Wenn es dunkel wird
Erzählungen
von Peter Stamm
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Erscheinungstermin 23.09.2020 | Archivierungsdatum 23.11.2020
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Zum Inhalt
Peter Stamm erzählt uns in seinen Geschichten davon, wie sich die Welt verwandelt, wenn es dunkel wird.
Georg geht bald in Rente. Im Büro wird er schon nicht mehr beachtet, zu Hause wartet kein Essen auf ihn. Er scheint sich langsam aufzulösen und ein namenloser Schrecken erfasst ihn.
Sabrina ist geschmeichelt, als ein Künstler sie anspricht. Aber als sie sich zum ersten Mal als Kunstwerk sieht, schaudert sie.
David möchte eine Bank überfallen. Eine Maske hat er schon dabei, eine Eichhörnchen-Maske. Er wird sie heute aber noch nicht benutzen. Er hat gehört, dass Bankräuber oft wochenlang alle Einzelheiten beobachten, bevor sie zuschlagen. Er beginnt zu lauern.
Wir haben uns an die Welt gewöhnt, und plötzlich wird sie uns unheimlich. Was, wenn unsere Phantasien realer werden als die Wirklichkeit? Peter Stamms Geschichten erzählen von der Brüchigkeit der Welt, von Schwindel und gespenstischer Liebe.
Peter Stamm erzählt uns in seinen Geschichten davon, wie sich die Welt verwandelt, wenn es dunkel wird.
Georg geht bald in Rente. Im Büro wird er schon nicht mehr beachtet, zu Hause wartet kein Essen...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783100022264 |
PREIS | 19,63 € (EUR) |
SEITEN | 192 |
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
Peter Stamms neue Erzählungen sind wie ein Magnet und von wunderbarer Sprache. Seine Sätze sitzen, sind nie zu lang, nie zu kurz, einfach volkommen und treffend. Seine Welt ist eine brüchige, manchmal unheimlich und doch sehr real. In jeder Geschichte spüren wir das dünne und brüchige Glas, aus der unser Leben besteht und das jederzeit brechen oder sich in eine vollkommen andere Richtung bewegen kann. Ein Muss für alle Leser von Peter Stamm und die, die es werden wollen.
A new collection of Peter Stamm, one of most famous authors from Switzerland. Some of his short stories are really remarkable.
I will publish a long review when the book is released.
Wundervolle kurze Erzählungen. Klar und kraftvoll im Inhalt, die Sprache ein Genuss. Wer Peter Stamm kennt wird diesen Band ebenso lieben wie die Vorgänger, wer ihn noch nicht kennt sollte dies dringend nachholen.
Peter Stamm und Bernhard Schlink sind diesen Lesesommer/Herbst meine absoluten Favoriten der kurzen Erzählkunst und eine Kunst ist es mit "wenigen Seiten" soviel zu erzählen.
Ein Buch mit wirklich wunderbar geschriebenen Kurzgeschichten!
Der Autor hat eine ganz ruhige und schlichte Art zu schreiben, vermag es aber, damit tiefe Gefühle und Veränderungen darzustellen. Dabei wird er niemals theatralisch oder zu emotional, die einzelnen Geschichten fließen wunderschön.
Die Charaktere sind toll gezeichnet, und das mit wenigen Worten. Für mich sind Kurzgeschichten eine ganz hohe Kunst, und ich bin wirklich sehr begeistert von dem Künstler, der sie geschrieben hat.
Jede Kurzgeschichte bringt den Leser zum Nachdenken...
Wobei ich zugeben musste, dass mir eine überhaupt nicht gefiel (wahrscheinlich wegen der Thematik). Empfehlenswert, da man in Phantasie- und Sehnsuchtsorte der Protagonisten reist und den Wandel mit empfinden kann. Manche Gedankengänge waren erschreckend näher als erwartet.
Sehr interessantes Werk.
Kurze Erzählungen, die einem verwirrt, entzückt und nachdenklich machen.
