macht die Auseinandersetzung Sinn. Die Sexualwissenschaft müsse dringend über andere Tiere als den Menschen aufgeklärt werden, schreibt de Waal. «Dieser Forschungszweig ist in einer Weise auf unsere Spezies fokussiert, als hätten erst wir den Sex erfunden.» Zum Teil liege dies an der irrtümlichen Auffassung, allein der Mensch kenne zweckbefreite Erotik: Alle anderen Tiere würden einzig zu Fortpflanzungszwecken kopulieren. Doch dem ist nicht so: Bonobo-Sex hat oft herzlich wenig mit Fortpflanzung zu tun. «Häufig praktizieren diese Menschenaffen Sex in einer Konstellation, die unmöglich Nachwuchs produzieren kann, etwa zwischen Angehörigen desselben Geschlechts.» Denn Bonobos haben soziale Gründe für Sex: Bonobos wollen Spass haben.
Ein seinem Buch zeigt er, dass auch bei Menschenaffen männliches und weibliches Verhalten überlappt. Das biologische Geschlecht, schreibt de Waal, sei meistens binär, also entweder weiblich oder männlich. Bei den Geschlechterrollen dagegen sei das anders. «Erstellt man aus der Merkmalverteilung ein Diagramm, so entstehen zwei Peaks und dazwischen etliches an Überschneidungen.» Das gilt auch und gerade für homosexuelles Verhalten. Frans de Waal erzählt in einem eigenen Kapitel von homosexuellen Begegnungen unter Tieren, darunter Pinguine und Affen. Es gibt offensichtlich zahllose Beispiele von schwulem oder lesbischem Verhalten. Offenbar sind die wenigsten Tiere darin aber festgelegt. Es gibt homosexuelles Verhalten. Eine andere Frage ist, ob es homosexuelle Tiere gibt. Bei Menschen gelten sowohl sexuelle Orientierung als auch Geschlechtsidentität als unveränderlicher Teil des Ichs. Bei Tieren ist das anders. Dabei kommen sich in den Diskussionen immer wieder Biologie und Geschlechtsidentität ins Gehege.
Frans de Waal plädiert in seinem Buch dafür, alle Fragen, die von der Genderdiskussion aufgeworfen werden, im Licht der Biologie zu betrachten. «Denen, die nach einer Gleichstellung der Geschlechter streben, kommt die Biologie oft ungelegen; sie glauben, das angestrebte Ziel sei am einfachsten zu erreichen, wenn man angeborene Geschlechterunterschiede herunterspiele. Beim Kampf gegen Homophobie und Transphobie hingegen erscheint die Biologie als mächtige Verbündete: Sobald sich homosexuelle Handlungen und Transidentität biologisch unterfüttern liessen, müssten all jene verstummen, die dies bisher als «unnatürlich» oder «abnormal» einordnen. Homosexuelles Verhalten bei Tieren zieht solch einem Urteil die Zähne.»
Frans de Waal plädiert in seinem Buch dafür, statt Ideologie über Wissenschaft zu stellen, die Genderforschung ins rechte Lot zu bringen. «Dabei lassen wir idealerweise sämtliche Ideologie aussen vor. Erst danach ist es sinnvoll, sich mit den gesellschaftlichen Zielsetzungen zu beschäftigen, die uns vorschweben». Tierische Sexualität gilt dem Menschen als rein funktionaler Vorgang, gesprochen wird von «Fortpflanzungsverhalten». Spass, Liebe, Befriedigung, Variation: ein Ding der Unmöglichkeit. Und sie findet grundsätzlich nur zwischen einem ausgewachsenen Männchen und einem empfängnisbereiten Weibchen statt. «Vielleicht projizieren wir auf Tiere jene Art von Sexualität, von der wir glauben, dass wir selbst sie praktizieren sollten. Sie hat nur einen einzigen praktischen Nutzen, wofür sonst sollte sie gut sein?» Und so enthält unsere lange Liste sexueller Verfehlungen alles von Onanie, Homosexualität und Analsex bis hin zu Empfängnisverhütung. «Da wir Menschen ständig – und womöglich schlechten Gewissens – vom vorgegebenen Tugendpfad abweichen, wollen wir diesen zumindest von den Tieren eingehalten sehen: Deren Sexualität soll gefälligst einzig auf die Produktion von Nachwuchs beschränkt sein.»