In der gewohnt nüchternen Art geschrieben.
Die Brüchigkeit der Welt
Peter Stamms neues Erzählungsband kommt mir zunächst zahmer vor als seiner bisherigen Bücher. Die Story „Der erste Schnee“ zum Beispiel hat gute Ansätze, wird dann aber zu harmonisch. Das ist etwas unterkomplex. Da hätte man mehr draus machen können.
Die Titelgeschichte ist erwähnenswert weil es einige gute Formulierungen gibt, doch dann läuft sie irgendwie ins Leere.
Sehr schön aber die Geschichte Mein Blut für Dich.
Langsam kommt man dem Thema auf die Spur.
Es sind bestimmte Momente und Erkenntnisse, die das Leben der Protagonisten der Geschichten beeinflussen und verändern.
Meine favorisierten Geschichten sind Die Frau im grünen Mantel und Sabrina, 2019.
Am Ende spürt man ihn doch, den bekannten Peter Stamm-Ton.
Wenn du träumst, du träumst, dann träumst du nur, du träumst
In seinem neuen Erzählungsband „Wenn es dunkel wird“ dreht Peter Stamm seine Figuren „nur um eine Seltsamkeit mehr“ ins Surreale.
„Es fühlt sich an wie jener Moment, wenn man auf der Schaukel nach oben geschwungen ist und für einen Moment lang schwerelos ist und glaubt, davonfliegen zu können, bevor die Schwerkraft wieder überhandnimmt und einen zurückzieht ins Leben.“
Wenn ein Träumender sich bewusst wird, daß er sich in einem Traum und nicht in der Realität befindet, nennt man dies luzide. Wenn die Figur einer erfundenen Geschichte durch die ihr zugeschriebene Fantasie in eine weitere Fiktion rutscht, wurde sie höchstwahrscheinlich von Peter Stamm erschaffen. Spätestens seit seinem zur Schullektüre verkommenen Roman „Agnes“, ist der Schweizer Schriftsteller ein ausgewiesener Spezialist für das Spiel mit den Ebenen. Realität und Fantasie, Fiktion und Metafiktion, zahlreich sind die Volten, denen seine Figuren ausgesetzt sind. Auf der Suche nach sich selbst manövrieren sie durch das Dickicht ihrer Beziehungen und finden nicht selten keinen Ausgang, nicht nur, „Wenn es dunkel wird“.
Schon die erste der elf Erzählungen mit dem vermeintlich orthographisch auffälligen Titel „Nahtigall“ hat es in sich. Der junge David fühlt sich verkannt. Er sucht eine Alternative zu seinem langweiligen Leben als Lehrling und Sohn. Allen will er es zeigen, doch ob ihm ausgerechnet ein Bankraub die Unabhängigkeit bringt, zweifelt der Leser von Anfang an. Der Autor hingegen schickt seinen Protagonisten auf Beobachtungsposten, er lässt ihn Notizen verfassen, die weniger technische Akribie als Einfühlsamkeit und literarisches Gespür zeigen. „Wolken, schrieb er in sein Notizbuch, alle Geräusche scheinen verstärkt zu werden von den nassen Oberflächen, das Rauschen der Autos, der Lärm der Vögel, die Kirchenglocken.“ So wundert es nicht, als der Junge vor lauter ungelebtem Abenteuer im Kopf die Haltestelle verpasst und in einer unbekannten Gegend landet. Dort entdeckt er vor einem Mietshaus eine Frau, die ihn anzieht und zum Objekt seiner Fantasien wird. Nahtigall, ein Name auf dem Klingelschild, wird sicherlich der ihre sein, vermutet er, Renata erfindet er hinzu. Wie Peter Stamm seinen Helden beschreibt, nimmt man diesen nicht ernst, weder dessen jugendliche Fantasien, noch dessen kriminelles Potential. Ein verträumter Junge scheint er zu sein, wäre da nicht das Ende der Geschichte, mit dem Stamm alle überrascht.