Wichtig scheint Frans de Waal, dass wir uns nicht zwischen Natur und Kultur entscheiden müssen. «In allem, was wir tun, spiegelt sich das Zusammenspiel von Genen und Umwelt. Da die Biologie nur eine Seite der Gleichung darstellt, sind Änderungen immer möglich. Nur wenige menschliche Verhaltensweisen sind fest programmiert.» Selbst die wenigen Gender-Aspekte, die sich dem Wandel widersetzen und unveränderlich scheinen, bieten keine Entschuldigung dafür, einem Geschlecht Rechte und Möglichkeiten vorzuenthalten, die dem anderen geboten werden. «Mir fehlt jedes Verständnis für einen Glauben an die geistige Überlegenheit oder die naturgegebene Dominanz eines einzigen Geschlechts, und ich hoffe sehr, dass wir dies endgültig hinter uns lassen werden.» Denn Menschen, so de Waal, müssen nicht gleich sein, um einander ebenbürtig zu sein.
Frans De Waal: Der Unterschied. Was wir von Primaten über Gender lernen können. Klett-Cotta, 480 Seiten, 39.50 Franken; ISBN 978-3-608-98639-6
*Sind die charakteristischen Verhaltensmuster von Männern und Frauen natürlich oder künstlich bedingt? Wie sehr unterscheiden sie sich tatsächlich? Und gibt es lediglich zwei soziale Geschlechter, oder gibt es mehr?*
Seit Jahrzehnten beschäftigt sich er Autor mit dem menschlichem und tierischem Verhalten – allen voran dem Verhalten von Primaten. Hier nun nimmt er den Geschlechterunterschied unter die Lupe. Wie äußert sich dieser bereits in jungen Jahren, in Bezug auf Freundschaften, Familienbande, soziale Strukturen, das Sexualverhalten, Konkurrenz und Rivalität aber auch Friedensbereitschaft und Kooperation. Wie in seinen anderen populärwissenschaftlichen Büchern verbindet er dabei Anekdoten aus seiner Zeit als aktiver Primatenforscher mit Ergebnissen wissenschaftlicher Studien, Geschichten aus seinem Leben mit Informationen aus zahlreichen Quellen. Dadurch lässt sich das Buch leicht lesen. Die Informationen, die hier gegeben werden, sind nicht reine Fakten, sondern werden durch die Erzählungen des Autors aufgelockert.
Das Thema Geschlechterrollen ist ein umstrittenes und so kommt auch der Autor nicht umhin, seine eigene Meinung kundzutun. Auch um zu zeigen, dass er sich nicht gegen Toleranz (besonders der LGBTQ-Gemeinschaft gegenüber) und Gleichberechtigung stellt. Entgegen vieler anderer Meinungen stellt de Waal aber fest, dass sich nicht alle Verhaltensmuster dem kulturell erlernten Gender zuschreiben lassen. Für mich überraschend viele Eigenschaften sind biologisch bedingt und kommen in einer ähnlichen Form auch bei den Primaten und anderen Tieren vor. Besonders interessiert war ich am Kapitel „Tiere unter der Regenbogenfarbe“, das auf gleichgeschlechtliche Liebe eingeht.
Ich habe mittlerweile schon viele Bücher des Autors gelesen und finde sie immer sehr aufschlussreich und empfehlenswert. Warum dann der Abzug in der Bewertung des Buches? Das liegt wohl daran, dass ich schon so viele Bücher von de Waal kenne. So waren mir viele der Vergleiche und der Anekdoten bereits bekannt. Dadurch wirkte das Buch auf mich weniger locker zu lesen als seine bisherigen Werke.
Fazit: Ein Blick auf unsere nächsten tierischen Verwandten lohnt sich um festzustellen, dass unser Verhalten nicht so elitär ist, wie manch einer meinen könnte. Wenn man diesen Blick wagen möchte, kann ich den Autor absolut empfehlen!
Gibt es eine „natürliche Ordnung“ der Geschlechter? Ist es eine Sache der Erziehung, wenn Mädchen gern mit Puppen spielen? Gibt es wirklich nur zwei Geschlechter? Ich schätze Frans de Waal sehr dafür, wie er kontroverse Themen wie diese mit seiner Erfahrung als Verhaltensforscher in der Primatologie so verständlich und sachlich vermitteln kann. Dabei bringt er in diesem Buch, vielleicht etwas mehr als sonst, auch eigene persönliche Erfahrungen und Sichtweisen ein. Seine ruhige Art zu argumentieren wirkt klärend und ausgleichend in der manchmal hitzigen Debatte um die biologisch und kulturell bedingten Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern.
Denn ein großer Teil des Buches dreht sich um die Frage, inwieweit geschlechtstypische Verhaltensweisen biologisch begründet sind (also z.B. über Hormone und damit einhergehende körperliche Ausprägungen) und wie stark äußere Einflüsse wie die Erziehung und soziale Erwartungen uns prägen. Wie schon in seinen anderen Büchern kritisiert de Waal das vorherrschende Schwarz-Weiß-Denken, das nur ein Entweder-oder zulässt, denn richtigerweise werden unsere Verhaltensweisen durch beides geformt. Er begründet seine Thesen mit zahlreichen Beispielen aus der Anthropologie, Psychologie und Primatologie, wobei er betont, dass natürlich nur Letzteres sein Fachgebiet ist, er diese Wissenschaft aber auch für am unverfälschlichsten hält. Dennoch wurde auch gerade die Verhaltensforschung lange dafür missbraucht, eine misogyne Weltanschauung zu bestärken. In dem Zusammenhang schildert Frans de Waal den Aufruhr in der von Männern dominierten Welt der Wissenschaft, als immer mehr Verhaltensforscherinnen die Bühnen der Konferenzsäle betraten und neue Sichtweisen mit einbrachten. Plötzlich stand nicht mehr der kämpferische Affenmann als Beschützer der Herde im Mittelpunkt der Forschung, sondern es wurde auch der Einfluss der Affenfrauen innerhalb des sozialen Gefüges wahrgenommen. Und festgestellt, dass der Affenmann im Notfall gar nicht als Beschützer agiert, sodass man wohl eher davon ausgehen kann, dass seine Kraft und sein Imponiergehabe vielmehr dem Konkurrenzkampf um die Fortpflanzungsrechte dienen.
Die Anfänge der Bonobo-Forschung räumten dann auch mit dem Missverständnis auf, der Mensch sei mit dem Schimpansen am nächsten verwandt und daher sei eine von Männern dominierte Gesellschaftsform für uns ganz „natürlich“. Es ist genetisch nachgewiesen, dass wir gleichermaßen mit Bonobos verwandt sind – und Bonobos sind matriarchalisch organisiert, trotz physisch überlegener Männer. Nicht zu vergessen: der Mensch ist keine evolutionäre Weiterentwicklung des Menschenaffen, sondern wir, die Schimpansen und die Bonobos sind einfach nur unterschiedlich abgezweigte Entwicklungen vom selben Vorfahren. Das erklärt Gemeinsamkeiten genauso wie Unterschiede.
Was ich ganz besonders wichtig in seiner Argumentation finde: die Biologie, unsere Gene, sind kein Grund für die Legitimation bestimmter Rollenvorstellungen oder Ungleichbehandlung von Mann und Frau. Seine Ausführungen sind viel zu weitreichend, um sie in einer Rezension zusammenzufassen. Am besten liest man dieses Buch selbst. Es ist spannend, humorvoll und gut verständlich geschrieben und ergänzt die aktuelle Debatte um wertvolle Erkenntnisse aus der Wissenschaft.
Klappentext:
Wie unterschiedlich sind Männer und Frauen? Gendern nur wir Menschen, oder eignen sich auch Menschenaffen geschlechtsspezifische Rollen an? Auf der Grundlage jahrzehntelanger Beobachtungen von Primaten, insbesondere unserer nächsten lebenden Verwandten, der Schimpansen und Bonobos, untersucht Frans de Waal, was wir über biologische Geschlechtsunterschiede und die Rolle von Kultur und Sozialisation wissen. Sein Fazit: Gender und Geschlecht unterscheiden sich, und Geschlecht ist mehr als ein soziales Konstrukt. Fachkundig und fesselnd räumt er nicht nur mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen auf, die auch von Wissenschaftler viel zu lange gepflegt wurde. Ein hellwaches Buch, dass mit seinem Verständnis von Verhalten, Normen und den bemerkenswerten Potenzialen der menschlichen Spezies mehr als nur zum Nachdenken anregt. Ein Buch zum Umdenken – mit freundlicher Unterstützung von Menschenaffen und anderen Primaten.