Auch die Protagonisten der weiteren Erzählungen, nicht selten ein Ich-Erzähler und nicht selten eine Frau, hadern mit der Realität. Sie planen Unerhörtes oder entfliehen ihrer Situation, bewusst oder unbewusst. Sie stranden und finden dann in einer zufälligen Begegnung, wenn nicht ihr Glück, so doch Trost.
Da fantasiert sich eine junge Frau, die sich auf einer Feier fehl am Platz fühlt, in die Rolle einer Steinzeit-Venus. In einer anderen Erzählung löst ein Mann an seinem letzten Arbeitstag die Frage, wie er seine restlichen Lebensjahre verbringen möchte, indem er sich gleich ganz in Luft auflöst.
Bisweilen begegnet man Figuren, die einem bekannt vorkommen. Der an einer Raststätte vergessene Mann, der erst wütend losläuft, sich dann aber über seine Einsamkeit freut, erinnert an den Protagonisten von „Weit über das Land“. Ebenfalls an diesen Roman erinnert mich die Berghüttenszene in der titelgebenden Erzählung.
Alle Erzählungen dieses Bandes überraschen und fordern heraus. Besonders beeindruckend finde ich „Sabrina, 2019“. Darin verwandelt sich ein „unscheinbares Mädchen, das verängstigt in die Welt schaut“ vom Künstlermodell in das Kunstwerk selbst, eine Umkehr des Pygmalionmythos‘. So habe ich das Gelesene interpretiert.
Das ist das Schöne an Peter Stamms Literatur. Sie bietet keine Eindeutigkeit. Ihre Sprünge zwischen den verschiedenen Ebenen der Fiktionen öffnen Möglichkeiten und machen die Lektüre zu einem anregenden Spiel mit der eigenen Fantasie.
Der Titel ließ mich innehalten und machte mich neugierig.
Was steckt dahinter?
Helligkeit, Farbigkeit - Lebendigkeit - schwinden.
Die Stimmung verändert sich.
Es wird ruhiger.
Es wird undeutlicher und unklarer.
Es wird unheimlicher.
Man muss ganz genau hinschauen, achtsam sein und sich konzentrieren, um zu erkennen, was vor sich geht.
Man muss gut aufpassen, dass man sich nirgends anstößt und nicht fällt. Man könnte sich verletzen, wenn man sich nicht an die sich verändernden Bedingungen anpasst.
Die Sinne werden geschärft und man wappnet sich.
Der Blick in die Umwelt wird undeutlicher, der Blick nach innen umso präziser.
All das assoziierte ich schon allein mit diesem wunderbar gewählten Titel.
Schon während der Lektüre bewunderte ich staunend und zunehmend die Wahl dieses Titels, der den gemeinsamen Nenner für die im Buch enthaltenen 11 äußerst symbolträchtigen und tiefgründigen Erzählungen darstellt, in denen Peter Stamm von recht gewöhnlichen Menschen und ziemlich unspektakulären und alltäglichen Begebenheiten erzählt.
Das Besondere und Gemeinsame ist, dass die Geschichten allesamt recht unaufgeregt, beiläufig und unscheinbar beginnen, es dann aber in bzw. durch oder nach einer Wendephase spannend wird, weil etwas passiert und sich etwas verändert.
Und diese Phase, diese Zeit des Umbruchs, symbolisiert die im Titel aufgegriffene Dämmerung.
„Wenn es dunkel wird“.
Ich ziehe meinen Hut vor dieser Metapher, die so bildhaft verdeutlicht, dass etwas vor sich geht.
Es geht z. B. um eine Krankenschwester, eine Grafikerin, eine Polizistin, einen Kunstsammler, einen Archäologen und eine Büroangestellte.
In „Supermond“ verschwindet der angehender Rentner Georg zunehmend. Er leidet darunter, von Frau und Kollegen immer weniger wahrgenommen zu werden, empfindet den Schmerz des Bedeutungsverlusts und beginnt, sein Leben zu hinterfragen.
David will seine Freundin mit einem Umzug an die Côte d’Azur überraschen und begeistern. Aufgrund von Geldnot erwägt er einen Banküberfall mit einer Eichhörnchenmaske.
Wir lesen von Sabrina, nach deren Vorbild eine Skulptur geschaffen wurde und die sich erst ambivalent mit ihr und dem Künster auseinandersetzt und dann fast Narziss-gleich in ihr Spiegelbild verliebt.
In „Dietrichs Knie“ wird recht nüchtern ein Eifersuchtsdrama geschildert.
Eine andere Frau findet sich beim Landgang während einer Schiffsreise bei einem Wahrsager wieder. Welch‘ tolles Bild, das dem einer Psychoanalyse entspricht: eine Reise zu sich selbst, bei der es um subjektive Wahrheit und Erkenntnis geht.
Originell ist die Geschichte, in der sich der Ehemann als Liebhaber seiner Frau ausgibt und mit ihr doppeldeutige und gewagte emails austauscht. Soll das Fremde, Neue, Unbekannte Pepp in die Beziehung bringen oder geht es hier um Spionage?
Das Unheimliche ist in den Geschichten stets präsent, aber nicht konkret oder explizit wie ein Paukenschlag, sondern impliziert, subtil und metaphorisch.
Mir gefielen die schnörkellose und klare Sprache und der besondere, unaufdringliche und einnehmende Erzählstil des Autors, der seine Erzählungen aus unterschiedlichen Perspektiven schreibt.
Ich empfehle diesen vielseitigen Erzählband mit seinen abwechslungsreichen und psychologisch stimmigen und differenzierten Geschichten, die nicht selten ein offenes Ende haben und nachhallen, sehr gerne weiter.
Die Lektüre ist ein doppelter Genuss. Liest man die Geschichten konkret, dann sind sie unterhaltend. Liest man sie konkret und schaut hinter ihre Kulissen, dann sind sie unterhaltsam, erkenntnisreich und tiefgründig und regen zum Nachdenken an.
Vor der Lektüre habe ich noch nichts von Peter Stamm gehört, einem 1963 geborenen Schweizer Schriftsteller, der zunächst keinen Verlag fand, inzwischen aber zu den renommiertesten und vielfach ausgezeichneten deutschsprachigen Autoren gehört. 2018 wurde ihm für seinen Roman „Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt“ der Schweizer Literaturpreis verliehen.
Ich werde sicher noch weitere Werke von ihm lesen.
Wenn es dunkel wird, verändert sich die Wahrnehmung. Plötzlich sind da Schatten, wo vorher keine waren. Bekanntes wirkt bedrohlich, in den Ecken lauern Monster. Wenn es dunkel wird, kommen die Träume. Vergangenes wird verarbeitet, Zukünftiges wird herbeigesehnt oder gefürchtet, das Hier und Jetzt verschwimmt.
Diesen fragilen „Zwischenmomenten“ widmet sich Peter Stamm in seinen neuen Erzählungen. Mit klarer Sprache und dennoch einfühlsam beschreibt er Menschen, die von den Geistern ihrer Vergangenheit heimgesucht werden, sich vor ihrem Verschwinden fürchten oder von einem anderen Leben träumen. Er erzählt von mysteriösen Begegnungen, die das Dasein seiner Figuren erschüttern und zum Umdenken zwingen und von Existenzen, die sich ihrer nicht (mehr) sicher sein können.
„Ich spüre die kalte Luft, die hereinströmt, mich erfasst und zum Fenster trägt. Ich versuche mich festzuhalten, aber es gelingt mir nicht, ich habe keine Arme mehr, keine Beine, überhaupt keinen Körper.“ (S. 31/32 E-Book)
Peter Stamm ist ein Meister der Sprache. Sanft gleiten seine Erzählungen in diesen Schwebezustand zwischen Wachen und Schlafen, der dem Leser nach und nach ein gewisses Unbehagen und dann Gänsehaut beschert. Auf oft nur wenigen Seiten erhalten seine Figuren eine Glaubwürdigkeit und Tiefe, die man andernorts vergeblich sucht.