Meinung:
Das Grundthema klang von Anfang an sehr interessant, aber ich hätte nicht gedacht, dass mich das Buch als Sachbuch so in seinen Bann ziehen würde. Von Beginn an mochte ich den Schreibstil des Autors und seine Art zu Erklären und zu Denken. Und von Seite zu Seite wurde ich mehr in die Welt der Affen und ihr soziales Verhalten gezogen. So vieles und vor allem faszinierendes über die Primaten wusste ich noch nicht und alleine in Hinblick auf sie war es so interessant und ich konnte so viel Lernen. Der zusätzliche Vergleich zu den Menschen hat es für mich noch auf eine weitere Ebene angehoben, mich sehr zum Nachdenken angeregt und das Buch für mich noch nachhaltiger beschäftigend gemacht. Selbst nach dem für ein Sachbuch doch recht langen Buch (das mir aber nicht so vorkam, den ich wollte immer weiterlesen), habe ich immer noch das Bedürfnis mehr zu erfahren. Ein großes Highlight!
Mit dem Sachbuch "Der Unterschied" gibt der Autor Frans de Waal einen guten Einblick über biologische Geschlechterrollen und die Rolle von Kultur und Sozialisation, auf der Grundlage seiner jahrelangen Beobachtungen von Primaten, allen voran unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen und Bonobos.
Das Buch lässt sich wirklich gut und flüssig lesen. Der Autor schafft es sein Wissen gut zu vermitteln, dabei auch immer wieder gerne mit einer Prise Witz und Ironie. Es war wirklich interessant die Unterschiede, aber auch die vielen Gemeinsamkeiten zwischen Menschen und Menschenaffen aufgezeigt zu bekommen. Dabei geht der Autor auch extrem kritisch mit alten Untersuchungen um, die oftmals durch männliche Interpretation dominiert wurden, aber nun durch immer mehr weibliche Wissenschaftlerinnen einer neuen Betrachtung und einen anderen Untersuchungsansatz erfahren.
Aber besonders interessant fand ich das vieles an den Geschlechterrollen doch nicht erlernt ist, wie manchmal behauptet, sondern wohl schon tief in uns angelegt sind. Denn wenn Menschenaffen dieses Verhalten ganz natürlich an den Tag legen, kann es den Menschen ja nicht unbedingt aufgezwungen worden sein. Der Umgang damit und die Schlussfolgerungen die durch diese Verhaltensweisen gezogen wurden und immer noch werden, müssen aber dringend hinterfragt werden und definitiv anders bewertet werden.
Das Buch umfasst viele Themen wie Sexualität, Geschlechtsidentität, geschlechtsspezifische Gwalt und Rivalität, Homosexualität, Freundscahft und die Fürsorge, Empathie füreinander.
Es hat Spaß gemacht das Buch zu lesen, es vermittelte Wissen, und regt vor allem zum Nachdenken an. Das wird nicht mein letztes Buch des Autors sein.
Ja, auch wir Menschen sind irgendwie Primaten und gar nicht so weit entfernt von den friedliebenden Bonobos, den "love and peace" Affen und leider auch nicht von den eher etwas angriffslustigen Schimpansen.
Der Primatologe und Verhaltensforscher Frans de Waal hält uns in seinem Buch "Der Unterschied: Was wir von Primaten über Gender lernen können" einen Spiegel vor.
Und wir erkennen: Vieles, was wir als ur-menschlich empfinden wie unser Liebes- und Familienleben, Homosexualität, verschiedene Geschlechterrollen, gleichgeschlechtliche Konkurrenz, grausame Morde und uneigennützige Hilfe, Freundschaft und Adoption fremder Kinder gibt es bei bei unseren tierischen Verwandten auch.
Das ganze ist so unterhaltlich geschrieben, dass man gar nicht aufhören kann zu lesen. Fast so, als würde man mit ihm bei einem Kaffee zusammen sitzen und er würde aus dem Nähkästen des Primatologen plaudern...
Sehr empfehlenswert!
Frans de Waal ist Primatologe und hat sich in diesem Buch das Thema Gender vorgenommen. Dank seiner seit Jahrzehnten andauernden Forschung zu Primaten gelingt ihm ein interessant anderer Blick auf Gender, Geschlecht und allem was dazu gehört. Zwar kann ich ihm nicht bei allen seinen Schlussfolgerungen zustimmen, aber durch den Vergleich mit Schimpansen und Bonobos eröffnet sich eine neue Perspektive auf dieses Thema. Ganz davon abgesehen lernt man viel über Primaten und wie ihre Gruppendynamik funktioniert. Sehr lesenswert.
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Politik & Zeitgeschehen, Ratgeber, Sachbuch