Mich konnten Peter Stamms Erzählungen schon immer sehr begeistern und auch diesen neuen Erzählband habe ich in einem Rutsch gelesen. Hier versammeln sich unheimlich gute Geschichten, im wahrsten Sinne des Wortes. Jeder, der noch auf der Suche nach richtig guter Lektüre für neblige, verregnete Herbsttage ist, sollte meiner Meinung nach unbedingt zu diesen Erzählungen greifen. Große Leseempfehlung!
„Es war kühl geworden, und es war ganz still. Nur meine Schritte waren zu hören, mein Atem, das Rascheln meiner Winterjacke […]. Ich fühlte mich allein, wie man sich nur in den Bergen allein fühlen kann. Als ich still stand, hörte das Geräusch der Schritte nicht auf.“ (S. 95 E-Book)
"Wenn es dunkel wird" ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, in denen Peter Stamm seine Protagonist:innen in alltäglichen Situationen beschreibt, die durch fantastische Elemente aufgebrochen werden.
In "Supermond" steht Georg beispielsweise kurz vor seiner Rente. Während seiner letzten Arbeitstage wird er von den Kolleg:innen immer weniger beachtet, es scheint beinahe so, als ob er sich in Luft auflösen würde.
Oder Sabrina, die sich als Modell für ein Kunstwerk zur Verfügung stellt, dann beim ersten Blick auf ihr Ebenbild jedoch ein unerklärliches Unbehagen empfindet.
Sehr gut gefallen hat mir bei allen elf Erzählungen, dass Stamm auf nur wenigen Seiten schafft, die Gedanken der Protagonist:innen sehr präzise auf den Punkt zu bringen, sodass mir jede einzelne sehr nahe gegangen ist. Es wird eine Tiefe erzeugt, die für mich durch das offene Ende, das jede Geschichte beinhaltet, zusätzlich unterstrichen wird. Nach jeder Erzählung musste ich kurz innehalten, um über das Gelesene nachzudenken und es sacken zu lassen.
Allgemein haben mich die Kurzgeschichten von Peter Stamm ein wenig an Daniel Kehlmanns "Du hättest nicht gehen sollen" erinnert, das mich damals auch sehr überzeugen konnte. Zwar sind Stamms Erzählungen nicht so düster, beinhalten aber trotzdem ein paar unheimliche Elemente.
Ich fand das Buch sehr untergewöhnlich, aber dennoch spannend und unterhaltsam. Es geht um den Wandel in den Menschen, so wie die Dunkelheit den Tag verändert und die Sichtweisen, so trifft das auch auf die Menschen zu. Die Figuren, die hier im Mittelpunkt stehen, haben mit Veränderungen zu kämpfen und wandeln sich mit ihnen in Menschen, die sie vielleicht eigentlich gar nicht sind. Das ist spannend zu erleben. Das Buch hat mich fasziniert und ich kann es empfehlen.
Hallo, dein Unterbewusstsein spricht
In elf Kurzgeschichten lässt Peter Stamm aufleuchten, was passieren könnte, wenn unser Unterbewusstsein filmisch aufzeichnete, wie wir die ordentlichen und außerordentlichen Begebenheiten unseres Alltags verarbeiten.
Die elf Geschichten Stamms beginnen jeweils „ganz normal“, knüpfen am realen Geschehen an und bekommen immer dann, wenn das Unterbewusstsein zu arbeiten beginnt, einen Riß.
„Nahtigal“ handelt von einem geplanten Banküberfall. Wurde er zu Ende geführt? Jedenfalls hatte der Jugendliche, der auf diese Art seine Befreiung plante, seine Planung weit vorangetrieben. Noch dreißig Jahre später verfolgen ihn die Panik und das Chaos von damals. Das ist für mich die schwächste Geschichte.
Das schönste Kleid“ handelt von einem Wunschtraum. Wir Frauen, also die unscheinbareren unter uns, träumen natürlich von nichts anderem als davon, wie wir durch den spektakulärsten Auftritt ever den attraktivsten Kerl seit dem Colamän aus den Fängen aufgetakelter Weiber locken. Wirklich passiert? Wohl kaum.
„Supermond“ handelt vom Verschwinden und sich Auflösen. Wie wird der Tod sein? This was my favorite. „Sabrina2019“ handelt vom Seelenverkauf. Wie schnell und unbedacht gehen wir mit manche Situationen um, und bemerken nicht, was wirklich vorgeht. Zweiter Platz.
„Die Frau im grünen Mantel“ handelt von ärztlichen Versäumnissen. Immer wieder sucht die Frau im grünen Mantel den Arzt heim, der schon vor Jahren dieser einen Patientin mehr Fürsorge hätte zukommen lassen sollen. Richtig hinschauen, statt wegschauen. Es ist auch für Ärzte nicht immer alles leicht in ihrem Beruf.
„Cold Reading“ handelt von dem Wunsch, erkannt zu werden und dem Wunsch nach einer heilen Welt, dem Wunsch, dass schon alles gut wird. Dafür gehen Menschen zum Wahrsager und lassen auch sonst allerhand Scharlatanerie über sich ergehen. Ohne eine Prise Hoffnung läßt sich eben nicht leben. Und wenn sie vom Wahrsager kommt.
„Der erste Schnee“ führt zurück in die Kindheit. Männer vergessen im stressigen Berufsleben sich selbst und das, was ihnen wichtig ist.. Außerdem heiraten sie unterbewusst (immer) ihre Mütter. Strange. In „Dietrichs Knie“ handelt ein betrogener Ehemann unerwartet. Diese Story ist flacher als die anderen, aber dafür lustig und heiter. In „Wenn es dunkel wird“ bricht eine alte Schuld auf.
In „Mein Blut für dich“ erlebt ein alter Mann die Liebe seines Lebens. Und in der letzten Geschichte „Schiffbruch“ retardiert ein Brooker zum Kleinkind. Sich totstellten könnte helfen.
Man kann die Stories Peter Stamms natürlich auch anders lesen. Wie immer man sie auch liest, der Leser wird nicht umhin können, diese Stories zu interpretieren. Sonst hat er nichts davon.
Die Kurzgeschichten haben einen Nachhall auf den zweiten Gedanken. Sozusagen. Zuerst flutschten die Geschichten, die flott und leicht geschrieben sind, so dahin, erst wenn man sie sich setzen lässt und über sie nachdenkt, bekommen sie Tiefe. Seltsamerweise konnte ich mich noch nach Tagen an alle elf Geschichten erinnern. Das muss doch etwas bedeuten.
Fazit: Das Unterbewusstsein arbeitet in uns allen. Manchmal gibt es ein paar Fetzen seiner Arbeit frei. Davon handeln diese Kurzgeschichten. Und deshalb haben sie alle eine Bruchstelle, die immer dann eintritt, wenn das Unterbewusstsein sich einschaltet, dann zieht es die Story weg von der Realität ins Surreale. Traumarbeit.
Wie man die vorliegenden Kurzgeschichten wertet, hängt stark davon ab, wie man sie interpretiert. Ein Quentchen weniger Uneindeutigkeit hätten die Geschichten vertragen.
Kategorie: Kurzgeschichten
Verlag: S.Fischer 2020
Wieder wunderbare und wunder-bare Erzählungen von Peter Stamm und diesmal sogar mit beglückendem Ende!
Man sollte sich aber nicht verleiten lassen und die einzelnen Texte zu schnell hintereinander lesen: ich habe mich
beherrscht und jede Geschichte für sich stehen und wirken lassen.
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